Julia Extra Band 0313
ihn unglaublich attraktiv!
Dagegen musste sie schnellstens etwas unternehmen, wenn ihr das innere Gleichgewicht erhalten bleiben sollte. Ein kleines Kompliment, und ihr wurden beinah die Knie weich. So konnte das nicht weitergehen.
Sie durfte nicht vergessen, dass sie schwanger war – und Ricardo nur ihr Reisebegleiter.
Nach dem einfachen, aber ausgezeichneten Mittagessen fuhren sie weiter Richtung Amalfi, auf einer zweispurigen Straße, die sich an den steilen felsigen Hang schmiegte. Weit unten schimmerte das Mittelmeer.
„Das ist also die berühmte Küstenstraße von Amalfi?“, erkundigte sich Lyssa und erschrak, als ihnen in einer engen Haarnadelkurve laut hupend ein Bus entgegenkam.
„Ja. Ist die Aussicht nicht spektakulär?“ Ricardo klang richtig stolz.
„Ja, schon. Nur … wie viele Kurven kommen denn noch?“
Kurz sah er amüsiert zu ihr. „Ich dachte, Sie wären eine furchtlose Reisende?“
„Schauen Sie nicht mich an, sondern die Straße!“, rief sie scharf und entschuldigte sich gleich darauf. „Tut mir leid, aber, bitte, konzentrieren Sie sich aufs Fahren.“
Mit einer Hand klammerte sie sich an den Sitz, die andere legte sie über den Magen, in dem es zu rumoren anfing, sobald sie in die Tiefe blickte.
„Sie machen sich wirklich Sorgen“, stellte Ricardo erstaunt fest.
„Ich fühle mich nicht gut“, erklärte sie ausweichend.
Für Reisekrankheit konnte man ja nichts!
Am liebsten hätte sie ihn gebeten, umzudrehen und eine andere Route zu nehmen, aber auf dieser halsbrecherischen Straße war an ein Wendemanöver natürlich nicht zu denken.
„Dauert es noch lange?“, fragte Lyssa kleinlaut.
„Nein, es ist bald vorbei“, tröstete er. „Und keine Angst, ich bin ein guter Fahrer.“
„Ich weiß.“ Dennoch kämpfte sie weiterhin gegen ihr Unwohlsein, als Ricardo in mäßigem Tempo und ohne quietschende Reifen eine weitere Kurve nahm. „Ich habe nichts gegen Ihren Fahrstil, nur gegen diese Straße!“
Kurz nahm er eine Hand vom Steuer und legte sie über ihre. „Ich passe schon gut auf Sie auf.“
Lyssa war froh, als er das Steuer wieder mit beiden Händen umfasste … obwohl die Berührung tatsächlich beruhigend gewirkt hatte.
„In der Hauptsaison ist es viel schlimmer“, erklärte Ricardo. „Da ist die Straße voller ausländischer Busse.“
Sie dankte ihrem Schicksal, den Auftrag für ihren Artikel jetzt im Mai bekommen zu haben. Wie es hier im Juli zuging, wollte sie sich lieber gar nicht ausmalen.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit bog Ricardo von der Straße ab und fuhr durch einen Obstgarten zu einem niedrigen weißen Hotel inmitten einer gepflegten Gartenanlage.
„Sie sind ja ganz blass“, stellte er fest, als sie ausstiegen.
Rasch umfasste er ihren Ellbogen und führte sie, die andere Hand auf ihren Rücken gelegt, ins angenehm kühle Hotel.
Ricardo erledigte die Formalitäten, dann brachte er sie auf ihr Zimmer.
„Sie sollten sich eine Weile hinlegen“, empfahl er.
Dass er sich wirklich Sorgen machte, sah Lyssa ihm an. Sie hätte sich gern für seine Hilfe bedankt, aber sie fühlte sich zu elend, um zu sprechen. Also nickte sie nur, und er ließ sie allein.
So übel war ihr noch nie im Leben gewesen. Lag es an der überstandenen Fahrt oder an der Schwangerschaft?
Wie auch immer, nun musste sie sehen, dass sie schleunigst ins Bad kam!
Als das Schlimmste überstanden war, wusch sie sich das Gesicht. Dann ging sie zurück ins Zimmer und streckte sich auf dem Bett aus.
Kurz darauf war sie eingeschlafen.
Einige Stunden später wachte Lyssa auf und stellte erleichtert fest, dass ihr nicht mehr übel war. Nachdem sie geduscht und sich umgezogen hatte, fühlte sie sich wieder wie neu.
Sie ging auf die Hotelterrasse, wo Ricardo als einziger Gast saß. Er stand auf und kam ihr entgegen. Sein Ausdruck war so besorgt, dass sie beruhigend lächelte.
„Es geht mir wieder gut“, versicherte sie, bevor er überhaupt gefragt hatte. „Oh, das ist ja eine wunderbare Aussicht!“
Sie ging zur Brüstung der Terrasse und stellte fest, dass diese wie eine Plattform über die Klippen ragte. Tief unten schimmerte das Meer in allen möglichen Blautönen, rosa Blüten überzogen die Felsen wie ein Teppich.
Obwohl sie es gewohnt war, schöne Ausblicke zu beschreiben, fehlten ihr jetzt die Worte. Sie hätte nicht einmal die genaue Farbnuance des spiegelglatten Meers benennen können. Am Horizont verschmolz es mit dem wolkenlosen Himmel.
Kleine Buchten, manche so
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