Julia Extra Band 0313
waren nirgends zu sehen.
„Allegra!“
Das Schlagen einer Tür war die einzige Antwort. Er rannte zum Ausgang und sah sie gerade noch ins Haus laufen. Der Regen begann wieder zu prasseln, und der Wind frischte erneut auf, als Miguel das Badehaus verließ und Allegra in den Schutz des Hauses folgte.
Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um zu ihr zu gehen. Erst musste er sich sammeln und sich überlegen, was er mit seiner Frau zu tun gedachte.
Sollte sie ruhig glauben, sie sei ihm im Moment entkommen. Bald genug würde sie feststellen, dass er noch lange nicht fertig mit ihr war.
Weder im Bett noch außerhalb.
Mit rasendem Puls schreckte Allegra aus dem Schlaf auf. So häufig, wie es passierte, sollte sie inzwischen daran gewöhnt sein. Doch dieses Mal war es schlimmer. Vielleicht, weil sie Cristobels Grab gesehen hatte. Vielleicht, weil sie mit Miguel geschlafen hatte.
Vorsichtig streckte sie sich in dem großen Bett und spürte Muskeln, die seit Monaten nicht mehr beansprucht worden waren. Sie hatte sich mit Miguel so frei gefühlt.
Das Blut schoss ihr ins Gesicht, als sie an gestern zurückdachte.
Wenn er es doch nur in seinem Herzen fühlen könnte! Doch für Miguel war es nur Sex gewesen, nicht mehr. Würde sie ihm irgendetwas bedeuten, hätte er sie damals nicht wie eine Gefangene auf der Hazienda allein gelassen. Mit seiner Mutter. Er hätte sie nicht aus seinem Leben ausgeschlossen.
Gestern war sie schmerzhaft daran erinnert worden, wie wunderbar ihr Sexleben mit Miguel gewesen war. Und wie stur er sich weigerte, ihr Glauben zu schenken.
Er beharrte darauf, dass sie eine Affäre mit Amando gehabt hätte. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt liegen, doch er verschloss sich jeder Erklärung. Vielleicht, weil er nicht hören wollte, dass er die Maya im Stich gelassen hatte, die aus Guatemala flüchteten. Sein Stolz würde nicht zulassen, anzuerkennen, dass seine englische Ehefrau sich der Hilfsbedürftigen angenommen hatte.
Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es bereits halb zehn war. So lange hatte sie seit Monaten nicht geschlafen.
Allegra stand auf und ging ins Bad. Eine halbe Stunde später verließ sie sorgfältig gekleidet das Zimmer. Was würde dieser Tag für sie bereithalten?
Als sie das Frühstückszimmer betrat, setzte ihre Schwiegermutter die feine Kaffeetasse ab und blickte sie kalt an. „Du bist hier nicht willkommen.“
Allegra zuckte mit keiner Wimper. „Wo ist Miguel?“
Quintilla schnaubte leise. „Er sagte, er will überprüfen, welche Schäden der Sturm in Tumbenkahal angerichtet hat.“
„Wann kommt er zurück?“
„Das weiß ich nicht. In ein oder zwei Tagen, nehme ich an.“ Señora Barrosa strich mit den Fingern über das makellos weiße Tischtuch. Ohne Miguels Anwesenheit brauchte sie ihren Grimm nicht zu zügeln. „Miguel sagte, du hast vor, das Strand-haus zu verkaufen.“
„Ja.“ Mehr würde sie diese harte Frau sicherlich nicht wissen lassen.
Ihre Schwiegermutter betrachtete sie abwägend, wie eine Königin einen niederen Untertanen betrachten würde. „Ich gebe dir das Doppelte, wenn du sofort abfährst und nie wieder nach Mexiko zurückkommst.“
Etwas blitzte in Allegras Erinnerung auf und verschwand sofort wieder. Dennoch hatte Allegra das Gefühl, ein solches Angebot schon einmal bekommen zu haben. „Mexiko ist ein großes Land“, erwiderte sie tonlos.
Quintillas Lippen wurden schmal. „Natürlich. Dann sage zu, dich von derYucatán-Halbinsel fernzuhalten, und das Geld gehört dir.“
Ein solcher Preis wäre genug, um ihr den Start in ein neues Leben zu ermöglichen und ein angenehmes Polster im Rücken zu haben.
Wenn sie jetzt verschwand, wäre Miguel sicherlich so wütend, weil sie ihm die Möglichkeit zu seiner Rache genommen hatte, dass er sofort in die Scheidung einwilligen würde.
Sie wäre endlich frei.
Und doch lehnte sie es ab, Geld von ihrer Schwiegermutter anzunehmen. Nicht nur, weil sie der bösartigen Alten den Gefallen nicht tun wollte, sondern weil sie den Ausdruck in Miguels Augen gesehen hatte, als ihm bewusst wurde, dass man ihn hinsichtlich Allegras Zustand angelogen hatte.
„Danke, aber ich verzichte auf das Angebot.“
Señora Barrosas dunkle Augen blitzten auf. „Närrin! Hier gibt es nichts mehr für dich!“
„Meine Tochter liegt hier begraben.“
„Woher diese plötzliche Anwandlung? In sechs Monaten hast du ihr Grab kein einziges Mal besucht.“
„Weil ich keine Möglichkeit zu reisen
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