Julia Extra Band 0303
unwiderstehlich.
Schließlich war es zu dem einen Kuss gekommen, trotz Angus’ Drohungen.
„Wenn du meine Nichte belästigst, würde ich dir das niemals verzeihen, mein Junge“, hatte er ernst gesagt.
Mein Junge. So lange Noah denken konnte, hatte Angus ihn so genannt. An seine Eltern konnte er sich nicht erinnern. Sie waren verunglückt, als er erst vier Jahre alt gewesen war, und es gab nur das eine alte Foto von ihnen. Olivia sah seiner Mutter ähnlich, sie hatte die gleichen braunen Locken.
Noah verzog das Gesicht und griff wieder nach dem Rasierer. Nein, an seine Tochter dachte er lieber auch nicht. Sie hatte er schon so gut wie verloren, als Nächstes war Radnor an der Reihe. Er hätte heulen können wie ein Schlosshund!
Da dachte er lieber an Kate.
Sie hatte sich ganz schön verändert … war erwachsen geworden. Ruhiger, ernster – und noch attraktiver!
Gestern war sie auf dem Rückweg von Jindabilla eingeschlafen, was ihm nicht weiter aufgefallen wäre, wenn sie nicht den Kopf an seine Schulter geschmiegt hätte. Der Duft ihres Haars war ihm in die Nase gestiegen, ihr Atem hatte sanft seinen Hals gestreichelt.
Auf der Farm angekommen, war Kate so benommen gewesen, dass er sie um die Mitte fassen und ins Haus führen musste. Überdeutlich war ihm bewusst gewesen, wie schlank ihre Taille war und wie wohlgerundet ihre Hüften und Brüste.
Während sie sich zum Schlafengehen fertig machte, kochte er Kakao und brachte ihn in ihr Zimmer, was sich als großer Fehler herausstellte.
Kate saß auf dem Bett, in einem hauchdünnen, mit Spitzen verzierten Nachthemd, das Haar zerzaust, die Augen halb geschlossen. Sie errötete heftig, während sie den Kakao nahm, und akzeptierte die Entschuldigung, dass er, Noah, sie störte.
Sie hatte einfach hinreißend ausgesehen, warm und verlockend …
Verdammt! Jetzt hatte er sich geschnitten.
Missmutig schob er das Kinn vor und tupfte mit dem Handtuchzipfel das Blut von der kleinen Wunde.
Das kam davon, wenn man nicht aufpasste.
Oder wenn man lange mit keiner Frau mehr zusammen gewesen war.
Allerdings ist eine zweite Ehe das Letzte, wonach mir der Sinn steht, dachte Noah nüchtern. Die Scheidung von Liane war die Hölle gewesen. So schnell riskierte er das nicht mehr. Nein, mit persönlichen Beziehungen wollte er vorerst nichts zu tun haben.
Eine Geschäftspartnerschaft mit Kate einzugehen konnte er sich auch nicht vorstellen. Der Vorschlag war völlig unüberlegt gewesen. Sie würde bestimmt bald wieder zur Vernunft kommen und einsehen, dass das Leben auf einer Farm im Outback nichts für sie war.
Je eher Kate nach England zurückflog, desto besser.
Ich finde schon einen Ausweg, auch ohne mich mit Angus’ Nichte einzulassen, ermunterte Noah sich. Sie hatte Probleme genug gemacht bei ihrem ersten Aufenthalt auf Radnor!
Kate war schon seit Stunden wach und drehte sich von einer Seite auf die andere. Ihre innere Uhr war aus dem Takt, ihr Verstand kreiste unaufhörlich um die Frage, warum Onkel Angus ihr die Hälfte seines Besitzes vermacht hatte.
Hatte er die Farm tatsächlich vor Liane bewahren wollen? Und hatte er gehofft, sie, Kate, würde hier leben und mit Noah gemeinsam den Betrieb führen?
Wie sehr sie damals in Noah verliebt gewesen war, hatte sie ihrem Onkel niemals gestanden. Sie hatte ihm in den vergangenen neun Jahren gelegentlich geschrieben, aber sie hatte immer nur erwähnt, wie gut es ihr damals gefallen hatte und wie faszinierend sie das Leben auf einer Viehfarm im Outback fand.
Ob er ihr auch den Anteil vererbt hätte, wenn er von ihrer Neigung für Noah gewusst hätte? Oder hätte er ihr dann die peinliche Lage erspart?
Da auf diese Fragen auch mit hartnäckigstem Nachdenken keine Antworten zu finden waren und an Schlaf nicht mehr zu denken war, stand Kate schließlich auf.
Sie checkte ihr Handy, auf dem sich keine Nachrichten befanden. In England war es jetzt früher Abend, also versuchte sie, ihre Mutter zu erreichen. Die war allerdings nicht zu Hause, daher hinterließ Kate nur eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter, dass sie wohlbehalten auf Radnor angekommen sei.
Als Nächstes versuchte sie es mit Dereks Nummer, und er hob tatsächlich ab.
„Hallo, Derek, hier Kate!“
„Kate? Wo steckst du denn?“
„In Australien!“ Wo sonst, fügte sie im Stillen pikiert hinzu. Derek klang nicht gerade begeistert. „Ich wollte nur sagen, dass ich gut angekommen bin.“
„Was sagst du? Kannst du etwas lauter sprechen?“
Wo immer er
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