Julia Extra Band 0316
unnötig bissig. „Aber er engagiert sich nie gefühlsmäßig, wenn Sie wissen, was ich meine. Er ist immer auf der Suche nach dem Unerreichbaren, nämlich der perfekten Frau.“
Alice atmete tief durch. Sie wollte sich diesen Unsinn nicht länger anhören. Es war kaum vorstellbar, dass Cameron sich mit einer Frau wie Jessica eingelassen hatte. Aber es war auch klar, dass es stimmte, denn das hatte die Körpersprache der beiden vorhin deutlich verraten.
Es blieb nur die Frage, ob die Affäre beendet war.
Dass Cameron kein Kostverächter war, konnte man in jedem Klatschmagazin lesen. Er mochte auffallend attraktive Frauen, und da konnte sie, Alice Morton, wirklich nicht mithalten – nicht einmal in einem Schiaparelli-Modell.
Ist er wirklich so oberflächlich?, fragte sie sich traurig. Nach dem, was er ihr vor Kurzem über seine Jugendjahre erzählt hatte, konnte sie sich gut vorstellen, dass ihm alles am Erfolg, viel an Statussymbolen und nur wenig an Bindungen lag.
Ja, sie wusste es, und trotzdem tat er ihr deswegen so leid, dass sie ihn liebend gern über seinen tief sitzenden Kummer hinweggetröstet hätte. Warum ging ihr das so? Warum sehnte sie sich immer noch nach ihm? Warum ließ sie es nicht einfach gut sein und ging?
Jessica hatte sie genau beobachtet und lächelte nun selbstgefällig.
„Danke für den Tipp, Miss Fernly-Jones! Wenn Sie mich jetzt bitte vorbeilassen“, bat Alice kühl. „Ich werde gebraucht.“
Diesmal machte Jessica Platz.
Alice ging an ihr vorbei und spürte ihre Blicke wie Dolche im Rücken.
„Was für ein wunderschönes Kleid“, meinte Jessica träumerisch. „Ich freue mich schon darauf, es zu tragen.“
Hör nicht hin, geh einfach weiter, empfahl eine innere Stimme, aber sie hörte nicht darauf. Sie musste einfach wissen, was Jessica meinte, auch wenn es vielleicht ein Schock sein würde.
„Ja, meine Liebe, Cameron hat es für mich gekauft“, triumphierte Jessica. „Sie haben mich doch bei der Auktion bestimmt neben ihm sitzen und ihn anfeuern sehen.“
Nein, Alice war zu beschäftigt gewesen, um auf so etwas zu achten, aber sie glaubte es ihr sofort. Jessica hatte sich ja den ganzen Abend über immer wieder an ihn gehängt.
„Er mag mich in Grün“, fügte sie hinzu und strich sich über die platinblonden Haare. „Oder sollte ich sagen, er zieht mir liebend gern grüne Sachen aus?“
Nun wurde es Alice wirklich übel. Bei der Vorstellung, wie Cameron mit Jessica im Bett lag, gefror ihr förmlich das Blut in den Adern. Dass sie seine Geliebte gewesen war, stand ziemlich sicher fest, aber musste sie so damit prahlen?
Es gab nur eine Art, wie Alice auf all diese Informationen reagieren konnte.
Sie tat das, was ihr immer am leichtesten fiel.
Sie flüchtete und versuchte sich in Sicherheit zu bringen.
8. KAPITEL
Die kalte Luft traf Alice wie ein Schlag – und brachte sie zur Besinnung.
Es war verrückt, hier draußen ohne Mantel herumzustehen, und der war, wie ihre Tasche mit Geld, Handy und allem sonstigen Nötigen, noch in Camerons Büro.
Seufzend ging sie ins Gebäude zurück. Wenigsten musste sie nicht das Atrium durchqueren, um zur Treppe nach oben zu gelangen. Sie eilte durch die Lobby und die Stufen hinauf, wobei ihre hohen Absätze laut klapperten.
Doch niemand hörte sie, niemand sah sie, denn alle vergnügten sich auf dem Ball. Und wer hätte Ausschau nach ihr halten sollen? Außer Coreen natürlich, die sie zuletzt heftig mit einem der Musiker hatte flirten sehen.
Im Flur zu Camerons Bürosuite dämpfte der dicke Teppichboden den Klang ihrer Schritte. Unbemerkt erreichte Alice das Büro.
Wo war denn nur ihre Tasche? Sie hatte sie auf den Sessel aus Stahlrohr mit dem geflochtenen Sitz gelegt, offensichtlich ein Originalstück aus den Dreißigerjahren. Sehr elegant, aber sehr unbequem, wie es schien.
Offensichtlich lag Cameron nichts daran, dass seine Besucher sich behaglich fühlten.
Beim Gedanken an ihn wurde ihr schwer ums Herz, und sie seufzte. Aber er war momentan nicht ihr vorrangiges Problem. Sie brauchte ihre Tasche!
War sie auf den Boden gefallen? Als Alice sich bückte, um nachzusehen, hörte sie, wie die Tür geöffnet wurde. Sie blickte sich um.
Hoffentlich war es nur Coreen, nicht Cameron!
Von hinten beleuchtet, zeigte sich jedoch eine eindeutig männliche Silhouette im Türrahmen. Die Welt schien sich plötzlich schneller zu drehen.
„Du kannst noch nicht weg, Alice“, erklang Camerons tiefe, flehende Stimme.
Wie hatte
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