Julia Extra Band 0313
behaupten. Es gibt so viele Erfahrungen zu machen.“
„Nicht alle sind angenehm“, gab er zu bedenken.
„Richtig, aber die meisten schon. Und die anderen gehören dazu, wenn man nicht nur älter, sondern auch reifer und stärker werden will“, behauptete sie.
„Trotzdem würde ich sie gern vor allem Unangenehmen bewahren“, beharrte er.
„Das ist sehr lieb von Ihnen, aber glauben Sie mir, Ricardo, Ihre Schwestern würde es Ihnen nicht danken!“
„Auf Dank bin ich ja gar nicht aus.“ Nochmals seufzend betrachtete er das Bild der beiden Mädchen, dann klappte er das Handy zu. „Was würden Sie morgen gern unternehmen, Lyssa?“
Lyssa lag entspannt auf einer Liege am Pool und blickte durch die Zwischenräume der Pergola in den blauen Himmel. Wieder wollte ihr die richtige Bezeichnung für den Farbton nicht einfallen. Azur war zu poetisch, Vergissmeinnichtblau zu simpel. Nachdenklich tippte sie mit dem Bleistift gegen ihre Lippen, als plötzlich ein Schauer kalter Wassertropfen auf sie spritzte.
„Pfui, wie hinterhältig“, rief sie gespielt empört. „Wollen Sie so Ihre Kundin beeindrucken?“
Ricardo stützte sich auf den Beckenrand und lächelte so jungenhaft, dass ihr Herz einen kleinen Sprung machte.
Lyssa seufzte. Sie hatte wirklich versucht, sich auf ihre Notizen zu konzentrieren statt auf Ricardo mit seinem durchtrainierten, braungebrannten Körper. Nun hielt er sie doch noch vom Arbeiten ab.
„Warum kommen Sie nicht auch schwimmen?“, fragte er.
„Weil ich zu arbeiten habe.“
Er zuckte die breiten Schultern. „Dazu ist später noch Zeit.“
Da hatte er recht! Lyssa legte Block und Bleistift auf den Beistelltisch und seufzte. Sie hatte wirklich versucht, sich ganz professionell zu verhalten und der Verlockung zu widerstehen, aber es gab für alles Grenzen.
Vor allem für ihren Arbeitseifer.
Sie stand auf, sah sich kurz um, ob auch niemand im Weg war, und nahm Anlauf. Vom Beckenrand aus sprang sie in einem eleganten Bogen über Ricardo hinweg ins Wasser.
Als Australierin hatte sie ungefähr die Hälfte ihres Lebens in Pools verbracht und fühlte sich nun ganz in ihrem Element.
„Donnerwetter, Sie wissen, wie man Wellen schlägt“, lobte Ricardo, als sie neben ihm auftauchte. „Was für ein Sprung.“
„Sie hatten doch nicht erwartet, dass ich ganz zahm die Leiter hinunterklettere, oder?“
„Ich weiß gar nicht mehr, was ich alles von Ihnen erwarten kann. Sie überraschen mich immer wieder, Lyssa.“
Bei diesen Worten spürte sie kurz Schmetterlinge im Bauch, aber sie achtete nicht darauf.
„Leitern sind für Weichlinge“, meinte sie herablassend. „Wetten, dass ich vor Ihnen am anderen Ende bin, Ricardo?“
Bevor sie den Satz noch beendet hatte, schwamm sie los, mit kräftigen, effektiven Kraulzügen, und erreichte das andere Ende tatsächlich als Erste.
„Schwindel!“, rief Ricardo, sobald er sie erreichte. „Sie hatten einen Frühstart.“
„Wie können Sie es wagen, mir Betrug zu unterstellen?“, fragte sie, scheinbar empört. „Ich schummele nie!“
„Na gut! Dann machen wir’s doch noch mal. Wetten, dass ich diesmal schneller bin?“ Und schon hatte er sich abgestoßen und zog davon.
Als sie ihn am Beckenrand einholte, klagte sie: „Ich hätte bedenken sollen, dass Fußballer niemals fair spielen.“
Ricardo fluchte auf Italienisch, zumindest klang es wie ein Fluch, und sie musste lachen.
„Gut, probieren wir es ein drittes Mal. Ohne Frühstart.“
Auch dieses Mal schlug Ricardo sie, aber nur um Haaresbreite.
Tief durchatmend klammerte Lyssa sich an den Beckenrand. „Das hat Spaß gemacht“, sagte sie schließlich.
„Ja, das finde ich auch.“
Ricardo war so dicht neben ihr, dass sich ihre Schultern beinah berührten. Unvermittelt hob er die Hand und schob ihr eine nasse Strähne aus der Stirn.
Bei der sanften Berührung stockte ihr kurz der Atem.
„Es freut mich, dass es Ihnen heute so viel besser geht“, sagte Ricardo, plötzlich ernst, und sah ihr in die Augen.
„Ach, das war gar nicht so schlimm“, wehrte sie ab. „Vermutlich nur Reisekrankheit. Oder etwas, das ich gegessen hatte.“
„Ich habe das Gleiche gegessen wie Sie“, wandte er ein.
„Dann lag es doch an den Kurven“, meinte Lyssa. „So, jetzt setze mich ich wieder in den Schatten.“
Bevor ich meine Gefühle nicht länger beherrschen kann, fügte sie im Stillen hinzu.
„Gute Idee. Ich hole uns etwas zu trinken, okay?“
„Ja, gern.“ Sie schwamm zur
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