Julia Extra Band 0302
ärgerte sich über sich selbst, dass sie ihn nicht einfach aus ihren Gedanken verbannen konnte. Sie wusste doch, was er von Carla hielt und von ihr selbst. Warum vergaß sie nicht einfach, dass sie bei seinem nachdenklichen Blick noch mehr fühlte als Ablehnung?
Warum hatte dieser Mann überhaupt so viel Macht über sie?
Wind kam auf, umschmeichelte ihren Körper und hob ihr Haar wie mit langen, zärtlichen Fingern hoch …
Nein! Abrupt wandte sie sich ab und ging in ihr Zimmer. Doch als sie schlaflos dalag und zur Decke starrte, sah sie nichts anderes als diesen dunklen, nachdenklichen Blick.
3. KAPITEL
Der nächste Tag gewährte Ann eine Atempause. Denn Nikos hatte sich auf den Weg nach Athen gemacht, zum Hauptsitz des Theakis-Imperiums, wie seine Mutter ihr beim Frühstück berichtete. Sofort entspannte Ann sich und verbrachte drei glückliche und sorglose Tage, in denen sie sich ganz dem kleinen Ari widmete. Als sie am folgenden Tag mit Tina und Ari auf Maxos war, steuerte ein Hubschrauber auf Sospiris zu, und mit Anns Ruhe war es vorbei.
Und es sollte noch schlimmer kommen. Am nächsten Morgen stand ein Ausflug auf dem Programm, von dem Ari immer wieder geschwärmt hatte. Sie wollten zum Strand am Ende der Insel. Mrs. Theakis hatte dem Kindermädchen für diesen Tag frei gegeben und ordnete stattdessen an, dass Nikos den Kleinen und Ann fahren sollte. Verzweifelt dachte Ann über einen Weg nach, wie sie dem drohenden Martyrium entkommen könnte. Aber könnte sie Ari enttäuschen?
Widerstrebend stieg sie in den Jeep – im Gegensatz zu Ari, der begeistert von diesem Transportmittel war.
Als Nikos, der bisher nicht ein Wort an sie gerichtet hatte, die Geschwindigkeit auf der ungeteerten Straße erhöhte, hielt sie sich verbissen fest, wurde jedoch immer wieder gegen die Metalltür geschleudert, wenn er rasant eine Haarnadelkurve nahm oder einem großen Schlagloch auswich. Endlich hielt der Jeep oben am Strand, und Ann sah sich neugierig um. Sie befanden sich in einem versteckten Tal zwischen hohen Klippen, durch das sich ein trockenes Flussbett schlängelte, verschwenderisch bewachsen von wildem Oleander.
Mit weichen Knien stieg Ann aus und hob dann Ari aus dem Jeep. Er hüpfte sofort zum Strand, während Nikos eine Strandtasche hinten aus dem Jeep nahm. Als sie Ari folgte, klopfte sie sich den Staub von dem langärmligen T-Shirt und der lockeren Baumwollhose und schüttelte die Haare im Wind aus.
„Das Meer wird den Staub schon fortspülen“, bemerkte Nikos lakonisch, der neben ihr aufgetaucht war.
Sie überhörte seine Bemerkung. Nur um Aris und seiner Großmutter willen würde sie höflich zu diesem Mann sein. Wenn die beiden nicht in der Nähe waren, sah sie keinen Grund, ihm etwas vorzuspielen.
Nikos sah das offensichtlich anders. Er umklammerte ihren Arm und zwang sie stehen zu bleiben. Erfolglos versuchte Ann, sich freizumachen. Als er sie zu sich umdrehte, funkelte sie ihn zornig an.
„Eines sollten Sie wissen“, erklärte er scharf. „Wenn es nach mir ginge, wären Sie nicht hier. Meine Mutter wollte, dass dieser Ausflug stattfindet, und Ari ist außer sich vor Begeisterung. Deshalb werden sie um seinetwillen höflich sein, haben Sie mich verstanden?“
„Was glauben Sie wohl, warum ich sonst hier bin“, schoss sie zurück. „Nur wegen Ari und Ihrer Mutter.“
Wütend starrte er sie einen Moment an, dann ließ er sie los und ging weiter. Ann starrte ihm sprachlos hinterher. Dann ging auch sie weiter und stoppte nur kurz, um die Segeltuchschuhe auszuziehen, als sie den Strand erreichte. In dem tiefen, weichen Sand kam sie nur langsam voran, und als sie endlich bei Nikos ankam, hatte der bereits eine windgeschützte Stelle bei den Felsen gefunden und breitete eine Strandmatte aus. Ari half ihm – sofern man sein Herumwühlen in der Tasche nach Schaufel und Eimerchen als Hilfe bezeichnen konnte. Nachdem er die Sachen gefunden hatte, fing er sofort an, ein Loch zu buddeln. Ann sah ihm einen Moment lächelnd zu. Als sie sich dann abwandte, um ihre eigene Tasche auf die Matte zu stellen, merkte sie, dass Nikos sie mit forschendem Blick beobachtete.
Um sich abzulenken, machte sie sich daran, ihre Tasche auszupacken. Sie wusste nicht einmal genau, was sie von diesem Tag zu erwarten hatte, doch da sie keine Lust verspürt hatte, Nikos danach zu fragen, hatte sie das eingepackt, was sie für angebracht hielt – einschließlich eines Badeanzugs, den sie unter ihrer Kleidung trug und den
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