Julia Extra Band 0309
in Tokio. Oder in Dubai. Oder selbst in Alaska.
Überall, nur nicht in New York.
Ob sie über die Feiertage auch hier war?
Der Gedanke schlich sich in seinen Kopf, unerbeten und unwillkommen. Grimmig nahm Alexander noch einen Schluck.
In den letzten anderthalb Jahren hatte er sich in seine Arbeit gestürzt. Um sie zu vergessen.
Die einzige Frau, die ihm jemals so viel sinnliches Vergnügen geschenkt hatte. Die einzige Frau, die ihn nach mehr verlangen ließ.
Die einzige Frau, die ihn mit solcher Intensität hasste.
Zu Recht?
Nachdenklich presste er das kühle Glas an die Stirn. Er hatte seine Wahl getroffen. Er wollte keine Ehefrau, keine Kinder.
Einst besaß auch er eine Familie, Menschen, die ihn liebten. Und er hatte sie nicht retten können. Es war besser, niemanden zu haben, den man im Stich lassen konnte. Einfacher. Sicherer für alle Beteiligten.
Jammerschade, dass Nathan das nicht erkannte.
„Himmel, du siehst miserabel aus.“
Nathan stand an seinem Tisch, aufgeräumt und blendend aussehend in Jeans und Pullover, und riss Alexander aus den trüben Gedanken. Er war dankbar dafür.
„Dafür siehst du richtig glücklich aus.“ Alexander streckte die Hand zur Begrüßung aus. „Du setzt sogar an!“
Grinsend schüttelte Nathan die dargebotene Hand und klopfte sich auf den kleinen Bauchansatz. „Emily versorgt mich eben zu gut. Und ab heute wird es nur noch schlimmer werden.“
„Also dann … nimm die Beine in die Hand!“
„Immer noch derselbe alte Alexander!“ Lachend schüttelte Nathan den Kopf. „Ich bin froh, dass du hier bist. Auf dich kann man sich verlassen. Hast ein paar Stunden Zeit und fliegst mal eben aus der Mongolei herüber.“
„Die letzte Möglichkeit, dir die Sache auszureden.“
Nathan setzte sich und gab der Kellnerin einen Wink, um einen Drink zu bestellen. „Hätte ich gewusst, dass du es tatsächlich schaffst, wärst du mein Trauzeuge geworden.“
„Und wäre ich dein Trauzeuge geworden, hätte ich dich zu überzeugen versucht, nicht zu heiraten. Behalte deine Freiheit.“
Nathan schnaubte. „Wenn du die Richtige findest, ist Freiheit das Letzte, was du behalten willst.“
„Du bist ja nicht bei Verstand. Wie lange kennst du die Frau? Sechs Monate?“
„Anderthalb Jahre, um genau zu sein.“ Nathan lehnte sich lächelnd über den Tisch. „Und um das Ganze wirklich zum glücklichsten Tag unseres Lebens zu machen, gibt es auch noch große Neuigkeiten. Emily ist schwanger.“
Alexander starrte ihn an. „Schwanger?“
„Willst du mir nicht gratulieren?“
Sein Freund wurde also nicht nur sesshaft, sondern auch Vater. Alexander fühlte sich plötzlich uralt. Was, zum Teufel, war los mit ihm?! Er führte doch genau das Leben, das er führen wollte! „Herzlichen Glückwunsch“, sagte er dumpf.
„Wir sind schon auf Haussuche. Irgendetwas Nettes in Connecticut. Mit Garten, für die Kinder. Ich werde in die Stadt pendeln …“
Ein Garten. Das Bild eines verwilderten Rosengartens in Italien schoss Alexander jäh durch den Kopf. Üppige Blüten in Rot, Gelb und Rosé, verborgen hinter einer hohen Mauer. Die heiße Sonne, der Wind in den Blättern, das Summen der Bienen. Und der süße Duft ihrer Haut …
„Wenn man bedenkt, dass ich Emily an dem Abend kennengelernt habe, als uns der West Side-Deal durch die Finger gegangen ist …“, fuhr Nathan fort. „Erinnerst du dich noch an den Ball damals?“
„Ich erinnere mich daran, dass wir den Deal verloren haben, sicher.“ Alexander stellte sein Glas ab. Es war die einzige Niederlage in seinem Leben gewesen.
Nein, er hatte auch vorher schon verloren. Da war er sieben Jahre alt gewesen, und seine Mutter hatte ihn mitten in der Nacht in den kalten Schnee gesetzt. Sein Gesicht war rußgeschwärzt gewesen, verschmiert von Tränen. Sie war wieder zurück in das brennende Cottage gerannt, um den älteren Sohn und ihren Mann zu holen. Alexander hatte gewartet, doch sie waren nie aus dem Haus herausgekommen …
„Emily arbeitet für die Contessa Villani. An die wirst du dich doch wohl erinnern, oder? Eine solche Frau vergisst man nicht.“
„Ja, natürlich erinnere ich mich an sie.“ Denn sosehr er sich auch bemühte, Lia zu vergessen … es gelang ihm nicht. Er konnte nicht vergessen, wie sie unter ihm erschauert war. Konnte das Gefühl der Leidenschaft nicht vergessen.
Und er konnte ihren hasserfüllten Blick nicht vergessen, mit dem sie ihn angesehen hatte.
Wie sollte er Lia vergessen, wenn jeder
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