Julia Extra Band 0301
umgehen.
Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und Peter spazierte in die Küche. Bei seinem Anblick erschien ein strahlendes Lächeln auf den Lippen seiner Großmutter. Und als er mit drei langen Schritten den Raum durchquerte, sie umarmte und hochhob, kicherte sie vor Freude. Sie umfasste sein Gesicht mit von Nussteig klebrigen Händen und küsste ihn lautstark auf beide Wangen.
Fasziniert beobachtete Ally die Szene.
Dann wandten Peter und seine Großmutter sich ihr zu. „Was hältst du von meiner Ehefrau, Yiayia ?“, fragte er. „Ist sie nicht bezaubernd?“
„Eine echte Schönheit“, stimmte sie zu. Lächelnd tätschelte sie immer noch die Wangen ihres Enkels. Allerdings lag in ihren Augen ein wachsames Funkeln, während sie Ally nun aufmerksam taxierte. „Das ist also Alice. Hast du sie endlich geholt?“
„Sie ist zu mir gekommen.“
„Aha.“ Yiayias Blick wurde ein bisschen weicher. „ Ne . Das ist besser.“
Besser? Als was?, fragte Ally sich. Aber weder Peter noch seine Großmutter weihten sie in die Geheimnisse ihres Dialogs ein.
„Sei nicht ungerecht, Yiayia . Sie hatte Wichtiges zu erledigen.“
„Wichtigeres als bei ihrem Ehemann zu sein?“
„Für sie war es wichtig“, entgegnete Peter entschieden. „So wie es für mich wichtig war, nach Hawaii zu gehen. Verstehst du?“
Die alte Dame betrachtete ihn einen Moment mit schmalen Augen, dann warf sie Ally einen raschen Blick zu, die nicht wagte, sich zu rühren.
„ Ne . Ich verstehe“, sagte sie schließlich seufzend. „Und bist du jetzt glücklich?“
Peter grinste.„Natürlich bin ich glücklich. Warum sollte ich nicht glücklich sein? Ich stehe hier mit den beiden wundervollsten Frauen der Welt. Und du backst Baklava.“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf den klebrigen Teig in der Rührschüssel. „Mom bereitet einen Braten zum Abendessen. Und Dad wird jetzt definitiv aufhören, mich verkuppeln zu wollen.“
Seine Großmutter lachte. „Wasch dir das Gesicht und hilf deinem Bruder mit den Zwillingen. Tallie muss dringend die Füße hochlegen und sich ausruhen. Sie wird bald wieder Mutter.“
„Wirklich?“, fragte Peter erfreut. „Wann?“
„Im Frühling. Und jetzt raus mit dir. Aber lass mir deine Frau hier. Alice und ich werden uns unterhalten.“
„Aber …“
„Vertrau mir. Ich werde sie nicht beißen.“
Peter zögerte.
„Wir werden schon zurechtkommen“, beruhigte ihn Ally. „Ich wollte immer lernen, wie man eine Baklava zubereitet.“
„Ich werde es dir beibringen“, sagte Yiayia lächelnd.
Einigermaßen entspannt, küsste Peter seine Großmutter auf die Stirn. Mit einem letzten Lächeln für Ally schlenderte er aus der Küche und rief laut nach Elias.
Die beiden Frauen sahen ihm nach. Ally wusch sich die Hände. Dann begann der Unterricht. Zunächst musste der Teig ausgerollt werden. Während Yiayia ihn mit einer Mischung aus geschmolzener Butter und Honig bestrich, murmelte sie etwas auf Griechisch.
„Es tut mir leid, das habe ich nicht verstanden“, entschuldigte Ally sich.
„Ich habe gesagt“, wiederholte Yiayia , „dass er mein Liebling ist. Natürlich liebe ich alle meine Enkelkinder, ne ? Aber Peter liebe ich am meisten. Er erinnert mich an meinen geliebten Aeneas. Er bringt mich zum Lachen. Er macht mich glücklich. Er ist ein guter Mann.“
„Ja“, entgegnete Ally nur.
„Ein Mann, der es verdient, auch glücklich zu sein.“
„Ja.“
„Er sagt, er ist glücklich, aber ich frage mich …“ Sie verstummte und schaute aus dem Fenster. Peter und Elias spielten auf der Veranda mit den Zwillingen. Alle lachten.
„Er sieht glücklich aus“, bekräftigte Ally.
„Ne“ , stimmte Yiayia nickend zu. „Trotzdem frage ich mich …“, sie musterte Ally über den Rand ihrer Brille hinweg, „… warum ein Mann, der glücklich verliebt ist, seine alte runzlige Großmutter küsst und nicht seine hübsche junge Frau?“
So schwierig die alte Dame auch war, Ally mochte sie vom ersten Moment an.
Doch für Schuldgefühle, weil sie ihr nicht ihre wahren Absichten bekennen durfte, blieb keine Zeit. Denn in den folgenden zehn Minuten stellte Peters Großmutter ihr präzise Fragen zu ihrer Kunst und den Boutiquen. Offensichtlich hatte Peter ihr eine Menge erzählt.
„Er ist sehr stolz auf dich“, sagte Yiayia .
„Er hat das alles erst möglich gemacht.“
Yiayia lächelte. „Und jetzt wirst du ihn glücklich machen.“
Da waren sie also wieder beim alten Thema
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