Julia Extra Band 0302
Gelegenheit erwähnen, dass deine Freundin liebend gern ein Interview mit ihm führen würde. Er hätte auch ein Mitspracherecht für den finalen Entwurf, bevor die Sache in den Druck geht. Ich wäre dir bis in alle Ewigkeit dankbar dafür.“ Sie warf ihre goldene Mähne nach hinten. „Und er führt dich wirklich aus?“, fragte sie. „Das ist unfassbar.“
Jessica verstand Willows Verwunderung nur zu gut. Ihre Mitbewohnerin war der pure Männertraum: groß, blond und unheimlich modisch. Aber nicht einmal sie hatte jemals einen Mann von Salvatores Kaliber für sich gewinnen können. Und nun hatte die unscheinbare kleine Jessica genau dieses Wunder vollbracht.
„Es ist ziemlich unglaublich“, gab Jessica zu.
„Warum macht er das?“
Nachdenklich schwenkte Jessica einen Teebeutel in einer Tasse mit heißem Wasser. Ihr Haar verdeckte die Hälfte ihres Gesichts. Die ganze Wahrheit zu erzählen, fand sie zu unangenehm. Wie erbärmlich klang es, wenn sie gestand, dass Salvatore sie lediglich zur Abschreckung anderer Frauen mitnahm? Für einen Abend wollte Jessica sich die bescheidene Fantasie gönnen, dass ein Traummann um ihrer selbst Willen Zeit mit ihr verbrachte.
„Wahrscheinlich braucht er einfach Gesellschaft“, antwortete sie ausweichend.
„Schon, aber …“
Tief verletzt drehte sie sich zu ihrer Mitbewohnerin um. „Aber was, Willow? Du fragst dich, was ein reicher Frauenschwarm mit einem armen, schlichten Mädchen wie mir will?“
„Nein, tue ich nicht.“
„Oh, doch, das tust du“, beharrte Jessica. „Und was viel wichtiger ist: Du hast sogar recht. Kannst du dir nicht vorstellen, dass das auch mein erster Gedanke war?“ Jetzt klang sie verbittert. Mit der Teetasse in der Hand ging sie ins Wohnzimmer und setzte sich auf eines der abgewetzten Sofas.
Wie konnte ich nur so naiv sein und glauben, wenigstens für fünf Minuten in meiner Fantasie leben zu dürfen, dachte sie traurig. Wem wollte ich eigentlich etwas vormachen?
„Die Leute, mit denen er verabredet ist, versuchen, ihn zu verkuppeln. Und er hat die Nase voll von Menschen, die sich in sein Leben einmischen“, erklärte Jessica, als Willow sich zu ihr gesellte. „Darum benutzt er mich als Schutzschild – in der Hoffnung, dass es sich herumspricht und alle Bemühungen im Sande verlaufen.“ Als Jessica das erschütterte Gesicht ihrer Freundin sah, stöhnte sie leicht. „Und vermutlich hat er mich anstelle einer glamouröseren Begleitung ausgewählt, weil ich mir niemals falsche Hoffnungen machen würde. Ich weiß genau, wo mein Platz ist, und darum akzeptiere ich diesen Abend als ungewöhnliche Ausnahme.“
„Bezahlt er dich?“, fragte Willow scharf. Entsetzt stellte Jessica ihre Tasse ab und errötete. „Nein. Das klingt ja beinahe, als wäre ich eine bessere Prostituierte.“
„So habe ich das überhaupt nicht gemeint. Aber es sieht aus, als würdest du ihm einen riesigen Gefallen tun. Was ist für dich dabei drin?“
Jessica biss sich auf die Lippen. Ehrlichkeit machte einen nicht nur verwundbar, sondern auch schwach. Und in der modernen Welt brauchte man jeden Schutz, den man bekommen konnte. Trotzdem wollte sie sich nicht verstellen. „Ich möchte nur zu gern einmal in ein aufregendes anderes Leben hineinschnuppern. Von außen habe ich mir diesen Zauber schon lange genug angesehen. Es reizt mich, wenigstens einmal mitzuspielen. Das Problem ist nur: Wie füge ich mich ein, und was ziehe ich an?“ Hoffnungsvoll sah sie die Freundin an. „In diesem Punkt habe ich auf deine Hilfe gehofft.“
Willow sprang mit einem strahlenden Lächeln auf und nickte. „Oh, keine Sorge, Jessica Martin! Wir werden dafür sorgen, dass diesem hinreißenden Sizilianer Hören und Sehen vergeht!“
Am nächsten Tag verzichtete Jessica bei der Büroarbeit in ihrer eigentlichen Firma auf die Mittagspause, um früher nach Hause zu gehen. Anschließend verbrachte sie eine halbe Ewigkeit im Badezimmer, um sich nicht nur körperlich, sondern auch mental auf den Abend vorzubereiten. Doch als das Badewasser allmählich kalt wurde und draußen die Dämmerung anbrach, lagen ihre Nerven praktisch blank.
Unter Willows kritischem Blick hatte sie etwa zwanzig verschiedene Outfits anprobiert, bevor sie sich für eines entschied. Instinktiv lehnte Jessica alle Kleidungsstücke ab, die zu eng oder zu tief ausgeschnitten waren, weil sie auf keinen Fall billig wirken wollte.
Um Punkt acht Uhr klingelte es an der Tür, und Jessica stockte vor Aufregung
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