Julia Extra Band 0316
Augen glänzten merkwürdig. „Danke, es ist ein wunderschönes Geschenk.“
Wenn sie vorher noch Zweifel gehabt hatte, ob er jemand war, den man lieben konnte, so fielen sie jetzt von ihr ab. Angesichts Leos freudigem Gesichtsausdruck, schienen all ihre Ängste lächerlich und irrelevant. Plötzlich war sie sich sicher, dass Leo unter der rauen Schale genau der Mann war, den sie sich wünschte. Er hatte es ihr auf tausend verschiedene Weisen deutlich gemacht, angefangen damit, wie er mit Christian spielte, über die Selbstverständlichkeit, mit der er Tobias beim Holzholen half, bis zu der Art, wie er unbeirrt ihren Blick hielt, während sie sich liebten.
Und das wollte sie ihm so gern sagen. Darum umfasste sie jetzt sein Gesicht. „Leo …“
Doch er stand auf und entzog sich ihr. „Es ist spät, und wir sollten schlafen. Morgen müssen wir zum Palast zurückkehren.“
Schmerzerfüllt ließ Phoebe die Arme sinken. Er wollte keine Liebeserklärungen hören, er wollte nur zum Palast zurückkehren. Deutlicher hätte er es nicht machen können.
„In Ordnung“, sagte sie nur.
Leo ging zu einer Kommode, öffnete eine Schublade und reichte Phoebe eine schmale weiße Schachtel. „Das habe ich im Dorf gekauft. Du kannst es morgen früh benutzen.“
Fassungslos sah Phoebe auf den Schwangerschaftstest. „Es ist noch nicht zwei Wochen her …“
„Offenbar muss man heutzutage nicht mehr so lange warten. Und je früher wir Bescheid wissen, desto besser.“ Er klang tonlos und endgültig. Phoebes Finger schlossen sich um die Schachtel.
„In Ordnung“, wiederholte sie, denn ihr Kampfgeist und sämtliche Hoffnung waren verschwunden. Ihre zauberhafte Zeit in den Bergen war zu Ende.
Am nächsten Morgen wachte Phoebe früh auf. Während Leo noch schlief, schlich sie ins Badezimmer. Auf der Schachtel stand in leuchtender Schrift:
Fünf Tage früher Gewissheit! 99,9 Prozent zuverlässig!
„Und wenn ich überhaupt nicht so früh Gewissheit haben will?“, murmelte sie. Viel lieber hätte sie noch fünf Tage gehabt, fünf Tage mit Leo …
Aber nein, das Zünglein an der Waage ihres Lebens lag in dieser Schachtel. Und plötzlich begriff Phoebe, dass auch sie das Ergebnis sofort wissen wollte. Je früher sie Gewissheit hatte, desto schneller konnte sie ihr altes Leben wieder aufnehmen. Weitermachen. Sollte sie hingegen schwanger sein, könnte sie damit beginnen, ihr neues Leben mit Leo aufzubauen.
Mit klopfendem Herzen riss sie die Schachtel auf. Mehrmals las sie die Gebrauchsanleitung, nur um sicherzugehen, und dann machte sie den Test.
Die drei Minuten, die sie auf das Ergebnis warten musste, vergingen quälend langsam. Phoebe drehte den Kontrollstab um, damit sie nicht in Versuchung geriet, zu früh darauf zu sehen. Sie hatte eine Uhr mit ins Badezimmer gebracht und hielt den Blick starr auf den Sekundenzeiger gerichtet, der mit leisem Ticken Sekunde um Sekunde vorrückte.
„Phoebe …?“, fragte Leo und klopfte an die Badezimmertür.
„Nur noch eine Minute!“, rief sie. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Leo sagte nichts, und Phoebe wusste, dass auch er auf das Ergebnis wartete – und auf ihre Zukunft … wenn sie denn eine gemeinsame hatten.
Als die drei Minuten um waren, schlug ihr Herz so schnell, dass ihr beinahe schwindelig wurde. Mit zitternden Fingern drehte Phoebe den Kontrollstab um. Dann starrte sie auf die leuchtend rosa Linie. Eine einzige. Sie war nicht schwanger.
„Phoebe? Machst du gerade den Test?“
„Ja …“ Verzweifelt griff Phoebe noch einmal nach der Gebrauchsanweisung.
Eine Linie bedeutet, Sie sind nicht schwanger. Sollte Ihre Periode ausbleiben, wiederholen Sie den Test noch einmal in drei Tagen.
Drei Tage! Wenigstens blieben ihr noch drei weitere Tage … nur, um sicherzugehen. Vielleicht war ihr Zyklus durch den Flug etwas durcheinandergeraten. Doch wenn nicht …
„Phoebe, mach auf!“
„Ja.“ Wenn nicht … gab es keinen Grund zu bleiben. Erst jetzt begriff sie, wie sehr sie sich an diesen Traum geklammert hatte, an die Hoffnung, schwanger zu sein.
„Und?“, fragte Leo, sobald sie ihn hereingelassen hatte.
„Ich bin …“ Phoebe brach ab und fing noch einmal an. „Ich bin nicht schwanger.“
„Nicht schwanger“, wiederholte Leo und atmete tief durch. Ihre Blicke trafen sich. „Nicht schwanger“, sagte er noch einmal, und es klang, als täte es ihm leid. „Na, auch gut“, murmelte er dann. „Vielleicht ist es sogar besser so.“
„Ja“, presste
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