Julia Extra Band 0305
habe. Es war mein erster Tag in der neuen Schule, nachdem wir von Queens nach Brooklyn umgezogen waren. Das mit meinem Vater hatte sich schon herumgesprochen, bevor ich dort auftauchte. Tratscherei der Eltern, wahrscheinlich.“
Quinn zuckte die Schultern. „Einige Jungs aus meiner neuen Klasse haben blöde Bemerkungen gemacht, und ich habe mich auf einen Kampf eingelassen. Die Kumpels sind dazwischengegangen und haben mich nach Hause gebracht. Ich war ziemlich übel zugerichtet.“
„Mit wie vielen hast du es aufgenommen?“
„Fünf.“
Bei der Übermacht musste er in schlimmem Zustand gewesen sein. Clare stellte sich den neunjährigen Quinn vor, wie er blutend und voller blauer Flecken von seinen neuen Freunden nach Hause gebracht wurde. Und es brach ihr das Herz. Sie wusste, dass sein Vater gestorben war. Wie hatten diese Kinder nur Gemeinheiten von sich geben können, wenn Quinn doch gerade seinen Vater verloren hatte?
Ihre Traurigkeit war ihr wohl anzusehen. Quinn warf ihr ein gefährliches Lächeln zu, das auf Clare doppelt gefährlich wirkte, weil es eine Seite an ihm zeigte, die sie noch nie erlebt hatte.
„Keine Sorge, ich habe meine Lektion an dem Tag gelernt und danach ein oder zwei Tricks aufgeschnappt. Und zehn Jahre Rauferei haben mich zu einem verdammt guten Rausschmeißer im ersten Nachtklub gemacht, in dem ich gearbeitet habe.“
Trotz seiner Reaktion auf das, was er offenbar für Mitleid gehalten hatte, konnte Clare ihre Gefühle auch diesmal nicht verbergen. Quinn hatte seine Karriere damit begonnen, dazwischenzugehen, wenn es Ärger gab? New York war die schönste Stadt der Welt, eine Zeit lang war es allerdings ein raues Pflaster gewesen. Quinn hätte schwer verletzt werden können. Und wenn ihm etwas passiert wäre …
Vielleicht hätte sie ihn niemals kennengelernt.
Er deutete ihren Gesichtsausdruck wieder falsch. „Ich nehme an, darüber sollte ich beim ersten Date besser nicht reden? Ich wusste doch, warum ich es bisher noch nicht getan habe.“
„Bist du in Schwierigkeiten geraten?“
„Nein, aber danke für dein Vertrauen. Mit einem Polizisten hatte ich zum ersten Mal an dem Abend zu tun, an dem mir der Job als Rausschmeißer angeboten wurde.“
Erneut hatte Quinn sie falsch verstanden. Verärgert schüttelte Clare den Kopf. „Das habe ich nicht gemeint. Ein Polizeibeamter hat dir den Job angeboten?“
„Die Jungs und ich waren auf dem Nachhauseweg. Vor einem Nachtclub hat ein Kerl eine Frau geschlagen. Ich habe ihn überwältigt und am Boden festgehalten, bis die Polizei gekommen ist. Der Clubbesitzer hat mir den Job gegeben. Anscheinend hatte er noch nie jemanden gesehen, der es so schnell und mit so wenig Aufheben erledigt. Übung macht den Meister. Und ich war inzwischen davon überzeugt, dass der beste Angriff eine gute Verteidigung ist.“
Starr blickte ihn Clare an, und Quinn runzelte die Stirn. „Dann war ich also nicht deine erste Frau in Not?“
Das Stirnrunzeln verschwand. „Ich schätze, nicht.“ Forschend sah er ihr in die Augen.
Hatte er etwa geglaubt, sie würde ihre Meinung über ihn ändern, wenn er ihr von seiner Vergangenheit erzählte? Wusste er nicht, dass sie ihn jetzt noch mehr respektierte? Weil er keine Probleme bekommen hatte, sondern schon vor seinem dreißigsten Geburtstag ein geachteter millionenschwerer Selfmademan geworden war. Quinn war der lebende Beweis für den amerikanischen Traum.
Clare fand ihn wunderbar. Unfähig, seinen intensiven Blick noch länger zu erwidern, beschäftigte sie sich damit, Käse auf einen Cracker zu tun, bis sie ihre Gefühle unter Kontrolle hatte.
„So bist du schließlich Clubbesitzer geworden?“
„Ich besitze Clubs, weil ich Geld mit ihnen mache.“
„Und nur Geld ist wichtig?“
„Wenn man es nicht hat, ist es wichtig.“
Als Clare aufsah, beobachtete er sie noch immer. Dann wandte er sich ab und blickte auf die Großbildleinwand.
„Man kann sein Geld auf schlimmere Art verdienen.“ Jetzt lächelte Quinn. „Der Eröffnungsabend für den Manhattan Club war doch ein Riesenspaß, oder?“
Bei der Erinnerung lächelte Clare auch. „Ja.“
Einen Job hatte Quinn ihr angeboten, während der Club noch im Planungsstadium gewesen war. Seite an Seite hatten sie sich durch die von Clare aufgestellten Listen gearbeitet, um alles pünktlich fertig zu haben. Die Eröffnung war dann noch wochenlang nach dem Abend Stadtgespräch gewesen.
Zum ersten Mal hatte Clare wirklich das Gefühl gehabt, dass
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