Julia Extra Band 0305
bekommen, über die er mehr erfahren wollte.
„Jetzt hast du mich neugierig gemacht.“ Unwillkürlich schob er ihr das Haar aus dem Gesicht, damit er sie besser betrachten konnte. Einen Moment lang ließ er die Fingerspitzen an ihrer Wange verweilen.
Clares Augen wurden groß, und sie musterte ihn mit einem noch nie da gewesenen offenen Interesse. Lächelnd zog er die Hand zurück.
„Hast du zu Hause in Irland viel Unsinn gemacht?“
„Tun das nicht alle Teenager?“
„Wie war es, dort aufzuwachsen?“
„Ich war glücklich. Kinder, die auf einer Farm aufwachsen, haben viel Freiheit. Wir haben uns bei jedem Wetter ausgetobt, Geheimverstecke gebaut, wollten wilde Kaninchen fangen, um sie als Haustiere zu halten, und haben im Wald nach Feen gesucht.“
Quinn war bezaubert. Von Clares wehmütigem Gesichtsausdruck ebenso wie von dem Bild, das sie gezeichnet hatte. Warum hatte er niemals bemerkt, wie schön sie war? Er hatte sie immer für hübsch gehalten, aber jetzt …
„Habt ihr welche gefunden?“
„Kaninchen oder Feen?“
„Feen.“
„Nein. Wir hatten einen Feenring im Wald. Deshalb waren wir als Kinder überzeugt, dass sie nicht weit weg sein konnten. Meine Mutter hat uns ermutigt, nach ihnen zu suchen. Damit sie für ein paar Stunden ihre Ruhe hatte, nehme ich an. Drei Kinder unter zehn Jahren schlauchen.“
„Ich weiß.“ Im Haushalt der Cassidies war es mit vier genauso gewesen. „Du solltest es mal mit einem Haus voller Jungs versuchen.“
Clare senkte den Blick. „Ich hätte gern Söhne. Sie würden mich ihr ganzes Leben lang lieben, während meine Töchter wie alle Mädchen zumindest in der Teenagerzeit glauben würden, ich würde ihr Leben ruinieren.“
„Dann denkst du also nicht, dass Haustiere ein Ersatz für eine Familie sein können?“
Bei seiner Anspielung auf den Fragebogen blickte Clare ihn gespielt finster an, und Quinn lachte.
Sie lachte mit. „Nein, denke ich nicht. Ich würde das Kästchen ‚Haustiere und Familie‘ ankreuzen. Jedes Kind sollte einen Hund haben.“
Hatte sie das aus seinem Fragebogen? Quinn versuchte, sich daran zu erinnern, ob er die Frage eigentlich gefunden hatte.
Clare setzte sich auf und nahm sich ein Stück Käse. „Wie warst du als Kind?“
Ein Date mit ihr war wie eine Achterbahnfahrt. Kopfschüttelnd nahm er eine ähnliche Sitzhaltung wie Clare ein. Seine Kindheit war völlig anders als ihre gewesen.
„Willst du einen Cracker dazu?“, fragte Quinn.
Oh, er war ein ganz Schlauer. Mit ihr machte er genau das, was er mit Verabredungspartnerin Nummer drei gemacht hatte: Er ließ sie über sich selbst reden und wollte nichts von sich erzählen. Tja, damit würde er nicht durchkommen.
Ihr fiel etwas ein. „Du hattest einen Spitznamen, stimmt’s? Ich erinnere mich, dass Evan und Morgan dich damit aufgezogen haben. Wie lautet er gleich noch mal?“
„Raufbold“, stieß Quinn widerwillig hervor.
Clare lächelte. „Den hast du dir aufgehalst, weil du dich ein paarmal geprügelt hast?“
„Mehr als ein paarmal.“
„Und warum?“
„Ich konnte mit meiner Wut nicht umgehen.“
Während Clare beobachtete, wie Quinn Käse auf einen Cracker legte, spürte sie einen dumpfen Schmerz in der Brust. „Worüber warst du wütend?“
„Ich war neun, als ich den Spitznamen bekommen habe. In dem Alter weiß man nicht, warum man wütend ist.“
Quinn hatte mit neun Jahren angefangen, sich regelmäßig zu prügeln? Warum hatte es niemand verhindert? War er schikaniert worden? Der Quinn, den sie kannte, hatte sich sehr gut unter Kontrolle. Weil er es irgendwann hatte lernen müssen?
„Aber inzwischen weißt du es?“
„Ja.“ Er schob sich den Cracker in den Mund und ließ den Blick über die Menge schweifen.
Ihr fiel noch etwas ein. Sie hatte früher schon versucht, mit Quinn über seine Vergangenheit zu sprechen. Ganz zu Anfang, als Jamie sie seinen Freunden vorgestellt hatte. Sie hatte höflich Konversation machen wollen und es mit Themen wie Familie, Schule, Arbeit probiert. Auf keines war Quinn eingegangen, und Clare hatte damals angenommen, dass er sie einfach nicht besonders mochte.
Zusammen mit dem, was Date Nummer drei berichtet hatte, ergab sich ein klares Bild: Quinn fiel es schwer, offen über sich zu sprechen. Deshalb wartete sie.
Schließlich blickte er sie aus den Augenwinkeln an und rückte mit einem weiteren Puzzleteil heraus. „Ich habe Morgan, Jamie und Evan an dem Tag kennengelernt, als ich den Spitznamen bekommen
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