Julia Extra Band 0302
den hell erleuchteten Saal betraten.
Unzählige Gesichter tauchten vor Jessica auf, und sie wurde einer Reihe von Leuten vorgestellt, deren Namen sie sich kaum merken konnte. Die Frauen wirkten mit ihren grellen Kleidern und dem vielen Schmuck wie bunte Kanarienvögel, die aufgeregt durcheinanderzwitscherten. Mittlerweile bereute Jessica ihre Entscheidung, ganz in Schwarz zu kommen. Derart schlichte Kleider hatte sie bisher nur an den Servicekräften gesehen.
Ihre Gastgeber waren Garth und Amy, deren Freundinnen Suzy und Clare sich schnell zu Salvatore und Jessica gesellten. Hinzu kamen noch eine recht blutarme Gestalt namens Steve und ein sehniger Kerl mit hellbraunen Haaren, der Jeremy hieß. Die rothaarige Suzy ging gleich zum Angriff über.
„Hallo, Salvatore, kennst du mich noch?“, säuselte sie mit einem aufdringlichen Grinsen. „Wir sind uns in Monte Carlo begegnet, und ich habe dir damals gesagt, dass Sizilien für mich der schönste Platz auf der ganzen Welt ist.“
Obwohl Jessica absichtlich die Ohren spitzte, verstand sie Salvatores Antwort akustisch nicht. Sprachlos vor Eifersucht, wandte sie sich ab und bemühte sich, ihre Gefühle wieder in den Griff zu bekommen.
„Champagner?“, fragte Garth höflich und bot ihr ein hohes schlankes Glas an. „Es ist ein hervorragender Jahrgang.“
„Ja, bitte.“ Jessica lächelte, als würde sie täglich teuren Jahrgangschampagner trinken. Sie nahm einen Schluck und begann ein Gespräch mit Jeremy, der in dieser Stadt eine ziemlich einflussreiche Persönlichkeit zu sein schien.
„Was ist mit Ihnen?“, erkundigte er sich. „Arbeiten Sie auch?“
Dies war anscheinend eine Welt, in der die Frauen eher nicht arbeiteten. „Oh, ja, ich … ich …“ Warum hatte sie sich auf so etwas nicht vorbereitet? Voller Unbehagen merkte Jessica, wie Salvatore sie musterte.
„Jessica macht eine Fortbildung zur Büroleiterin“, erklärte er gedehnt, und sie sah ihn überrascht an. Daran erinnerte er sich?
„Ach, haben Sie sich dort kennengelernt?“, wollte Clare wissen. „Im Büro?“
Wieder blickte Jessica Salvatore in die Augen, und er bedeutete ihr, das zu sagen, was sie für richtig hielt.
„Sozusagen“, entgegnete sie und wurde rot.
Salvatore verkniff sich ein Lächeln. Jessica war die perfekte Besetzung für diese Rolle – absolut perfekt. Die Röte auf ihren Wangen verlieh ihr ein süßes und unschuldiges Aussehen, so als würde sie sich für ihre kleine Büroromanze tatsächlich genieren. Niemand, nicht einmal diese Clare mit ihrem dicken Make-up und dem tiefen Ausschnitt, würde Jessicas Absichten heute Abend infrage stellen.
„Lasst uns essen gehen, ja?“, schlug Amy vor.
Der Tisch war mit glitzerndem Kristall und echtem Silber eingedeckt, und in der Mitte stand eine große Schale mit duftenden weißen Rosen. Als Jessica eine riesige Stoffserviette auf ihrem Schoß ausbreitete, ging ihr auf, dass sie in Kürze mit unbekannten Köstlichkeiten konfrontiert werden würde und keine Ahnung hatte, wie man diese korrekt zu sich nahm. Panisch betrachtete sie die unterschiedlichen Bestecke und rief sich verzweifelt ins Gedächtnis, was Willow ihr in Windeseile über formelle Dinner erklärt hatte. Austern und Artischocken dürften demnach die größte Hürde darstellen. Glücklicherweise fielen die einzelnen Gänge einfacher aus, und so konnte Jessica sich auf das Tischgespräch konzentrieren.
Allerdings war das leichter gesagt als getan. Meistens wurde über ihren Kopf hinweg gesprochen, und kaum jemand rührte das Essen an. Dafür tranken die anderen Unmengen von Wein.
So gut sie konnte, vermied Jessica es, Salvatore direkt anzustarren, obwohl die anderen Frauen am Tisch sich bei weitem nicht so zurückhielten. Es schien sie nicht im Geringsten zu beeindrucken, dass er in Begleitung gekommen war, denn sie flirteten mit ihm, als hinge ihr Leben davon ab.
Langweilt ihn ein solches Verhalten nicht allmählich?, fragte sie sich und wandte sich dann entschlossen ihrem Tischnachbarn zu.
Was sie über das Bankgeschäft und feindliche Übernahmen wusste, passte auf eine Postkarte, daher lenkte sie die Unterhaltung geschickt um und fragte Jeremy, was er in seiner Freizeit tat. Es stellte sich heraus, dass er ein begeisterter Angler war. Angeregt berichtete er von seiner Suche nach dem perfekten Köder.
„Regenwurm oder Mehlwurm?“, hakte Jessica an einer Stelle nach, und Stille breitete sich am Tisch aus.
Sie sah hoch und begegnete Salvatores
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