Julia Extra Band 0309
Taille zu legen.
Im Bruchteil einer Sekunde griff Rosalind nach der Hand und bog seine Finger neunzig Grad nach hinten, sodass sein Bruder um Gnade flehte.
Camerons erster Gedanke war: Braves Mädchen.
In diesem Moment tauchte sein Vater an seiner Seite auf.
„Nettes Mädchen“, sagte Quinn – die ersten Worte, die dieser Mann seit Jahren zu ihm gesagt hatte. Es überraschte ihn nicht.
„Nett ist gar kein Ausdruck“, entgegnete Cameron und blickte seinem Vater ins Gesicht.
Er wirkte älter. Dünner. Von Angesicht zu Angesicht besaß er dieselbe Aura von Würde und Macht wie eh und je. Doch er konnte nicht ignorieren, was er neulich im Fernsehen gesehen hatte, was er dabei gefühlt hatte. Es hatte keinen Sinn, die Sache noch länger aufzuschieben.
„Du bist krank, nicht wahr, Dad?“ Seine Stimme war nüchtern. Emotionslos. Er hatte keine Ahnung, wie er das hinbekam, denn die Worte brannten in seiner Kehle, als er sie aussprach.
„Wie kommst du denn da drauf?“, fragte Quinn, für die Hunderte von Gästen lächelnd.
„Dad“, drängte Cameron. „Komm schon. Du sprichst mit mir, dem einzigen Menschen auf der Welt, der nicht auf deine Masche hereinfällt. Also, was ist los?“
Quinn blinzelte ihn an, als sähe er ihn nicht nur zum ersten Mal seit fünfzehn Jahren, sondern zum allerersten Mal.
„Nichts Schlimmes. Nur ein paar geringfügige Herzinfarkte.“
Irgendwie gelang es Cameron, ruhig zu bleiben. „Wie geringfügig?“
„So geringfügig, dass ich noch selbst in der Lage war, Dr. Carmichael anzurufen. Ein Krankenwagen war glücklicherweise nie nötig. Zum Glück, sonst hätten innerhalb einer Stunde die Klatschzeitungen davon Wind bekommen.“
„Du bist also nicht in Behandlung, außer bei Dr. Carmichael?“
„Nein, ist nicht nötig.“
Cameron atmete tief ein. „Dr. Carmichael ist zehn Jahre älter als du und kaum noch kräftig genug, eine Spritze zu halten, geschweige denn einen Mann von deiner Größe wiederzubeleben.“
„Was beweist, dass es mir gut geht.“
„Der Mann hat dafür zu sorgen, dass du gesund bist. Er sagt dir nicht, dass es ernst ist, weil er Angst hat, dass du ihn feuerst!“
„Was ich verdammt noch mal auch tun würde. Der Mann hat keine Ahnung, was ein Gesundheitsrisiko bei KIn G anrichten würde. Du dagegen bist schlau genug, um es dir auszurechnen. Ich empfehle also, dass du dich um deine eigenen Angelegenheiten kümmerst.“
„Das hast du schon mal gesagt“, entgegnete Cameron.
Das Gesicht seines Vaters wurde rot, die Art Röte, wie sie zu hoher Blutdruck und zu viele Whiskeys im Laufe vieler Jahre verursachten. Cameron berührte ihn zaghaft am Arm, doch Quinn schüttelte seine Hand ab, als würde ein Augenblick der Verwundbarkeit reichen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.
„Behalt es für dich, mein Sohn“, forderte er warnend. „Denk an deine Mutter!“
Cameron kam seinem Vater so nah, dass er die roten Adern in seinen Augen hätte zählen können. So ruhig, wie er konnte, sagte er: „Du bist derjenige, der mehr an meine Mutter denken sollte. Die Firma und die Presse sind mir egal, aber die Familie nicht. Sie halten dich für einen Gott, aber ich weiß, dass du auch nur ein Mensch bist. Und dieses Geheimnis werde ich nicht für mich behalten, denn wenn dir etwas zustößt, werden sie es dir nie verzeihen. Deshalb bin ich zurückgekehrt. Heute bricht ein neuer Tag für den Kelly-Clan an.“
„Cameron?“
Rosalinds sanfte Stimme holte ihn von seinem hohen Ross zurück auf die Erde.
„Cameron“, sagte sie noch einmal. „Tut mir leid, dass ich störe, aber Meg sucht dich. Sie braucht dich für etwas, worüber ich vor dem Geburtstagskind nicht reden kann.“
Ihre Hand lag auf seinem Unterarm. Sie hatte ihn gerade davor bewahrt, alle Anwesenden in etwas einzuweihen, was bis jetzt nicht mal seine Familie wusste.
„Quinn“, sagte sie, „herzlichen Glückwunsch. Darf ich ihn kurz entführen?“
Sein Vater nickte, einen Hauch von Traurigkeit in den klaren blauen Augen, die jedoch sofort wieder hinter der üblichen Mauer aus Unverwundbarkeit verschwand. Aber immerhin. Es war ein Anfang.
„Herzlichen Glückwunsch, Dad“, sagte er und gab seinem Vater einen flüchtigen Kuss auf die Wange, ehe er sich umdrehte und ging.
„O Gott“, flüsterte Rosie. „Es tut mir so leid, wenn es der falsche Moment war, aber es sah so aus, als würdest du gleich auf ihn losgehen.“
Die Frau konnte Gedanken lesen. Er atmete tief durch, legte den Arm
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