Julia Extra Band 0309
Augen. Sie zwang sich zu einem Lächeln, als sie zu Ruby schaute, die auf dem Teppich im Wohnzimmer lag und fröhlich Bauklötze aneinanderschlug. „Mir geht es gut, wirklich. Ich … ich bin nur etwas traurig.“
„Oh Liebes! Es ist jetzt schon anderthalb Jahre her. Er würde es nicht gutheißen, dass Sie so weitermachen.“
Mrs. O’Keefe dachte natürlich, Lia weine um Giovanni. Aber wie sollte Lia ihr erklären, dass sie um Rubys wahren Vater trauerte, einen Mann, der sehr lebendig war, der aber weder Interesse an einer Tochter noch an einer Ehefrau oder einem Heim hatte.
„Deshalb weine ich nicht“, hob sie leise an. „Es ist … jemand anders.“
„Jemand anders?“ Die Irin richtete erstaunt den Blick auf Lia. „Wer?“
Lia schüttelte nur den Kopf. Sie weinte um einen Mann, der ihr niemals vergeben würde, wenn er die Wahrheit herausfand.
Aber er würde die Wahrheit nicht herausfinden. Alexander war unterwegs nach Asien. Sie würde ihn nie wiedersehen. Und sie war froh darum. Froh und glücklich.
Oder?
Nein, sie war nicht froh und glücklich. Als sie feststellte, dass sie schwanger war, da hatte sie Alexander mit ganzer Inbrunst gehasst. Sie war der festen Überzeugung gewesen, dass sie ihre Tochter nur lieben konnte, wenn sie den Vater komplett aus ihrer Erinnerung verbannte. Doch von jetzt an würde sie, jedes Mal, wenn sie ihre Tochter anschaute, das genaue Gegenteil von Hass empfinden. Sie würde immer daran denken müssen, wie er sie gebeten hatte, bei ihm zu bleiben.
Und daran, wie sie ihn abgewiesen hatte.
Wie sie ihn angelogen hatte.
Hör auf damit, ermahnte sie sich und wischte sich unwirsch die Tränen von der Wange.
Ruby brabbelte glücklich vor sich hin und hielt ihrer Mutter einen von den Holzklötzen mit aufgedruckten Buchstaben hin. Auf diesem hier stand ein „L“.
„L steht für Liebe“, sagte sie leise und lächelte unter Tränen. Sie drückte ihre Kleine an sich. Ruby würde nur das Beste von allem bekommen. Die besten Schulen, das beste Zuhause in New York und in Italien, die besten Kleider. Und die beste Mutter, die sie immer über alles lieben würde.
Nur eines gab es da, was Lia ihrer Tochter nicht bieten konnte.
„Grämen Sie sich nicht“, sagte Mrs. O’Keefe tröstend. „Sie dürfen sich nicht schuldig fühlen. Der Conte wird Sie bestimmt nicht vom Himmel aus verfluchen, wenn Sie jemand anderen finden. Sie sind jung, Sie brauchen einen Mann an Ihrer Seite. Und Ihr Mädchen braucht einen Vater, der lebendig ist und es lieben kann.“
Lia sah zu Mrs. O’Keefe, dann zu ihrer Tochter.
Ruby hatte einen Vater, der lebendig war.
Oh Gott, dachte sie plötzlich. Was habe ich nur getan?!
Sie hatte sich vorgemacht, dass sie Alexander und Ruby nur zum Besten aller Beteiligten voneinander fernhielt. Aber war das nicht eine eigennützige Lüge?
Alexander konnte sich ändern. Das hatte er schon bewiesen, als er um ihre Hand anhielt. Dabei wollte er doch eigentlich niemals heiraten.
Er hatte auch gesagt, dass er nie Vater werden wolle. Aber vielleicht würde er ja auch hierzu seine Meinung ändern, wenn er nur von Ruby wüsste. Vielleicht hätte er nur einen Blick auf sie zu werfen brauchen, um Vater sein zu wollen.
Sie musste auch an ihre Tochter denken. Es war unwichtig, ob er sie hassen würde, weil sie ihm die gemeinsame Tochter verheimlicht hatte. Wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass er Ruby ein Vater sein wollte, dann hatte sie keine andere Wahl.
Sie musste ihm die Wahrheit sagen.
„Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, dass ich so freimütig mit Ihnen rede.“ Tränen der Rührung standen in Mrs. O’Keefes Augen. „Aber ich habe in Ihnen immer die Tochter gesehen, die ich nie hatte …“
Langsam stand Lia vom Boden auf. „Danke“, flüsterte sie. „Und Sie haben völlig recht.“
Es klingelte an der Haustür. Mrs. O’Keefe räusperte sich verlegen. „Ich gehe öffnen. Wahrscheinlich ist es der neue Buggy, den ich bestellt habe.“
Während Mrs. O’Keefe zur Haustür ging, griff Lia nach dem Telefon und wählte die Nummer des Cavanaugh Hotels. Am Empfang konnte man ihr jedoch nur mitteilen, dass Mr. Navarre vor einer Stunde ausgecheckt habe.
Lia unterbrach die Verbindung. Sie war zu spät gekommen!
„Ich bin hier, um mit der Contessa zu reden“, hörte sie da eine männliche Stimme an der Haustür.
Alexander! Das Telefon rutschte Lia aus den Händen und fiel scheppernd zu Boden.
Die grauhaarige Haushälterin schaute
Weitere Kostenlose Bücher