Julia Extra Band 0303
ein wenig seltsam, zumal das nicht der Reaktion entsprach, die er normalerweise von ihren Geschlechtsgenossinnen erfuhr …
Rowe trank einen Schluck von seinem Kaffee und beobachtete die beiden Jungen, die ein Zimmer weiter in ihr Computerspiel vertieft waren. Jeffrey hockte völlig hingegeben auf seinem Lieblingsschemel. Sein schmaler Rücken wirkte extrem angespannt, den Joystick bediente er hochkonzentriert, wie ein Kampfflieger die Steuerung in einem Düsenjet.
Oder ein Rennfahrer in seinem Formel-1-Wagen …
Rowe hatte genügend Fotos von sich selbst als Formel-1-Pilot in den Zeitungen gesehen, um sich nicht über die Assoziation zu wundern, die ihn wie ein Blitzschlag traf. Wir könnten tatsächlich Vater und Sohn sein, schoss es ihm durch den Kopf. Irritiert stellte er fest, dass sich sein Pulsschlag bei diesem Gedanken beschleunigt hatte und er plötzlich winzige Schweißtröpfchen auf der Oberlippe spürte.
Langsam wandte er den Kopf und musterte Kirstens Gesichtszüge voller innerer Anspannung. Erneut fragte er sich, ob es möglich war, dass er vor sechs, sieben Jahren eine Affäre mit dieser rothaarigen Schönheit hatte, an die er sich nicht mehr erinnerte? Unmöglich! Selbst, wenn es sich dabei auch nur um einen One-Night-Stand gehandelt hätte! Dafür war Kirsten Bond viel zu … speziell.
Allerdings war er da noch viel jünger und leichtsinniger gewesen. Er schwamm auf einer Erfolgsserie, wurde von allen Seiten hofiert und von den schönsten Frauen der Welt regelrecht belagert.
An diese Zeit seines Lebens konnte er sich kaum noch erinnern. Damals hatte ein Klatschmagazin das Gerücht aufgebracht, sein Vater sei gar nicht tot, sondern lebe in Australien unter einem anderen Namen. Daraus wurde dann eine ganze Serie gemacht, innerhalb der die alte Familiengeschichte noch einmal ausgegraben und gespickt mit übelsten Spekulationen wiedergegeben wurde. Er selbst hatte sich rundheraus geweigert, auch nur einen Kommentar zu dem unsäglichen Müll abzugeben, der über ihn und seine Mutter ausgeschüttet wurde.
Stattdessen fraß er seine Wut und Frustration in sich hinein oder lenkte sich mit Partys, Alkohol und willigen Schönheiten ab, als gäbe es kein Morgen. Doch es dauerte nicht lange, da kam er wieder zu Sinnen und änderte sein Leben so radikal, wie er es zuvor aufs Spiel gesetzt hatte. Geschockt von seiner Haltlosigkeit, verließ er den Rennzirkus und steckte fortan seine gesamte Energie in seine Geschäftskarriere. Inzwischen war er Teilhaber oder Eigentümer von etlichen erfolgreichen Unternehmen, von denen er Kirsten nur eines genannt hatte.
Ein unterdrücktes Triumphgeheul aus dem Nebenzimmer brachte ihn in die Gegenwart zurück.
Rasch schaute er zu Kirsten hinüber, doch die rührte sich nicht. Eigentlich war Rowe überzeugt, dass er sich erinnern würde, wenn sie zusammen im Bett gewesen wären … aber sicher konnte er sich nicht sein. Auf jeden Fall würde es ihre Abneigung erklären.
Aber möglicherweise reagierte sie auch einfach nur sauer auf das geplante Radrennen. Bereits während seiner Rennfahrerzeit waren ihm etliche Menschen begegnet, die sportliche Großveranstaltungen für nichts weiter als eine unsinnige Verschwendung von Geld und Ressourcen hielten. Doch ohne die Tour de Merrisand würde die Stiftung nicht mehr lange in der Lage sein, ihre wohltätige Arbeit fortzusetzen.
Rowe trank seinen Kaffee aus und erhob sich aus dem niedrigen Sessel. Er musste Kirsten wecken, bevor er das Haus verließ. Und am wenigsten erschrecken würde er sie wohl, wenn er ihr einfach einen Kuss gab. Dabei könnte er vielleicht gleichzeitig herausfinden, ob er diese wundervollen Lippen schon zuvor geküsst hatte …
Mit Rücksicht auf die Kinder berührte er Kirstens weichen Mund nur ganz sacht mit seinem, hätte aber fast laut aufgestöhnt, als er die Hitze erst auf seinen Lippen, dann in seinem gesamten Körper spürte. Und jetzt war es nur noch der Anwesenheit der beiden Jungen zu verdanken, dass er Kirsten nicht in seine Arme riss und sie bis zur Besinnungslosigkeit küsste …
Doch ehe er sich bedauernd von ihr lösen konnte, öffnete sie ihre Lippen unter seinen und intensivierte den Kuss. Rowes Puls schoss schlagartig noch weiter in die Höhe, doch als Kirstens Lider flatterten und sie Anstalten machte, die Augen zu öffnen, nahm er seine letzte Kraft zusammen, um sich zurückzuziehen.
„Ich habe wundervoll geträumt …“, murmelte sie glücklich.
Ob er sie darauf hinweisen musste,
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