Julia Extra Band 0313
Aber ohne Millie konnte und wollte er nicht leben.
Verzweifelt ging er hinauf zu seinem Dachgarten und ließ den Blick über die Dächer Londons schweifen. Wie komme ich aus dieser Zwickmühle wieder heraus?, überlegte er.
Das Aufheulen eines Motors unten im Hof durchbrach plötzlich die Stille. Leandro zuckte zusammen und lief nach unten. Die Haushälterin kam ihm schon entgegen. Die arme Frau war völlig aufgelöst.
„Was ist los? Schon wieder diese Journalisten?“, fragte Leandro, obwohl er instinktiv wusste, was passiert war.
„Ihre Frau ist verschwunden“, berichtete die Haushälterin. „Sie ist durchs Haus gelaufen und hat gerufen: ‚Tu mir das nicht an!‘. Dann ist sie in Ihrem Wagen davongerast. Fast hätte sie die wartenden Journalisten überfahren.“
Sie war fort.
Tu mir das nicht an?
„Ist ihr einer der Leibwächter gefolgt?“
„Nein, es ging alles zu schnell.“
Als er daran dachte, was passiert war, als Millie beim letzten Mal völlig aufgelöst davongerast war, wurde ihm schwindlig.
Verflixt, er hätte sie nicht allein lassen dürfen! Verzweifelt fuhr er sich durchs Haar, ging in sein Arbeitszimmer und gab dem Sicherheitsteam telefonische Anweisungen. Dann fing er an, sich zu betrinken.
Nach dem dritten Glas kam er zu der Erkenntnis, dass das auch keine Lösung war.
Warum hatte er auf der ganzen Linie Erfolg, versagte aber völlig, wenn es um Millie ging?
Erschöpft und besorgt stieß Millie die Tür zu Leandros Arbeitszimmer auf.
Ihr Mann hatte sich auf einem Sessel ausgestreckt – das dunkle Haar zerzaust, das Hemd verknittert, das Gesicht unrasiert.
„Leandro?“, fragte sie leise.
Widerstrebend schlug er die Augen auf und lachte hohl.
„Hast du etwas vergessen?“
Was für eine seltsame Frage! „Alles“, antwortete sie leise und machte die Tür zu. Es war ja nicht nötig, das ganze Haus zu wecken. „Ich war so aufgelöst, dass ich nichts mitgenommen habe.“
„Ich weiß. Die Haushälterin hat dich gehört.“
„Du warst sicher überrascht.“
„Nein, ich wusste ja, wie sehr du dich aufgeregt hast. Ich verstehe nur nicht, dass du zurückgekommen bist.“
Erst jetzt bemerkte sie die Flasche und das leere Glas auf dem Tisch neben ihm und sah auch, wie müde und erschöpft er wirkte. So hatte sie ihn noch nie gesehen. „Wieso hätte ich nicht zurückkommen sollen?“
„Das ist doch offensichtlich.“
„Ich verstehe kein Wort. Wieso betrinkst du dich? Ich verstehe ja, dass du dir Sorgen machst, aber es wird alles wieder gut.“
„Unsinn. Es wird immer wieder passieren, Millie.“
„Nein, sie haben gesagt, dass es nur einmal auftritt.“
„Du machst dir etwas vor.“
„Warum? Der Arzt machte einen sehr kompetenten Eindruck auf mich.“
„Welcher Arzt?“
„Der Arzt im Krankenhaus, in das ich ihn gebracht habe. Vielleicht habe ich etwas überreagiert, aber ich hatte Angst, dass es lebensbedrohlich sein könnte. Da ich dich nirgends finden konnte, habe ich ihn eben selbst ins Krankenhaus gebracht. Gerade nach einem solchen Tag hätte ich mir etwas mehr Mitgefühl und Unterstützung von dir gewünscht.“ Verletzt wandte Millie sich zum Gehen. „Ich muss ins Bett. Ich schlafe bei Costas, falls er mich braucht.“
„Moment mal!“ Leandro musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. „Ich verstehe kein Wort. Was wolltest du beim Arzt?“
„Hast du wirklich keine Ahnung, was passiert ist, Leandro?“ Sie konnte es kaum glauben.
„Nein.“
„Aber du musst doch …“ Plötzlich begriff sie. „Du hast gedacht, ich wäre wieder fortgelaufen.“
„Ja.“
„Wie kommst du nur auf so eine Idee?“ Millie baute sich vor ihm auf und streckte die Hand aus. „Gib mir dein Handy!“
„Ich weiß nicht, wo es ist. Seit du mir eingeschärft hast, es im Haus nicht mehr zu benutzen, verlege ich es ständig.“
„Typisch! Wenn man dich einmal braucht.“ Sie ging zum Schreibtisch und tastete unter Papierstapeln nach dem Telefon. „Hier ist es.“ Sie warf es ihm zu. „Schalte es ein!“
„Okay.“
„Und nun hör die Mailbox ab – so, dass ich mithören kann.“
Er stutzte, gehorchte jedoch und hörte Millies aufgeregte Stimme.
„ Wo bist du, Leandro? Costas ist krank, ich bringe ihn ins Krankenhaus. Ruf mich an, wenn du das abgehört hast, und komm ins Krankenhaus.“
Millie zog die Augenbrauen hoch und nahm ihm das Handy ab. „So geht das nicht, mein Lieber. Wenn unser Baby da ist, erwarte ich mehr Unterstützung von dir. Du behältst
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