Julia Extra Band 0309
Sie zerknüllte den Vertrag und schleuderte ihn Alexander an die Brust. „Raus hier! Auf dem Grundstück wird ein Park angelegt, genau gegenüber der Klinik, in der meine Schwester gestorben ist. Ich würde eher sterben, bevor ich zulasse, dass du in Olivias Park Wolkenkratzer baust.“
Verärgert biss er die Zähne zusammen. „Du machst etwas Persönliches daraus, obwohl es hier nur um ein Geschäft geht. Wenn du keine Sympathien für mich hegst – auch gut. Dann hole zumindest jeden Penny aus mir heraus, den du kriegen kannst. Verlange von mir, dass ich mein Angebot verdopple …“
„Zu spät.“ Ein hysterisches Lachen wollte in ihrer Kehle aufsteigen. „Die Papiere mit der Stadt sind längst unterzeichnet. Das habe ich noch erledigt, bevor ich aus New York abgeflogen bin.“
Lia sah Wut und so etwas wie Trauer über seine Miene huschen. Sie hatte ihn verletzt und verhindert, dass er etwas bekam, das er unbedingt haben wollte.
Und sie war froh darum. Wünschte, sie könnte ihm noch mehr antun. Ihn so verletzen, wie er sie verletzt hatte. „Deinetwegen hat mein Vater alles verloren, jeden Penny, den wir besessen haben“, flüsterte sie erstickt. „Wir konnten die Behandlung für meine Schwester nicht mehr bezahlen, meine Mutter ertrug den Verlust ihres Mannes und ihrer Tochter nicht. Sie sind alle tot – und das ist deine Schuld!“
„Dein Vater trägt die Schuld“, widersprach er kalt. „Er war ein unfähiger Narr. Er hätte keine Familie gründen sollen, wenn er nicht in der Lage ist, sich um sie zu kümmern.“
Lia holte aus. Alexander fasste sich schockiert an die Wange, dorthin, wo ihre Handfläche gelandet war. „Wie kannst du es wagen, so über meinen Vater zu reden!“, zischte sie hasserfüllt.„Du hast mich verführt, um gefühllose Wolkenkratzer zu bauen. Und dann nennst du meinen Vater einen Narren? Er hat uns geliebt! Er war ein besserer Mann, als du es je sein wirst.“
Alexander reckte die Schultern, richtete sich steif auf, die Fäuste geballt auf die Hüfte gestemmt. Mehrere Sekunden lang verhakten sich ihre wütenden Blicke. Lia hörte nur den eigenen heftigen Atem und das Zwitschern der Vögel in den Büschen.
Dann brach Alexander das Schweigen. „Nun, ich habe dich gehabt. Und da es zu spät ist, um das Land von dir zu bekommen, gibt es auch nichts mehr zwischen uns zu bereden. So interessant bist du nun auch wieder nicht, dass ich noch eine weitere Sekunde meiner wertvollen Zeit auf dich verschwende.“ Er schnappte sich den Aktenkoffer und ging auf das Gartentor zu. „Sag mir Bescheid, falls unser kleines Intermezzo Konsequenzen gehabt haben sollte“, warf er kalt über die Schulter zurück.
Erst als sie allein war, schluchzte Lia verzweifelt auf. Sie schlug die Hände vors Gesicht und ließ sich im weichen Gras auf die Knie sinken, weinte um ihre Familie und um sich selbst.
Sie hatte ihre Unschuld an den Mann verloren, der ihre Familie zerstört hatte.
Vier Monate nach jenem Tag im Juni hatten sie nichts mehr besessen. Ihr komplettes Vermögen war liquidiert worden, um Schulden zu tilgen. Ihr Vater war in der winzigen Zweizimmerwohnung in Burbank, die sie angemietet hatten, an einem Herzinfarkt gestorben.
Giovanni war aus Italien zur Beerdigung gekommen. Er hatte gesehen, wie die achtzehnjährige Lia versuchte, ihrer Schwester zu helfen, hatte die Ehefrau seines alten Freundes vor Trauer dem Wahnsinn verfallen sehen. Am nächsten Morgen machte er Lia einen Heiratsantrag.
„Dein Vater hat mir einst das Leben gerettet, da war ich kaum älter als du. Ich wünschte, er hätte mir etwas von seinen Problemen gesagt.“ Tränen hatten in seinen Augen gestanden. „Aber jetzt kann ich mich um euch alle kümmern. Heirate mich, Amelia. Werde meine Contessa.“
„Dich heiraten?“, hatte Lia damals fassungslos wiederholt. So nett der Conte auch war … er war dreimal so alt wie sie!
„Nur auf dem Papier.“ Er war rot geworden. „Meine Frau, mit der ich fünfzig Jahre lang verheiratet war, ist letztes Jahr verschieden. In meinem Herzen wird Magdalena immer weiterleben. Ich erwarte von dir nicht mehr als deine Gesellschaft, deine Freundschaft und die Chance, meine Schulden einem Mann zurückzuzahlen, der nicht mehr lebt. Er war mein Freund, und ich wusste nicht einmal, in welchen Schwierigkeiten er steckt. Deine Mutter ist zu stolz, um Hilfe von mir anzunehmen. Aber wenn sie glaubt, dass es deine eigene Wahl ist …“
Also nahm Lia den Antrag an und heiratete ihn.
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