Julia Extra Band 0303
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„Sie sollen die von mir festgelegte Route aus dem Blickwinkel des Zuschauers und der Fernsehkameras überprüfen“, erklärte er brüsker als beabsichtigt. „Außerdem könnten Sie gleichzeitig darauf achten, dass die Radrennfahrer dabei keine historisch relevanten Plätze beschädigen oder entweihen.“
Kirsten warf ihm einen misstrauischen Blick zu, nicht sicher, ob er sie mit der Bemerkung ärgern wollte oder nicht, doch Rowes verschlossene Miene gab nichts preis.
„Da fast jeder Quadratmeter des zum Château Merrisand gehörigen Geländes unter diese Kategorie fällt, wird sich das kaum vermeiden lassen“, konterte sie trocken.
Rowe richtete sich auf und verschränkte die Arme über der breiten Brust.
„Wenn ich Sie so höre, dann wären Sie wahrscheinlich genauso vehement gegen die Kutschen-Rennen ins Feld gezogen, die gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts auf diesem Gelände stattfanden, oder?“ Er hatte sie überrascht, das war nicht zu übersehen. Endlich gewährte Kirsten Bond ihm einen Blick in ihre wundervollen Augen. „Ja, ich habe meine Hausaufgaben gemacht“, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage. „Und der Gedanke, dass mein Ur-ur-ur-urgroßvater Pierre einen Teil seines Vermögens mit geschickten Wetten gemacht hat, gefällt mir besonders.“
„Damals wurden die Rennen nur zur Belustigung der königlichen Familie veranstaltet.“
„Und waren deshalb akzeptabler?“
„Nein, aber wesentlich kleiner und weniger … schädlich.“
Rowe hob die dunklen Brauen. „Sind Sie sicher? Laut dem Bericht in einem antiken Journal, das Max mir dankenswerterweise ausgeliehen hat, soll der Schaden an der Schlossmauer in der Nähe des Westeingangs erheblich gewesen sein. Es heißt, Pierre habe die Kutsche, nachdem sein Gespann scheute, nicht mehr unter Kontrolle gehabt.“
Kirsten biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. „Davon ist mir nichts bekannt“, erwiderte sie leise.
„Ach! Sagen Sie jetzt bloß nicht, Sie sind eine Anhängerin der romantischen Theorie, nach der die Prinzessin mit ihrer Kutsche gegen die Mauer geprallt ist, als sie sich, entgegen dem Verbot ihres Vaters, nachts mit ihrem heimlichen Geliebten treffen wollte!“
Kirsten wandte den Kopf ab. Allerdings nicht schnell genug, um die Röte auf ihren Wangen zu verbergen.
„Ha! Ich wusste es!“, triumphierte Rowe. „Wahrscheinlich erzählen Sie diese Herzschmerzgeschichte während Ihrer Führungen sämtlichen Schlossbesuchern! Aber eine Lovestory ist ja auch viel eindrucksvoller als die schnöde Wirklichkeit.“
„Ich weiß nicht, was das mit dem geplanten Radrennen zu tun haben soll.“
„Okay, geben Sie wenigstens zu, dass man auch damals, hätte es zu der Zeit schon Fernsehen gegeben, neben dem Wagenkurs Tribünen für Zuschauer und Equipment hätte aufbauen müssen.“
„Warum liegt Ihnen eigentlich so daran, mir diese Veranstaltung als eine Spitzenidee zu verkaufen?“, fragte Kirsten gereizt. „Meine Meinung darüber kann Ihnen doch egal sein.“
„Ist sie aber nicht. Allein deshalb, weil es eine bessere Zusammenarbeit garantiert, wenn beide Seiten am selben Strang ziehen.“
Kirsten seufzte. „Können wir uns nicht einfach darauf einigen, verschiedener Meinung zu sein?“
„Ich wünsche es mir anders.“
Sein Blick und die dunkle, warme Stimme verursachten Kirsten ein seltsames Prickeln auf der Haut und verunsicherten sie. „Aber ich weiß wirklich so gut wie nichts über Radrennen“, gestand sie erneut, diesmal fast kleinlaut.
„Das können wir sofort ändern!“, schlug Rowe, durch ihren milden Ton ermutigt, spontan vor und hielt ihr die Hand entgegen. „Schlagen Sie ein, Kirsten …“
Sie hatte es auf keinen Fall tun wollen, allein schon, um jeden überflüssigen Körperkontakt zu vermeiden. Und trotzdem führte Rowe sie keine Minute später an der Hand aus dem Büro, und sie folgte ihm, wie ein braves, kleines Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank.
„Wo gehen wir hin?“, wollte sie mit einem letzten Blick auf ihren überfüllten Schreibtisch wissen. „Ich habe noch jede Menge Arbeit zu erledigen.“
„Das hier ist auch Arbeit“, entschied Rowe und zog sie weiter mit sich. „Wir fahren jetzt gemeinsam den geplanten Kurs der Tour de Merrisand ab, und Sie sagen mir, was Sie davon halten.“
Das wusste er doch längst! „Sie könnten es bereuen“, warnte Kirsten.
„Das bezweifle ich. Es sei denn, Sie trauen meinen Fahrkünsten nicht.“
Darauf sagte sie
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