Julia Extra Band 0303
.“
Mit zitternden Fingern zog sie Timothys Ring ab und warf ihn zu Boden, in der Hoffnung, es würde die Männer ablenken und ihr Zeit geben, um loszurennen. Doch der Jüngere stellte sich ihr grinsend in den Weg. Er war ihr nahe genug, dass sie seine Zahnlücken sehen und seinen schlechten Atem riechen konnte.
„Und ich nehme das Kleid …“
Sie schrie gellend, als die Männer immer näher kamen.
Dann plötzlich war Diogo da, stellte sich schützend vor sie. Er versetzte dem Jüngeren einen Kinnhaken und einen Tritt, die anderen wichen unwillkürlich zurück. Seine Augen glühten wild und unbeherrscht, aus Angst lief Ellie ein Schauder über den Rücken, und dennoch hielt sie sich dicht bei ihm.
Der Älteste schob sich an den anderen beiden vorbei und sah Diogo mit zusammengekniffenen Augen lauernd an. „Serrador“, erkannte er ihn und spie auf den Boden.
„ Sai fora , Carneiro“, antwortete Diogo, dann fügte er in Englisch hinzu: „Die Frau gehört mir.“
Der Alte gab den beiden anderen einen Wink und lachte hart auf. „Dumm von dir, zurückzukommen.“
Diogo wartete nicht ab, er bewegte sich blitzschnell und traf Carneiro mit dem ausgestreckten Bein am Kinn. Gleichzeitig zog Diogo den Ellbogen hoch und schickte damit den anderen zu Boden, dem dritten schlug er mit der Stirn auf das Nasenbein. Fluchend rappelten sich die Männer auf und zogen sich zurück.
Mit hämmerndem Herzen sah Ellie ihnen nach, wie sie in der Dunkelheit der Gassen verschwanden.
Diogo fasste sie bei der Schulter und wirbelte sie herum. „Närrin!“, knurrte er wütend. „Die kommen zurück, mit Verstärkung. Ich sollte dich einfach hierlassen.“
„Dann tu’s doch!“, schrie sie. „Ich versuche mein Glück lieber mit denen als mit dir!“
Sein Griff wurde stärker, sandte so Schockwelle um Schockwelle durch ihren Körper. Sie vergaß den Schmerz in ihrem Handgelenk. Tief in ihr setzte sich ein Puls in Bewegung.
„Bist du darauf aus, deinen Körper zehn, zwölf Männern zu geben?“, stieß er aus. „Von einem zum nächsten weitergereicht zu werden?“
Sie wurde bleich. Dann ballte sie die Fäuste. Sie würde sich von ihm nicht verängstigen lassen. „Ich will nach Hause!“
„Zurück zu deinem Liebhaber?“
„Timothy ist nicht mein Liebhaber!“
„Aber du willst unbedingt zu ihm zurück. So sehr, dass du das Leben unseres Kindes riskierst. Ist dir überhaupt klar, was passiert wäre, wenn ich dich nicht rechtzeitig gefunden hätte?“
Der Schock setzte ein, Panik stieg in ihr auf. Sie hatte das Leben ihres ungeborenen Kindes riskiert!
„Und das alles nur, weil du ihn so sehr liebst!“, meinte Diogo beißend.
„Ich liebe ihn nicht! Ich habe nur eingewilligt, ihn zu heiraten, weil ich dich nicht haben konnte!“ Kaum hatte sie es ausgesprochen, schlug sie entsetzt die Hände vors Gesicht. „Ich will nur nach Hause“, schluchzte sie.
Über ihnen zuckte ein Blitz über den Himmel. Ellie spürte kaum noch den prasselnden Regen, der sie bis auf die Haut durchnässte, hörte nicht den Wind, der durch die Gassen pfiff.
Plötzlich zog Diogo sie in seine Arme. „Scht, Ellie“, flüsterte er und küsste sie auf die Schläfe. „Ist schon in Ordnung, alles wird gut.“
Er hielt sie sanft an sich gedrückt und streichelte beruhigend ihren Rücken, doch diese Zärtlichkeit ließ sie nur noch lauter schluchzen.
Diogo hatte jedes Recht der Welt, wütend auf sie zu sein. Was, wenn er sie nicht gefunden hätte? Was, wenn es ihm nicht gelungen wäre, Ellie und ihr Baby vor ihrer unvernünftigen Entscheidung, tiefer in die Slums zu rennen, zu bewahren? Der Himmel allein wusste, was ihnen alles hätte zustoßen können!
„Ich kann nicht glauben, dass ich das getan habe“, wisperte sie entsetzt. „Ich habe unser Baby in Gefahr gebracht!“
„Es ist meine Schuld“, murmelte er an ihrer Schläfe. „Es war falsch von mir, dich zu verängstigen. Jetzt bist du sicher, querida . Ihr beide seid sicher.“
Mühelos hob er sie auf seine Arme, als wäre sie leicht wie eine Feder. Der Regen trommelte auf sie nieder in den düsteren Straßen von Rios Slums, und doch fühlte Ellie sich an seiner Brust warm und geborgen.
Vielleicht kommt ja wirklich alles in Ordnung, dachte sie benommen und sah in sein attraktives Gesicht. Vielleicht hatte sie sich ja geirrt. Vielleicht konnte sie ihm doch vertrauen …
„Komm, querida .“ Mit dunklen Augen sah er sie an. „Ich bringe dich nach Hause.“
4. KAPITEL
Ellie hob
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