Julia Extra Band 0305
wiedersehen.
Was hatte er nur an sich? War es sein Alter, seine Erfahrung, sein Selbstvertrauen? Oder etwas anderes, Undefinierbares, das in der unergründlichen Tiefe seiner grauen Augen verborgen lag, in der Art, wie er Bitte sagte, ihr Fragen stellte, als würde ihn die Antwort wirklich interessieren?
Vielleicht war es nur eine Masche, um zu bekommen, was er wollte: nämlich sie.
Althea schwankte zwischen Sehnsucht und dem Bedürfnis, sich zu schützen. Sie hatte das Nein schon auf den Lippen, doch angesichts der siegessicheren Miene, mit der Demos auf ihre Antwort wartete, musste sie plötzlich lächeln.
„Na schön, hol mich um sieben Uhr ab. Ich nehme an, du weißt, wo ich wohne.“
Demos, die langen Beine weit von sich gestreckt, musterte sie noch einmal ausführlich von Kopf bis Fuß. „Selbstverständlich.“
Stunden später warf Althea einen letzten, kritischen Blick in den Spiegel. Sie hatte lange überlegt, was sie zu ihrer Verabredung mit Demos anziehen sollte, fühlte sich gefangen zwischen der Frau, die sie vorgab zu sein, und der, die sie sein wollte.
Seufzend musste sie sich eingestehen, dass sie ihre Rolle zu lange gespielt hatte, um nun plötzlich umzuschwenken. Demos mochte einen anderen Eindruck erweckt haben, doch er hatte keinen Zweifel daran gelassen, worum es ihm ging. Um ihren Körper. Um eine billige kleine Affäre, weiter nichts. Sie fragte sich, warum sie sich überhaupt auf dieses Date eingelassen hatte.
Ja, sie war gelangweilt, aber das war sie schon lange. Und auch Demos konnte ihr sicher nicht geben, wonach sie sich sehnte. Hegte sie denn immer noch die naive Hoffnung, dass irgendjemand sie so sehen würde, wie sie wirklich war? Dass jemand kam, um sie zu retten?
Althea lachte. Ihr Lachen klang hart und bitter in der Einsamkeit ihres Schlafzimmers.
Sie hörte einen Wagen vorfahren, trat ans Fenster und sah Demos aus einem eleganten dunklen Sportcoupé steigen. Am oberen Treppenabsatz wartete sie, bis ihr Vater den Gast mit steifen Worten begrüßt hatte, dann hatte sie ihren Auftritt.
Mit Genugtuung registrierte sie, wie Demos bei ihrem Anblick scharf die Luft einsog. Ihre Blicke trafen sich. Ein wissendes kleines Lächeln umspielte seine Mundwinkel, so unwiderstehlich sexy, dass ihr der Atem stockte.
„Du siehst wunderschön aus.“ Er trat auf sie zu und ergriff ihren Arm. „Ich habe einen Tisch in einem Fischrestaurant in Piräus bestellt. Du magst doch Fisch?“
Althea nickte nur, und kurze Zeit später saßen sie bereits in Demos’ Wagen und fuhren schweigend durch den abendlichen Athener Stadtverkehr. Die Scheinwerfer der Autos und Motorroller verschmolzen zu einer endlosen Lichterkette in den engen Straßen der Innenstadt. Majestätisch ragte die antike Ruine der Akropolis in den Abendhimmel, darüber stand silbern die schmale Sichel des Mondes. Bald tauchten die Lichter des Hafenviertels vor ihnen auf.
„Ich bin selten in Piräus.“ Althea spähte zu Demos hinüber, der unverwandt auf die Straße sah.
„Ich wohne dort.“
Selbst im Dunkeln war Althea von der merkwürdigen Mischung fasziniert, die diesen Stadtteil prägte: heruntergekommene Mietshäuser Tür an Tür mit schicken Boutiquen und Touristenshops. Trotz der Nähe zum Hafen – Demos war schließlich Jachtdesigner – war es eine ungewöhnliche Wohngegend für einen Mann wie ihn.
Was hatte sie erwartet? Eine exklusive Penthousewohnung in der City? Eine Villa in einer teuren Vorortgegend?
Er parkte den Wagen in einer dunklen Seitenstraße. Die kleine Taverne, in die er sie führte, ganz in dunklem Holz gehalten und mit flackernden Kerzen auf den Tischen, entpuppte sich als Feinschmeckerlokal. Auch hier wurde Demos vom Wirt persönlich begrüßt. Althea fragte sich allmählich, ob er mit jedem Restaurantbesitzer in Athen per Du war.
„Woher kennst du dieses Lokal?“, wollte sie wissen, als sie an ihrem Tisch in einer Nische Platz genommen hatten.
„Ich habe in meiner Jugend als Fischer gearbeitet. Kristos, der Wirt, kaufte mir den Fang ab.“
„Du überraschst mich.“
„Und du mich“, sagte er, während er die Speisekarte aufschlug. „Ich möchte mehr über dich erfahren. Zum Beispiel, warum du von der Schule geflogen bist.“
Die unerwartete Frage und sein prüfender Blick machten sie nervös. Sie senkte den Kopf und tat, als studiere sie die Menükarte. „Woher weißt du das?“
„Glaubst du, es sei schwierig, Informationen über dich zu erhalten? Also, was ist
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