Julia Extra Band 0303
Erweiterung der Wohngebiete, die ihren natürlichen Lebensraum zerstört, haben besonders die scheuen Sonnenhirsche hier Zuflucht gesucht. Darüber bin ich sehr froh. Es sind so wunderschöne, freundliche Kreaturen.“
„Solange ich als Kind noch im Schloss wohnte, habe ich sie mit der Hand gefüttert. Mein Großvater hat mir erklärt, man müsse sich besonders um sie kümmern, weil sie schließlich die Wappentiere von Carramer seien, aber für mich waren sie einfach meine Freunde. Jedem, der es hören wollte oder nicht, habe ich damals erzählt, ich wolle später Tierpfleger werden.“
Wider Willen fühlte Kirsten sich von dieser Geschichte angerührt. Wahrscheinlich hatte der kleine Rowe damals genau wie Jeffrey ausgesehen …
„Und dann sind Sie ausgerechnet bei der Formel-1 gelandet“, stellte Kirsten spröde fest.
„Sie müssen zugeben, das ist nicht sehr weit von meinem ersten Berufswunsch entfernt.“
„Vielleicht für einen kleinen Jungen …“
Rowe seufzte und verdrehte die Augen. „Aber nicht für eine Frau, welche die Tour de Merrisand als kulturellen Vandalismus bezeichnet, nicht wahr?“
„Das habe ich so nie gesagt.“
„Aber gedacht.“
„Ich bin einfach nur der Meinung, dass zum Beispiel ein Mittelalter-Festival viel besser hierher gepasst hätte“, verteidigte sie sich.
„Auch, wenn es im Vergleich zu dem geplanten Radrennen nur einen Bruchteil der Einnahmen bringen würde?“
„Muss sich denn alles immer nur ums Geld drehen?“, fragte Kirsten gereizt.
„So ist es nun mal auf der Welt. Wäre es anders, hätte die Stiftung gar keine Existenzberechtigung, oder?“
Kirsten schwieg einen Moment mit zusammengekniffenen Lippen. Dann nickte sie langsam. „Okay, Sie haben gewonnen. Ich werde tun, was in meiner Macht steht, um Sie bei Ihrem Vorhaben zu unterstützen. Für den Merrisand-Trust und die Kinder, die daraus unterstützt werden.“
Rowe hielt den Wagen an und wandte sich ihr ganz zu. „Wunder über Wunder!“, spottete er. „Und ich dachte, Sie würden mich noch auf jedem Schritt meines Weges bekämpfen.“
„Ich bin wohl kaum in der Lage, mich gegen Prinz Maxim oder Sie aufzulehnen.“
„Ist das der einzige Grund, warum Sie mir helfen wollen?“
Kirsten fühlte ihr Herz plötzlich im Hals schlagen. Sie wäre am liebsten ein Stück von ihm abgerückt, hatte aber in der Enge des Sportwagens keine Chance.
„Was für einen Grund sollte ich sonst haben?“, fragte sie rau.
„Sagen Sie es mir.“
„Da gibt es nichts zu sagen.“
„Nein? Und warum schauen Sie mich dann so an, als sei ich eine Inkarnation des Teufels, seit sich unsere Wege gekreuzt haben?“
Kirsten senkte rasch den Blick und starrte auf ihre ineinander verschränkten Hände. „Das bilden Sie sich nur ein.“
Rowe griff zu ihr hinüber, löste ihre verkrampften Finger und zog eine Hand an seine Brust, sodass sie das rhythmische Schlagen seines Herzens durch den dünnen Baumwollstoff des Hemdes spürte. Wollte er ihr etwa wieder einen Handkuss geben? Stattdessen legte Rowe prüfend zwei Finger auf ihr schmales Handgelenk.
„Und dass Ihr Pulsschlag flattert wie der eines ängstlichen, kleinen Vogels … bilde ich mir das auch nur ein?“
Wie sollte sie etwas leugnen, was er selbst überprüft hatte? Ihr Hals wurde ganz eng, und jedes Wort, das sie hervorbrachte, bedeutete für Kirsten eine enorme Anstrengung. „Denken Sie nicht, es ist an der Zeit, ins Büro zurückzukehren?“
„Dies hier ist so etwas wie unser Außenbüro. Und momentan interessiert mich nur, was Sie über mich wissen … oder zu wissen glauben.“
„Ich kenne nur die biografischen Daten, wie von allen anderen Mitgliedern der königlichen Familie.“
„Und aufgrund dieser dürren Fakten haben Sie eine so unüberwindbare Abneigung gegen mich entwickelt?“, fragte er gedehnt. „Kirsten, Sie enttäuschen mich. Das können Sie doch besser!“
„ Sie kennen mich überhaupt nicht, Vicomte de Aragon !“, fuhr sie auf und versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen. „Sie wissen gar nichts über mich! Zumindest nicht genug, um über mich zu urteilen!“
Rowe hielt ihre widerstrebenden Finger fest umschlossen und rieb sein Kinn daran. Die winzigen dunklen Stoppeln auf ihrer zarten Haut weckten ein Verlangen in Kirsten, das sie selbst überraschte.
„Ich weiß, dass Sie eine wunderschöne, warmherzige Frau sind, die mit Leidenschaft an ihrem Kind und ihrer Arbeit hängt. Haben Sie überhaupt die leiseste Ahnung, wie
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