Julia Extra Band 0301
absurden Anekdote aufwartete, die meistens mit den Streichen zusammenhing, die er und seine Brüder ihren Schwestern gespielt hatten.
Aber jedes Mal schüttelte er den Kopf. „Frag die anderen, wenn du mir nicht glaubst.“
„Das werde ich“, schwor sie.
In einer Hinsicht überraschten sie die Geschichten wirklich. Auf Hawaii hatte sie den Eindruck gewonnen, dass Peters Verhältnis zu seiner Familie ein eher distanziertes war.
„Ich dachte, du wolltest von deiner Familie fort“, erinnerte sie ihn, während sie Vorort um Vorort hinter sich ließen.
„Das stimmt“, erwiderte Peter. „In kleinen Dosen genossen, sind sie großartig. Aber ich musste eine Zeit lang alleine sein. Um mich selbst zu finden. Wie du“, fügte er hinzu.
So hatte sie die Sache noch nie betrachtet. Ihr war nie in den Sinn gekommen, dass seine Situation der ihren ähnlich war.
„War dir das denn damals schon klar?“, fragte sie.
„Ansatzweise schon.“ Er hielt den Blick fest auf die Straße gerichtet.
Ally schaute ihn an. Intuitiv verstand sie nun die Gründe für sein Handeln besser. Und deshalb, schlussfolgerte sie, sollte es mir auch leichtfallen, ihm zu widerstehen.
Am Montag nahm sie ein Flugzeug und flog in ihr wirkliches Leben zurück.
Was Peter dann seiner Familie erzählte, war nicht ihr Problem. Nur mit dem Wochenende konnte es einige Probleme geben, falls sie nicht einige wesentliche Punkte ansprach.
Ihre Stimme bekam einen förmlichen Klang. „Bevor wir ankommen, müssen wir noch ein paar Dinge klären.“
7. KAPITEL
„Was für Dinge?“, fragte Peter misstrauisch.
„Regeln“, entgegnete sie.
„Regeln?“, wiederholte er ungläubig. „Was für Regeln?“
„Keine Küsse.“
Abrupt wandte Peter ihr den Kopf zu. „Wie bitte?“
„Du hast mich schon verstanden“, sagte Ally und spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss.
„Ich fürchte nicht“, murmelte Peter. „Ich bin dein Ehemann.“
„Noch.“
„Du kannst mich voller Leidenschaft küssen und trotzdem die Scheidung wollen?“
Jetzt brannten Allys Wangen wirklich. „Du hast mich überrumpelt. Und ich habe nie behauptet, dass du nicht attraktiv bist. Es ist nur …“ Sie zögerte. Nein, auf keinen Fall würde sie ihre geheimen Gedanken mit ihm teilen. „Ich werde deiner Familie nicht verraten, dass ich die Scheidung einreichen will. Das überlasse ich dir.“
„Wie großzügig.“ Er umklammerte das Lenkrad so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Ich möchte doch nur …“, verlegen zupfte Ally am Saum ihres Rockes, „… nicht ihre Erwartungen schüren, dass wir ein glückliches Paar sind.“
„Ally, in ihren Augen sind wir ein Paar. Wir sind verheiratet.“
„Ich will doch nur nicht, dass alles noch komplizierter wird. Ich komme mir wie eine Betrügerin vor. Deshalb möchte ich nicht, dass wir uns küssen.“
Peter trat auf die Bremse und brachte den Wagen mitten auf der einsamen Straße zum Stehen. Glücklichweise herrschte kein Verkehr.
„Fühlst du dich auch wie eine Betrügerin, wenn du mich küsst, Ally?“
Ihre Antwort wartete er gar nicht erst ab. Stattdessen gab er Gas und lenkte den Wagen nach wenigen hundert Metern auf einen geteerten Parkplatz, der vor einem großen, zweistöckigen, im Landhausstil gehaltenen Holzhaus angelegt war.
„Endlich zu Hause“, rief er beschwingt und sprang, ohne Ally anzusehen, aus dem Wagen.
Von Peters Frage aufgerüttelt, blieb Ally stocksteif sitzen. Doch bevor sie noch für sich eine Antwort formulieren konnte, hatte Peter schon die Tür aufgerissen. „Komm“, forderte er sie auf. „Ich stelle dich meinen Eltern vor.“
Mit weichen Knien stieg Ally aus. Sie war sich nicht sicher, was sie eigentlich erwartete.
Doch was auch immer sie sich vielleicht hätte ausmalen können, es reichte nicht einmal annähernd an die Wirklichkeit heran.
„Viel Glück mit deiner ‚Keine-Küsse-Regel‘“, wünschte Peter noch, dann wandte er sich der kleinen Horde Verwandten zu, die bereits die Treppe hinunter und auf sie zu eilte.
Im nächsten Moment waren sie von unzähligen lächelnden Menschen umringt.
„Ma, Dad, das ist Ally. Al, meine Eltern, Aeolus und Helena“, übernahm Peter die Vorstellung.
Ein höfliches Händeschütteln, ein oberflächliches „Wie geht es Ihnen?“, an so etwas hatte Ally gedacht. Definitiv nicht an die herzliche Umarmung, in die Aeolus sie nun zog. Er gab ihr zwei überschwängliche Küsse auf die Wangen und drückte sie dann noch
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