Julia Extra Band 0301
bewahren, befahl sie sich. Und unter allen Umständen Peters Antonides Charme widerstehen.
In der Hotelbar ließ sie sich Eiswürfel in einer kleinen Plastiktüte geben, die sie vorsichtig auf ihre verletzte Hand legte.
In der Zwischenzeit hatte Peter ihren Koffer zu seinem Auto getragen, einem mittelgroßen Geländewagen mit einem Surfbrett auf dem Dach.
Ally trat aus dem Hotel und starrte das Brett verwundert an. „Ich wette, du bist der einzige Mensch in New York, der mit einem Surfbrett unterwegs ist.“
„Bestimmt nicht“, entgegnete er. „Du würdest staunen, was man in dieser Stadt alles zu sehen bekommt. Wie geht es deiner Hand?“ Er öffnete die Beifahrertür für sie.
Ally nahm Platz. Insgeheim war sie froh, dass der Wagen so groß war und sie dementsprechend räumliche Distanz zu Peter wahren konnte.
„Die wird schon wieder.“ Sie legte den Sicherheitsgurt an.
Nachdem auch er sich angeschnallt hatte, steuerte er den Wagen vom Parkplatz und mitten hinein in den Mittagsverkehr.
Ally liebte New York, doch hier Auto zu fahren, konnte sie sich nicht einmal annähernd vorstellen. In Honolulu unterwegs zu sein, war bereits stressig genug.
„Haben deine Eltern viele Gäste eingeladen?“, eröffnete sie mit einer möglichst unverfänglichen Frage das Gespräch. Schließlich konnten sie sich ja nicht die ganze Fahrt über anschweigen.
„Genug“, antwortete Peter düster. „Meine gesamte Familie. Ein paar von den Schwestern meiner Mutter. Die verrückte Tante meines Dads. Sie ist verwitwet, aber ihr Ehemann war der Cousin von Ari Cristopolous. Deshalb hat Dad die Familie Cristopolous gleich mit eingeladen.“
„Mit dem Hintergedanken, dich mit der Tochter zu verkuppeln?“
„Nicht, dass er das jemals zugeben würde“, erklärte Peter vergnügt.
„Wird er nicht verärgert sein, wenn ich heute mitkomme?“
Peter zuckte die Schultern. „Jetzt weiß er ja Bescheid. Ma hat ihm alles erzählt. Außerdem ärgert er sich nie lange.“
„Aber was ist mit den Cristopolous’? Und ihrer Tochter? Erwarten die keinen …?“
„Einen ledigen Sohn?“ Peter klopfte einen kleinen Trommelwirbel aufs Lenkrad. „Tja, armer alter Lukas.“
„Lukas?“
„Mein jüngerer Bruder. Gesegnet sei sein gutes Herz.“
Ally warf ihm einen misstrauischen Blick zu.
„Lukas hat nichts dagegen“, erklärte Peter lachend. „Es stört ihn nicht, wenn ihm schöne Frauen vorgestellt werden.“
„Passiert das denn oft?“
„Die meisten schönen Frauen stellen sich ihm selbst vor. Sie halten ihn für attraktiv. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Erzähl mal“, wechselte er das Thema. „Wie war es gestern in der Galerie? Mit Gabriela del Castillo?“
Eigentlich hätte Ally schon gerne mehr über den Bruder erfahren, dem sich so viele Frauen an den Hals warfen. Es fiel ihr schwer, sich jemanden vorzustellen, der besser aussah als Peter. Aber vielleicht warfen sich ja auch ihm die Frauen scharenweise zu Füßen. Sie dachte einen Moment daran, ihn zu fragen, doch die Antwort wollte sie gar nicht wissen.
„Das Treffen ist sehr gut gelaufen. Ich habe ihr einige Arbeiten mitgebracht, Stoffe, Quilts und Collagen, und sie möchte alle ausstellen.“
Peter wollte alles über ihre Werke wissen, und Ally gab ausführlich Auskunft. Nur eine Arbeit verschwieg sie ihm.
Es war ein sehr persönliches Stück, eines ihrer ersten Werke überhaupt. In ihm hatte sie ihre Erinnerungen an den Morgen nach ihrer gemeinsamen Nacht verarbeitet. Den Blick aus Peters Fenster auf das Meer, den Sand, den Sonnenaufgang und den einsamen Surfer, der auf seinem Brett über die Wellen ritt.
All die Sehnsucht, die sie an jenem Morgen empfunden hatte, war in dieses Werk eingeflossen. In diversen Galerien war es bereits ausgestellt worden, doch nie hatte sie sich entschließen können, es zu verkaufen.
Doch in der Galerie von Gabriela würde es zum Verkauf stehen. Vielleicht schleppte sie die Arbeit schon zu lange mit sich. So wie ihre Ehe, deren Ende unmittelbar bevorstand, war es Zeit, sich von alten Dingen zu trennen.
„Sobald ich zu Hause bin, schicke ich ihr noch mehr. Ich werde eine Einzelausstellung bekommen. Wir nennen sie „Stoffe unseres Lebens“.
Sich mit Peter zu unterhalten, fiel ihr bemerkenswert leicht. Es bereitete ihr großen Spaß, die Geschichten über seine weit verzweigte Familie zu hören.
Immer wieder sagte sie: „Das hast du dir doch gerade ausgedacht“, wenn Peter mit einer besonders
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