Julia Extra Band 0318
viel sie gekostet hat.“
Nachdenklich zog Marianne die Schultern hoch. „Für viele wäre ein so schönes Stück ein kostbares Besitztum.“
„Ich habe keine kostbaren Besitztümer, also zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf.“
„Na schön, dann … lasse ich es eben. Soll ich Ihnen noch etwas zu trinken bringen? Vielleicht eine heiße Milch mit Brandy? Das wird Ihnen sicher helfen einzuschlafen.“
Mit einer wegwerfenden Handbewegung wischte Eduardo ihren Vorschlag beiseite. „Das wäre reine Zeitverschwendung. Nur ein Wunder kann mir helfen einzuschlafen.“
„Trotzdem“, beharrte sie. „Es ist immer noch besser, irgendetwas zu versuchen, als sich einfach seinem Schicksal zu ergeben.“ Inzwischen war sie wieder aufgestanden. Als sie den durchdringenden Blick bemerkte, mit dem Eduardo sie musterte, wurde sie sich auf einmal bewusst, dass sie im Morgenrock vor ihm stand.
Es war ein in erster Linie praktisches Kleidungsstück, weder besonders hübsch noch in irgendeiner Weise aufreizend, aber dennoch … In der Nacht erwachte auf geheimnisvolle Weise vieles zum Leben, das tagsüber im Verborgenen blieb. Auch Marianne konnte sich diesem Zauber nicht entziehen. Unter dem weichen, taubenblauen Wollstoff schien jede Zelle ihres Körpers zu vibrieren, als ihre lang unterdrückte Sehnsucht nach Berührung sich energisch zu Wort meldete.
„Sie müssen mich für einen grauenhaft ungehobelten Klotz halten“, bemerkte Eduardo heiser. „Ich habe Ihnen mit keinem Wort für Ihre Hilfe gedankt. Das möchte ich hiermit in aller Form nachholen.“
„Sie brauchen mir nicht zu danken“, versicherte Marianne ihm. „Das hätte ich für jeden getan.“
„Womit Sie mich taktvoll an meinen Platz verwiesen haben.“
Verständnislos sah sie ihn an. „Was meinen Sie damit?“
„Dass Ihr Bemühen um mein Wohlergehen keine persönlichen Gründe hat. Aber warum sollte es auch? Es würde mich nur interessieren, ob es schon einmal jemanden gab, bei dem das anders war.“
Sein Blick war so durchdringend, dass Marianne jede Hoffnung aufgab, sich vor einer Antwort zu drücken. Nun war also der Moment gekommen, ihm die Wahrheit über ihre Vergangenheit zu gestehen. Diese Wahrheit schuldete sie ihm bereits seit dem Tag, an dem er ihr einen Job und ein Zuhause angeboten hatte.
7. KAPITEL
Mit sichtlichem Unbehagen richtete Marianne den Blick auf das sterbende Kaminfeuer. „Soll ich etwas Holz nachlegen?“, erbot sie sich. Doch Eduardo durchschaute ihr Ablenkungsmanöver sofort.
„Erst, wenn Sie meine Frage beantwortet haben“, erwiderte er fest. Aus einem unerfindlichen Grund beschleunigte sich sein Herzschlag, und plötzlich war er sich gar nicht mehr so sicher, ob er ihre Antwort wirklich hören wollte.
Marianne ging zum Kamin und streckte ihre Hände über den verglimmenden Holzscheiten aus, als wollte sie deren Restwärme einfangen. Nach einer Weile richtete sie sich wieder auf und schlang die Arme um sich. „Es gab einen Mann, der mir sehr viel bedeutet hat“, begann sie leise. „Wir waren ein knappes Jahr lang verheiratet.“
Verheiratet!
Wie ein tausendfaches Echo hallte das Wort in Eduardos Kopf wider und löste eine Flut von Empfindungen in ihm aus, die er am liebsten verdrängt hätte. „Dann müssen Sie sehr jung geheiratet haben“, kommentierte er knapp. Viel zu jung! „Was ist passiert? Haben Sie sich scheiden lassen?“
„Nein.“ Sie wandte ihm ihr zartes Gesicht zu und hielt ruhig seinem Blick stand. „Mein Mann … er ist gestorben.“
Bis er diese Information verdaut hatte, brauchte Eduardo eine Weile. „Und wie ist es dazu gekommen?“, fragte er sie schließlich mit unbewegter Miene.
„Donal litt an einer sehr seltenen Form von Krebs.“
Schützend zog Marianne die Schultern hoch und umklammerte ihren Oberkörper noch fester. Eine rührende Geste, die Eduardo mitten ins Herz traf. Er wollte das Richtige tun, wollte die passenden Worte finden, um ihr Trost zu spenden. Aber die Erinnerung an seinen eigenen vernichtenden Verlust schnürte ihm die Kehle zu. So konnte er nur wie versteinert dasitzen und sich fragen, woher manche Menschen die Kraft nahmen, mit all dem Schrecklichen fertigzuwerden, das ihnen im Laufe ihres Lebens widerfuhr.
Er selbst hatte in dieser Beziehung kläglich versagt. Anstatt genug innere Stärke aufzubringen, um sein Leid zu überwinden, hatte er einfach nur durchgehalten . Mit zusammengebissenen Zähnen und angetrieben von Scham, Schuldgefühlen und dem
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