Julia Extra Band 0309
eigenen Vater hatte Kerry nie kennengelernt. Nie hatte sie erlebt, wie es war, von einem Vater behütet und geliebt zu werden. Sollte es ihrem Kind genauso ergehen?
„Lucas braucht uns beide“, fuhr Theo fort. „Er braucht seinen Vater und seine Mutter. Auch wenn du dich – in meinen Augen – unverzeihlich verhalten hast, ist mir klar, wie sehr du Lucas liebst. Aber ich liebe ihn auch, und ich will, dass es ihm gut geht. Und das lässt nur eine Lösung zu: Wir müssen heiraten.“
Kerry schluckte die Tränen herunter. Einen Moment zögerte sie noch, dann gab sie sich einen Ruck.
„Von mir aus. Ich bin einverstanden. Ich werde dich heiraten.“
Am nächsten Tag flogen sie zurück nach Griechenland, auf die Privatinsel des Diakos-Clans. Theo war der Meinung, in der Abgeschiedenheit der Familienresidenz könnten Vater und Sohn sich am besten näherkommen.
Die einzige Verschnaufpause, die Kerry am ersten Tag auf der Insel vergönnt war, dauerte gerade einmal eine Viertelsunde, in der Theo telefonierte, um sich nach Drakons Gesundheitszustand zu erkundigen. Offensichtlich war er nach wie vor wild entschlossen, dessen Insel zu kaufen.
Schon am nächsten Tag jedoch wurde Theos Absicht, so viel Zeit wie möglich mit seinem Sohn zu verbringen, durchkreuzt. Dringende Geschäfte riefen ihn zurück nach Athen, und er musste unverzüglich abreisen. Erleichtert sah Kerry dem Hubschrauber nach. Endlich fiel die Anspannung der letzten Tage von ihr ab.
Sie beschloss, mit Lucas schwimmen zu gehen. Hinter dem Anwesen lag ein riesiger Swimmingpool, in dem Theo unermüdlich seine Bahnen zog, wenn er da war. Daneben gab es auch ein kleineres Kinderbecken.
Kerry hatte Sara, die Haushälterin, gebeten, ihr einen Badeanzug herauszulegen, aber als sie sich umziehen wollte, lagen nur Bikinis auf dem Bett. Missmutig betrachtete Kerry die Auswahl. Sie zeigte sich gar nicht gern in einem zweiteiligen Badeanzug, da sie immer noch nicht wieder ihre frühere Figur hatte. Außerdem hatte die Schwangerschaft ihren Tribut gefordert: Über ihren Bauch liefen rote Schwangerschaftsstreifen.
Unschlüssig überlegte sie, ob sie auf das Bad verzichten sollte, beschloss dann aber, Lucas die Freude nicht zu verderben, und zog einen der Bikinis an. Es sieht mich ja niemand, dachte sie. Dann nahm sie ihren Sohn auf den Arm und ging mit ihm hinaus.
Das Wasser war wundervoll, angenehm temperiert und kristallklar. Laut quietschend strampelte Lucas mit den Beinchen, als sie ihn durch das Bassin zog. Sicher wird er einmal ein guter Schwimmer, dachte Kerry, ganz wie sein Papa.
Nachdem Lucas ausgiebig geplanscht hatte, trug sie ihn zu der obersten Stufe des Beckens und setzte ihn darauf. Sie selbst setzte sich daneben, damit sie ihn gut halten konnte, während er mit einem kleinen Boot spielte.
Das Boot muss Nicco gehören, überlegte Kerry. Wieder dachte sie an jene verhängnisvolle Nacht damals in Athen. Ihr grauste schon vor dem Augenblick, wenn sie Corban und Hallie begegnen würde. Aber momentan bereisten die beiden Europa. Das ließ ihr noch eine Galgenfrist bis zum unvermeidlichen Zusammentreffen.
Abwesend gab sie Lucas das Boot zurück, das ein Stück davongeschwommen war.
Ständig musste sie über ihre Entscheidung nachdenken, Theo zu heiraten. Kerry hoffte von ganzem Herzen, richtig zu handeln. Wenn Theo die Situation nun dazu benutzte, um sie aus Lucas’ Leben hinauszudrängen? Aber irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass er zu einer solchen Gemeinheit fähig sein würde.
Die Situation mit Hallie damals war schließlich eine völlig andere gewesen. Theo hatte sich Sorgen um Nicco gemacht. Obwohl Kerry diese drastische Maßnahme – einer Mutter ihr Kind wegzunehmen – nicht billigte, verstand sie doch seine Motivation. Ich darf Theo einfach nie Anlass geben, an meiner Fähigkeit zu zweifeln, für Lucas zu sorgen.
Plötzlich erfüllte ein lautes Knattern die Luft. Der Hubschrau ber! Das hieß, dass Theo zurück sein musste. So in ihre Gedanken vertieft, hatte sie ihn gar nicht landen hören. Jetzt erhob er sich bereits wieder in die Luft.
„Es ging schneller, als ich erwartet hatte“, ertönte da auch schon seine Stimme unmittelbar hinter ihr. Erschrocken fuhr Kerry herum.
„Hallo!“ Sie legte den Kopf in den Nacken, um Theo ins Gesicht blicken zu können. Obwohl er lässig gekleidet war und die Sonnenbrille und seine vom Wind zerzausten Haare ihm etwas Verwegenes gaben, wirkte er völlig abweisend. Die alte Furcht
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