Julia Extra Band 0318
legte sacht ihre Finger auf seinen Arm. „Es muss ein Schock für dich gewesen sein, die Frau, die du geliebt hast, so plötzlich zu verlieren.“
„Ja. Es gab eine Zeit, da standen wir einander sehr nahe, aber …“
„Aber was?“
„Ich … Es ist nicht mehr wichtig. Wichtig sind jetzt nur du und ich, namorada . Ich will nicht länger über die Vergangenheit nachdenken, nicht, wenn ich gerade eine der wundervollsten Nächte erlebt habe, in mehr als einer Hinsicht. Jetzt will ich den Tag ebenfalls genießen.“
Mit einem vielsagenden Blick sah er sie an. Genau in diesem Moment hörte man einen Wagen auf der Auffahrt vorfahren.
„Das ist Ricardo“, erkannte Eduardo sofort und sah mit zerknirschter Miene zu Marianne.
„Dann werde ich jetzt wohl besser schnell in mein Zimmer gehen, mich duschen und anziehen und dann Frühstück machen“, kehrte sie zur Tagesordnung zurück.
„Ich werde ihn unten im Salon begrüßen. Warte noch eine Minute, dann kannst du gehen, einverstanden?“
„Ja, gut.“
Während Eduardo sich anzog, fühlte er Mariannes Blick auf sich liegen. Ganz kurz verspürte er den eitlen Wunsch, sein Körper würde so aussehen, wie er vor dem Unfall gewesen war … als Eduardo noch darauf geachtet hatte, sich mit regelmäßigem Training fit zu halten. Ob Marianne in ihm dennoch den vitalen Mann in der Blüte seiner Jahre sah? Oder war er für sie nur ein Mann, der sich kampflos von seinen körperlichen und seelischen Verletzungen in die Verzweiflung hatte hinabziehen lassen? Dann fiel ihm wieder ein, dass sie gesagt hatte, Alter, Aussehen oder soziale Herkunft eines Menschen interessierten sie nicht, weil nur der Mensch selbst es war, der zählte.
Er wünschte, es würde keine weiteren Unterbrechungen mehr geben – weder durch die zerstörerischen Bilder der Vergangenheit noch durch Rückkehrer, um die er sich kümmern musste! Er wollte nichts anderes als den Tag mit Marianne verbringen, sie hier in seinem Bett festhalten und sie leidenschaftlich lieben, bis sie, erfüllt und glücklich, wieder in seinen Armen einschlief …
Einerseits war Marianne froh für die Ablenkung, die ihr die Hausarbeit bot, andererseits konnte sie es kaum erwarten, wieder mit Eduardo zusammen zu sein. Ihr Herz wünschte sich nichts sehnlicher, als die wärmende Flamme des Verlangens mit ihm wieder auflodern zu lassen. Diese Sehnsucht bereitete ihr fast körperliche Schmerzen. Eduardo saß nun schon ewig mit Ricardo zusammen im Wohnzimmer. Nur ein Mal hatte er nach ihr gerufen – mit der Bitte, sie möge Kaffee bringen. Also hatte sie frischen Kaffee gemacht, einen Teller mit Keksen belegt und das Tablett den beiden Männern gebracht. Leise hatte sie das Zimmer wieder verlassen – und war verletzt, weil Eduardo zu beschäftigt gewesen war, um sie überhaupt richtig anzusehen.
Allerdings war Marianne fest entschlossen, sich an ihren Vorsatz zu halten – sie würde nichts bereuen. Selbst wenn sie sich in die lange Reihe der Frauen gesellen musste, die einen Mann geliebt und ihm vergebens ihr Herz geschenkt hatten.
Bei dem Gedanken schnappte sie unhörbar nach Luft. Sie liebte Eduardo nicht! Nein, das war unmöglich! Nachdem ihr Vater auf und davon und Donal gestorben war, hatte sie sich geschworen, keinem Mann mehr zu erlauben, die Schutzmauer um ihr Herz zu durchdringen. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb durfte sie diesen Eid jetzt nicht brechen.
Nur weil sie Eduardo ihre Unschuld geschenkt hatte, hieß das nicht, dass sie ihn liebte. Es waren die Umstände, die sie überreagieren ließen, etwas anderes konnte es nicht sein!
Sie musste diese bedrückte Stimmung unbedingt abschütteln. In der Hoffnung, ihre Gedanken endlich von dem einen Mann abzulenken, um den sie ständig kreisten, stellte Marianne das Radio an.
Doch nur Sekunden später, während sie den Inhalt des großen Kühlschranks nach Zutaten fürs Lunch überprüfte, wanderten ihre Gedanken unweigerlich wieder zu genau dem Thema zurück. Die Tatsache, dass er verheiratet gewesen und seine Frau bei dem Unfall ums Leben gekommen war, hatte sie überrumpelt.
Sie runzelte die Stirn. Er hatte noch etwas gesagt: Es hatte eine Zeit gegeben, da sie sich nahe gestanden hatten. Was darauf schließen ließ, dass es zurzeit des Unfalls nicht mehr so gewesen war. Hatte die Ehe in einer Krise gesteckt? Hatte vielleicht einer der Partner eine Affäre gehabt? Etwa Eduardo?
Marianne stöhnte. Es hatte keinen Sinn, die Augen länger vor der Wahrheit zu
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