Julia Extra Band 0315
gleich, wie unauffällig Grace sich auch zurechtmachte, ihre unterschwellige Sinnlichkeit konnte sie damit nicht verbergen. Scheinbar wartete sie auf den Richtigen, auf den Einen, der sie im Sturm eroberte. In gewisser Hinsicht war er froh, dass sie so dachte. So arbeitete sie weiter an seiner Seite, anstatt ihre Zeit einem anderen Mann zu gewähren – oder gar zu heiraten.
„Wirst du es dir wenigstens überlegen, Grace?“ Er zog die Trumpfkarte, die in der Vergangenheit immer gewirkt hatte. „Bitte.“
Dafür erntete er einen Blick von ihr, den er nicht deuten konnte. „Na schön. Ich denke darüber nach“, lenkte sie ein.
Der Sieg war sein! Er musste nur abwarten.
Der Triumph musste auf seinem Gesicht abzulesen gewesen sein, denn sie schürzte pikiert die Lippen. „Du brauchst gar nicht so überlegen auszusehen. Vielleicht sage ich trotzdem Nein.“
Das hielt er zwar für höchst unwahrscheinlich, aber er war clever genug, um seine Meinung für sich zu behalten.
2. KAPITEL
Grace hatte es sich auf dem Sofa im Salon der Suite gemütlich gemacht, die Amir und sie zusammen bewohnten, und gab vor, sich einen alten Hollywoodfilm anzusehen. Doch in Wirklichkeit dachte sie an Amir.
Er hatte ihr gegenüber einmal erwähnt, dass seine Familie, vor allem seine Mutter, über ihr Wohnarrangement entsetzt wäre. Im gleichen Atemzug hatte er laut gelacht, als fände er die Vorstellung, dass irgendetwas Unschickliches zwischen ihnen passieren könnte, einfach zu lächerlich, um es überhaupt in Worte zu fassen.
Und war es das nicht auch?
Bei ihrer Nachfrage, welche Attribute er als attraktiv bezeichnete, hatte er auf seine bisherigen Gespielinnen verwiesen. Jede dieser Frauen war eine Schönheit mit der perfekten Figur. Jede von ihnen hätte das Titelbild einer Modezeitschrift schmücken können. Und Prinzessin Lina … mit der Wahl seines Vaters war Amir durchaus zufrieden gewesen. Unwillkürlich befühlte Grace die eigenen kleinen Brüste und runzelte die Stirn.
Wenn sie schon so groß wie die meisten Männer war, hätte Mutter Natur ihr dann nicht auch die proportional entsprechenden Kurven mitgeben können? Stattdessen war sie dünn wie ein Streichholz, und ihre weiblichen Rundungen konnten höchstenfalls als sanft bezeichnet werden.
Kein einziges Wort hatte Amir darüber verloren, welche Charaktereigenschaften er sich bei seiner Ehefrau wünschte oder welche Persönlichkeit sie besitzen sollte. War er tatsächlich so seicht?
Natürlich nicht. Aber warum war er dann bereit, sich mit einer Vernunftehe zufrieden zu geben, mit einer Frau, die nur schön war und sich auf dem gesellschaftlichen Parkett bewegen konnte? Er verdiente so viel mehr. Seine leidenschaftliche Seele brauchte mehr, auch wenn er sich weigerte, das anzuerkennen.
Vermutlich lag es daran, dass er Yasmine in so jungen Jahren verloren hatte. Er hatte Grace einmal gestanden, dass die Trauer ihn auf Wege geführt hatte, die er nie wieder gehen wollte. Alle Männer der königlichen zorhanischen Familie hassten jedes, auch noch so geringe Anzeichen von Schwäche – und Amir als jüngster Bruder vielleicht sogar noch mehr als die anderen.
Aber deshalb auf diese Lösung verfallen? Das war einfach nicht richtig.
Das Zweitletzte, was Grace miterleben wollte, war Amir, der eine andere Frau liebte. Das absolut Letzte war Amir, der mit einer Frau verheiratet war, die er nicht liebte. So aufgebracht sie seinetwegen auch gerade sein mochte, sie wünschte ihm alles Glück der Welt. Und ganz bestimmt würde er nicht glücklich werden, wenn er irgendeine geistlose Schönheit heiratete.
Grace presste das Kissen mit beiden Armen fest an ihre Brust. So einsam wie jetzt hatte sie sich nicht mehr gefühlt, seit sie Amir kannte. Seit sie damals mit zwanzig sein Büro zum Bewerbungsgespräch als persönliche Assistentin betreten hatte, war ihre ganze Welt verändert. Amir hatte ihr Leben mit Licht, Wärme und Musik gefüllt.
Die Unsicherheit, die Grace ständig plagte, fiel von ihr ab, sobald sie mit ihm zusammen war. Als seine Assistentin hatte sie das Gefühl, ein Teil von ihm zu sein. Er war weder schüchtern noch verlegen, und so brauchte sie es auch nicht zu sein, wenn sie für ihn arbeitete. Vom ersten Augenblick an hatte sie sich in seinem Büro willkommen und heimisch gefühlt.
Und eigentlich hatte sie sich auch sofort in ihn verliebt. Sicher, anfangs war es die typische Schwärmerei für den gut aussehenden, wohlhabenden Prinzen gewesen. Doch sie
Weitere Kostenlose Bücher