Julia Extra Band 0302
fort. „Eine Angestellte von Top Kleen hat eine Affäre mit dem Firmenchef. So etwas habe ich noch nie gehört!“
Instinktiv wollte Jessica erwidern, dass es doch durchaus für die Mitarbeiter von Top Kleen sprach, wenn ein großer und einflussreicher Kunde sich für sie interessierte. Aber sie wusste, dass ein solcher Kommentar im Augenblick nur unnötig Öl ins Feuer gießen würde. Eine halbe Stunde später ging sie nach draußen, wo Salvatores Wagen bereits auf sie wartete.
Beinahe hätte sie laut über die Ironie gelacht, dass eine gefeuerte Putzfrau von der Limousine des Unternehmenschefs abgeholt wurde. Auf dem Weg nach Chelsea dachte sie über den Umstand nach, dass ihr Leben Stück für Stück in seine Einzelteile zerfiel.
Salvatore telefonierte, als er ihr öffnete. Mit einer einladenden Handbewegung wies er auf ein Getränketablett. Dabei wollte Jessica ihn nur umarmen, festhalten und sich ein wenig über ihre unfaire Vorgesetzte ausweinen. Aber Trost zu spenden war nicht Teil seiner Rolle, genauso wenig wie Jessica es gestattet war, in seiner Gegenwart einem Gefühlsausbruch nachzugeben.
Darum hängte sie nur stumm ihren Mantel auf, schenkte sich ein Glas ein und wartete, bis er sein Telefonat beendet hatte.
Er sah sie aufmerksam an. „Ciao, bella“ , sagte er leise.
„War es wichtig?“, fragte Jessica automatisch, weil sie sein Stirnrunzeln bemerkte.
„Es ging nur um ein Geschäft, das eine gründliche Überprüfung wert ist. Erinnerst du dich an das Hotel in Phuket, von dem ich dir mal erzählt habe? Einer meiner Cousins, Giacomo, überlegt, ob er es kaufen soll. Aber ich finde den Preis übersteigert. Leider ist er ziemlich übermütig und impulsiv.“ Eindringlich musterte er sie. „Ich habe mich gefragt, warum du dich so früh abholen lässt. Du siehst ganz blass aus. Bist du krank, cara ?“
Seine freundlichen Worte machten sie schwach, und sie rückte doch mit der Wahrheit heraus. „Nein, ich bin nicht krank. Man hat mir heute den Putzjob gekündigt“, erklärte sie knapp.
Die Falten auf seiner Stirn vertieften sich. „Und warum genau?“
Ihr Lachen fiel freudlos aus. „Unprofessionelles Verhalten lautet der offizielle Grund. Irgendwie hat meine Agentur herausgefunden, dass ich … dass wir … Man weiß über uns Bescheid, Salvatore“, schloss sie unglücklich. „Sie halten meine Affäre mit dir für einen Beweis, dass ich meine Position ausgenutzt habe, und irgendwie stimmt das ja auch. Es tut mir leid, wenn dein Ruf durch diese Sache Schaden nimmt.“
„Glaubst du wirklich, so etwas könnte meinen Ruf beflecken?“, fragte er amüsiert. „Oder dass ich mich durch die Meinung anderer Menschen in meiner Art, mein Leben zu gestalten, beeinflussen lasse?“ Seine Augen wurden dunkler, und er kam mit ruhigen Schritten auf sie zu. „Soll ich dir mal was sagen? Im Grunde bin ich froh, dass du diesen dummen Job los bist, Jessica. Er hat dir ohnehin zu viel von deiner Zeit geraubt. Zeit, die du besser mit mir verbringen solltest.“
Ungläubig starrte sie ihn an. „Aber es war meine Arbeit! Die habe ich doch nicht zum Spaß gemacht.“
„Das weiß ich. Du hast es für Geld getan, aber Geld ist doch wohl kein Problem mehr, oder? Ich habe mehr davon, als ich ausgeben kann. Ich dachte, das hätten wir schon geklärt. Können wir also mit den Diskussionen aufhören und das einfach als Tatsache akzeptieren?“
Die Versuchung war groß. Es war schwer, ihr nicht nachzugeben, wenn Salvatore seinen heißen Atem gegen ihren Hals blies. Aber etwas in Jessica wehrte sich dagegen, kommentarlos nachzugeben. Sie erinnerte sich daran, wie billig sie sich gefühlt hatte, als er ihr seine Geldscheine entgegengestreckt hatte. Dann fiel ihr das Armband ein, und plötzlich verspürte sie den Drang, ihm die Wahrheit zu sagen.
Ihr wurde ganz kalt ums Herz. „Ich nehme kein Geld mehr von dir an“, murmelte sie. „Du hast mir schon mehr als genug gegeben.“
„Aber ich bestehe darauf.“
„Du kannst so viel darauf bestehen wie du willst, Salvatore. Trotzdem werde ich es nicht akzeptieren.“
Lange betrachtete er sie schweigend, bis er schließlich einsah, dass sie es ernst meinte. Obwohl es ihm nicht gefiel, wenn seine Wünsche abgelehnt wurden, fand er ihre Entscheidung auf eine Art bewundernswert. Jessica war eine sture, stolze Person, trotzdem bewunderte Salvatore ihren Charakter. Ihm imponierte ihr Drang nach Unabhängigkeit, aber genug war genug. Sie hatte ihren Standpunkt klar zum
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