Julia Extra Band 0309
Theo schneidend zurück. „Nämlich daran, dass du mich hintergangen hast.“
„Und das tut mir ja auch leid. Wirklich.“Tief in ihrem Inneren wusste Kerry jedoch, dass es müßig war, sich für Dinge zu entschuldigen, die so lange zurücklagen.
Noch dazu, da sie sich jetzt eines viel schwereren Vergehens schuldig machte.
Sie enthielt Theo seinen Sohn vor.
Eine Woge der Trauer überschwemmte Kerry. Was tue ich da nur, überlegte sie verzweifelt. Ich lasse meinen Sohn im Stich – und gleichzeitig verheimliche ich seinem Vater, dass er ein Kind hat. Oh Gott, was soll ich nur tun?
6. KAPITEL
Mit weit ausholenden Schritten stürmte Theo den Berg hinunter. Der Zorn schien ihn noch zusätzlich anzutreiben, sodass Kerry kaum mit ihm Schritt halten konnte.
Typisch! Statt dass er sich meinem Tempo anpasst! Aber da kann er lange warten, bis ich ihn darum bitte. Immer noch fühlte sie sich zittrig … und das bezog sich nicht nur auf ihre Beine. Sie strich sich die Haare aus der erhitzten Stirn. Dann dachte sie an Lucas, und ihr Herz durchzuckte ein dumpfer Schmerz.
Warum muss ich ihn nur vor Theo geheim halten?, dachte sie. Aber zu groß war ihre Angst, dass es ihr wie Hallie erging.
Andererseits hatte die Erfahrung sie gelehrt, dass es nur Kummer und Sorgen brachte, wenn man mit einem Geheimnis lebte. Sie selbst hatte das leidvoll erfahren müssen.
Unvermittelt stiegen ihr die Tränen in die Augen. Wie sehr wünschte sie sich, Theo gegenüber offen und ehrlich sein zu können, aber sie hatte einfach zu viel Angst vor den möglichen Konsequenzen.
Plötzlich rutschte sie auf dem losen Geröll aus. Sie schrie auf und versuchte krampfhaft, die Balance wiederzuerlangen – vergeblich.
Mit einem Satz war Theo an ihrer Seite.
„Kerry! Kerry, ist alles in Ordnung?“ Besorgt beugte er sich über sie. Mühsam hob sie den Kopf.
Noch vor einer Sekunde hätte sie geschworen, dass sie ihm völlig gleichgültig war, und jetzt … Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
„Es … es geht schon wieder.“ Sie versuchte, sich aufzurichten, aber es wollte ihr nicht gelingen.
Theo kniete sich neben sie. Sanft nahm er sie bei den Schultern und half ihr, sich hinzusetzen. „Ist wirklich alles okay?“, fragte er erneut.
Kerry wich seinem Blick aus. Sie wollte nicht, dass er ihre Tränen sah. „Ich bin nur gestolpert. Wirklich. Es ist nicht so schlimm.“ Verlegen senkte sie den Kopf. „Ich bin eben keine Bergtouren gewohnt.“
„Dann hättest du darauf bestehen sollen, dass wir länger Pause machen“, entgegnete er scharf. „Das ist wieder typisch für dich. Es hätte wer weiß was passieren können, und dann …“
„Du machst dir doch nur Sorgen darüber, wie teuer der Helikopter werden würde, falls mein Fuß verstaucht wäre.“
„Wenn dein Fuß verstaucht wäre, würde ich dich höchstpersönlich den Berg hinuntertragen.“
Plötzlich stieg eine maßlose Wut in Kerry auf. Zornig funkelte sie Theo an. Mein Gott, dachte sie, ich bin eben nicht mehr dieses Weibchen, das widerspruchslos jedem seiner Schritte folgt. Au ßerdem habe ich in den letzten Monaten wirklich anderes zu tun gehabt, als Konditionstraining zu machen. Ich konnte ja nicht wissen, dass Theo auftauchen und mich einen Berg hinaufjagen würde .
„Zum Glück ist das ja nun nicht nötig“, erwiderte sie kühl. „Lass uns weitergehen. Ich denke, du hast es so eilig.“
Stirnrunzelnd betrachtete Theo sie. Offensichtlich fiel die Prüfung zu ihren Gunsten aus, denn er erhob sich.
„Na gut. Aber jetzt gehen wir etwas langsamer. Du solltest dir das Gesicht abwischen, es ist ganz schmutzig.“
Kerry fuhr sich mit den Fingern über die Wangen. „Stimmt, du brauchst mich ja … es würde bestimmt keinen guten Eindruck auf Drakon machen, wenn er mich so verdreckt zu Gesicht bekommen würde, nicht wahr?“
Der Rest des Tages schien sich endlos zu dehnen. Als sie zur Mittagszeit zurückkehrten, stellte sich heraus, dass es Drakon noch nicht gut genug ging, um aufzustehen und mit ihnen zu essen. Theo zog sich daraufhin mit seinem Laptop zurück, um noch etwas zu arbeiten, und Kerry setzte sich auf die Terrasse und las ein Buch.
Es war ein ruhiges und idyllisches Plätzchen, aber es gelang ihr nicht, sich zu entspannen. Immer wieder schweiften ihre Gedanken zu Lucas, und sie fragte sich, ob sie nicht einen schrecklichen Fehler beging.
Es war eine Sache, Lucas’ Existenz zu verheimlichen, als zwischen ihr und Theo Tausende von Kilometern lagen,
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