Julia Extra Band 0302
geglaubt, Nick habe sich an den Gedanken gewöhnt, dass sein Bruder und sie ein Paar waren, doch er schien noch immer verärgert zu sein, und das machte sie traurig.
Nachdem sie sich gesetzt hatten, beugte Paula sich vor. „Ist es nicht toll hier?“, fragte sie voller Begeisterung. „Es sind unglaublich viele Prominente hier. Ich muss gerade überlegen, wen wir schon alles entdeckt haben.“ Sie dachte kurz nach und begann dann, die Namen einiger Stars aufzuzählen.
„Hast du schon Autogramme bekommen?“, neckte Jonas sie, und sie schnitt eine Grimasse.
„Nein. Ich hätte mir gern das eine oder andere geholt, doch James fand das peinlich“, erklärte sie mit einem verstimmten Seitenblick auf ihren Mann. Doch dann entdeckte sie jemanden und setzte sich aufrecht. „O mein Gott, ihr werdet nie erraten, wer gerade gekommen ist.“
„Sag nicht, es ist der Papst“, stichelte James und wurde für diese Bemerkung unsanft von Paula geboxt.
„Du weißt genau, dass er in Rom ist. Nein, es ist diese fantastische Schauspielerin. Ihr wisst schon, wen ich meine.“
„Ich habe nicht die geringste Idee“, sagte James, und Paula stöhnte.
„Der Name liegt mir auf der Zunge. Sie hat so viele wunderbare Rollen gespielt, in denen sie mich zu Tränen gerührt hat. Ich hab’s! Marsha! Marsha Delmont!“ Beifall heischend sah sie die anderen an.
Aimi blickte sich hastig um in der Erwartung, ihre Mutter zu sehen, doch die Bar war voller Gäste, unter denen sie das vertraute Gesicht nicht entdecken konnte. „Wo ist sie?“
„Schon wieder gegangen“, sagte Paula enttäuscht. „Ach nein, dort steht sie, am anderen Ende der Tische.“
Alle sahen sich um, und jetzt erkannte Aimi ihre Mutter. Marsha war für Filmaufnahmen in Neuseeland gewesen, und Aimi hatte sie seit drei Monaten nicht gesehen. Sie lächelte freudig überrascht und sah, dass auch an den Nebentischen die Gäste auf die Schauspielerin aufmerksam geworden waren. Marsha Delmont winkte ihren Fans kurz zu und setzte sich dann.
Jonas, der Aimis Blick durch den Raum gefolgt war, sah sie prüfend an. Und plötzlich trat ein Ausdruck des Verstehens in seine klaren, blauen Augen. Sie wusste, dass ihm in diesem Moment klar geworden war, an wen sie ihn erinnerte. Doch ehe er etwas sagen konnte, trat der Kellner an ihren Tisch und reichte ihnen die Menükarten.
Während sie die Karte studierten, sprachen sie von anderen Dingen, doch Aimi war sicher, dass Jonas das Gespräch auf ihre Mutter lenken würde. Es war klar, dass sie ihm längst hätte erzählen können, das ihre Mutter die berühmte Marsha Delmont war, doch sie hatte stets befürchtet, er könne sich an die tragische Geschichte erinnern, die damals über die Tochter der Schauspielerin in allen Zeitungen gestanden hatte. Sie wollte nicht, dass er schlecht über sie dachte. Doch das musste er, wenn er die Wahrheit kannte.
Als ihr die alles entscheidende Frage durch den Kopf schoss, verschwammen die Worte auf der Karte vor ihren Augen. Warum war es ihr so wichtig, dass er eine gute Meinung von ihr hatte? Die Antwort war schockierend einfach: Weil eine Frau will, dass der Mann, den sie liebt, nur Gutes von ihr denkt.
Aimis Atem ging schneller, als sie sich endlich über ihre wahren Gefühle für Jonas bewusst wurde. Sie liebte ihn. Wie hatte sie all die Zeit etwas anderes annehmen können? Sie hatte nicht erwartet, zu solchen Gefühlen fähig zu sein und sich außerdem nur auf eine kurze Affäre mit Jonas einlassen wollen. Von Liebe war keine Rede gewesen. Und doch hätte es ihr viel eher klar sein müssen, denn nichts an ihrer Beziehung war durchschnittlich.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass Paula laut lachte und alle am Tisch sie ansahen. Sosehr war sie in ihren Gedanken verloren gewesen, dass sie das Gespräch nicht mehr mitverfolgt hatte.
„Was ist denn?“, fragte sie unschuldig, und Paula blickte sie verschmitzt an.
„Der Ober wartet schon etwas länger auf deine Bestellung“, erklärte sie, und Aimi errötete.
„Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich. Sie warf einen kurzen Blick in die Speisekarte und entschied sich für das erste Gericht, das sie dort aufgeführt sah. Mit unbewegtem Gesichtsaudruck notierte der Kellner ihren Wunsch, sammelte die Karten ein und verschwand.
Jonas nahm ihre Hand. „Tanz mit mir“, bat er sie und stand auf, ohne ihre Antwort abzuwarten. Wortlos ging sie mit, denn sie wollte nicht, dass die anderen am Tisch hörten, was er ihr zu sagen hatte.
Die
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