Julia Extra Band 0313
und dann die Ställe und Weiden mit Hühnern, Kälbern und Eseln. Auf einer Koppel weideten einige Pferde, die den Gästen – wie Giovanni versicherte – zum Reiten zurVerfügung standen.
Lyssa schüttelte dankend den Kopf. Sie konnte nicht reiten und hatte kein Bedürfnis, ausgerechnet jetzt damit anzufangen.
Sie beendeten den Rundgang im Kuhstall, und hier entdeckte sie in einer Ecke eine Hündin mit drei entzückenden Welpen.
Plötzlich stiegen Lyssa Tränen in die Augen beim Anblick der kleinen Wesen. Das war wohl eine Wirkung der Schwangerschaftshormone. Sie hatte schon gehört, dass man dann nah am Wasser gebaut habe.
Giovanni sagte etwas auf Italienisch, was sie nicht verstand, und schloss sich dann wieder seinemVater an. „Was hat er gesagt?“, wollte sie wissen und kniete sich hin, um die Welpen zu streicheln.
„Dass sie zu nichts gut sind und deshalb wegmüssen“, erklärte Ricardo nüchtern. „Für den Rest des Wurfs haben sie Abnehmer gefunden.“
„Und was passiert mit den drei Kleinen hier?“, erkundigte sie sich und stand auf.
Er zuckte nur vielsagend die Schultern.
Blind vor Tränen eilte Lyssa nach draußen. Ihr war klar, dass die Welpen keine Chance hatten. Auf einem Bauernhof wollte man keine unnützen Esser! Sei nicht sentimental, ermahnte sie sich, aber die Tränen ließen sich nicht stoppen.
Ricardo war ihr nicht gefolgt, und dafür war sie ihm dankbar. So konnte sie ungestört versuchen, sich wieder zu fassen. Dass die Schwangerschaft sie so rührselig machte, hätte sie nicht gedacht.
Einige Minuten später kam Ricardo dann doch zu ihr, als sie sich gerade die Wangen trocknete.
„Sie müssen mich für ganz schön gefühlsduselig halten“, meinte Lyssa selbstkritisch.
„Aber nein!“ Er lächelte sie beruhigend an. „Übrigens, für die Hundebabys haben sich inzwischen Interessenten gefunden.“
„Wie das denn?“, fragte sie und sah ihn erstaunt an.
Er wischte ihr eine letzte Träne fort, und in seinen dunklen Augen lag ein unergründlicher, intensiver Ausdruck.
Ihr Herz schien einen kleinen Sprung zu machen.
Aber sie wagte nicht, dem Gefühl einen Namen zu geben.
„Signor Lunetta ist einverstanden, die Welpen noch so lange hier zu behalten, bis wir sie auf dem Rückweg abholen.“
„Wir?“, wiederholte sie, nun völlig verblüfft.
„Ja. Mein Onkel und meine Tante würden Sie gern kennenlernen, Lyssa. Wir sind demnächst bei ihnen eingeladen. Meine Cousins kommen ebenfalls mit ihren Familien, und alle drei haben sich bereit erklärt, je einen Hund für die Kinder zu nehmen.“
Am liebsten hätte sie ihn umarmt. „Das ist ja großartig!“, sagte sie dankbar. „Danke, Ricardo, dass Sie sich darum gekümmert haben.“
„Ich habe es nur gemacht, damit Sie nichts Schlechtes in Ihrem Artikel schreiben“, wiegelte er ab.
Ja, das glaube ich dir aufs Wort, mein Lieber, dachte sie iro-nisch. Warum standen Männer so selten zu ihren sanfteren Seiten? Warum gab er nicht zu, dass ihm die Welpen nicht egal waren?
Oder war sie selbst es, die ihm nicht gleichgültig war?
Wie auch immer, sie würde ihn nicht inVerlegenheit bringen, indem sie ihre Gedanken aussprach!
„Lassen Sie uns ein wenig spazieren gehen“, schlug Ricardo vor.
Lyssa war einverstanden.
Er betrachtete sie unauffällig. Obwohl sie geweint hatte und ihre Nase ein bisschen rot war, sah sie zauberhaft aus. Bisher hatte er weinende Frauen immer abstoßend gefunden, aber das lag vielleicht daran, weil sie immer nur aus selbstsüchtigen Gründen geweint hatten.
Bei Lyssa hingegen war es Mitleid mit den hilflosen Welpen gewesen. Am liebsten hätte er sie da im Stall in die Arme genommen und ihr versichert, er würde alles tun, um ihr jeglichen Kummer für immer zu ersparen.
Zum Glück hatte er sich beherrscht. Er wusste nichts über ihr Leben in Australien und schon gar nichts über ihre Zukunft. Wenn sie demnächst nach Hause fuhr, würde er sie nicht mehr beschützen können.
Dann war sie wieder auf sich allein gestellt.
Oder auch nicht …
„Jetzt habe ich bestimmt meinen Ruf verspielt, eine resolute Frau zu sein, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt“, meinte Lyssa und lächelte zerknirscht.
„Ja, Ihr Ruf ist völlig ruiniert“, bestätigte er, scheinbar ernst.
Nun lachte sie. „Normalerweise bin ich nicht so rührselig.“
„Gefühle zu haben und zu zeigen ist doch nichts Schlechtes“, tröstete er sie.
„Richtig, aber … irgendwie geniert man sich, wenn man in
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