Julia Extra Band 0319
machte ihr Spaß, und sie spürte eine gewisse Dankbarkeit, dass sie etwas hatte, was sie ablenkte.
Der Job war nicht nur eine gute Entschuldigung, um Spiros aus dem Weg zu gehen. Geschäftsberichte, Finanzpläne und Meetings nahmen sie so sehr in Anspruch, dass es ihr gelang, sich um fast alle Hochzeitsvorbereitungen zu drücken. Außerdem hatte sie auf diese Art in den vergangenen zwei Wochen kaum noch Zeit mit ihrer Familie verbracht. Sie ging morgens noch vor ihrem Vater ins Büro und war nur selten rechtzeitig zum gemeinsamen Abendessen der Familie zurück.
Ihr Vater hatte sie getadelt, weil sie die Familie vernachlässigte. Phoebe hatte sich entschuldigt und dann weitergemacht wie bisher. Ihre Mutter hatte versucht, sie in die Hochzeitsvorbereitungen einzubeziehen, doch Phoebe hatte sich schlicht und ergreifend geweigert. Obwohl sie bemüht war, die Gefühle ihrer Mutter nicht zu verletzen, weigerte sie sich, so zu tun, als stünde der glücklichste Tag ihres Lebens bevor.
Sie opferte ihr Lebensglück dem Wohl der Familie, und obwohl sie es ihnen nicht verübelte – sie liebte ihre Familie schließlich –, glaubte sie nicht an das Märchen vom Traumprinzen, das man ihr weismachen wollte.
Sie hatte daran geglaubt, dass Spiros ihr Traumprinz war, und dieser Traum war zerbrochen. In diese Falle würde sie nie wieder tappen.
Phoebe betrat das ebenso exklusive wie elegante Restaurant. Sie kam direkt aus dem Büro und hatte sich nur kurz frisch gemacht, ehe sie den Hauptsitz von Leonides Enterprises verließ.
Ihr Vater und ihre Mutter saßen bereits am Tisch. Ihre Mutter strahlte. Ihr Vater trug seit etwa einer Woche immer denselben stoischen Gesichtsausdruck. Er stand enorm unter Druck.
Schließlich trug er nicht nur die Verantwortung dafür, die Firma aus der Krise zu führen, er war auch noch selbst schuld an der Krise. Sie beneidete ihn nicht.
Ihr Bruder war auch da und schenkte ihr sein jungenhaftes, immer ein wenig spöttisches Lächeln, als er sie entdeckte. Sie lächelte zurück, froh, dass ihn der ganze Druck, der auf ihr und ihrem Vater lastete, nicht zu beeinträchtigen schien.
Als Phoebe sich im Restaurant umsah, verschwand augenblicklich das Lächeln, das sie für diesen Abend einstudiert hatte. Spiros war auch da, und die Erinnerung an seinen leidenschaftlichen Kuss drohte sie zu überwältigen. Wie war es möglich, dass die Mauer, die sie unter so großen Mühen um sich herum errichtet hatte, so leicht zu bröckeln begann?
Er wählte genau diesen Moment, um aufzusehen, und ihre Blicke trafen sich. Er schien ihr mit seinen Augen etwas sagen zu wollen, doch sie ignorierte seinen verlangenden Blick und nickte ihm nur kurz zu. Dann begrüßte sie jedes Familienmitglied mit den üblichen zwei Wangenküssen. Wie für einen Jugendlichen in seinem Alter typisch, war es ihrem Bruder ein bisschen peinlich, von seiner großen Schwester in der Öffentlichkeit geküsst zu werden.
Um ihn ein bisschen zu quälen, setzte sie sich neben ihn, damit er sich dem großen Tamtam des festlichen Essens nicht entziehen konnte.
„Verdiene ich keine richtige Begrüßung?“, fragte Spiros, der ein paar Plätze von ihr entfernt an dem runden Tisch saß.
„Guten Abend, Spiros.“
Seine Augen blitzten. Er wusste genau, dass sie wusste, was er mit einer richtigen Begrüßung gemeint hatte. Die traditionellen zwei Wangeküsse. Doch sie durfte diesem Mann auf keinen Fall körperlich zu nahe kommen. Schon sein Anblick brachte ihre hart errungene Selbstbeherrschung ins Wanken. Sie durfte kein Risiko eingehen.
„Hast du von Dimitri gehört?“, fragte Spiros weiter. „Er kommt mit Großvater zusammen.“
„Ich habe seit fast einem Jahr nicht mit Dimitri gesprochen. Ich erwarte nicht, dass er ausgerechnet mich anruft, um sich für seine Verspätung bei unserem Verlobungsessen zu entschuldigen.“
Spiros wirkte bestürzt. „Du hast ihn nicht mehr gesehen, seit … seit …?“
„Seit sich unsere Besuche in unserem Heimatland zufällig überschnitten haben.“
„Aber das war letztes Jahr!“
„Ja.“ Sie wusste sehr wohl, dass Dimitri seit ein paar Tagen wieder in Griechenland war. Doch er hatte nicht versucht, sie zu erreichen.
Spiros sah wütend aus. Sie konnte sich nicht erklären, warum. Ihre Beziehung zu seinem Bruder ging ihn nichts an.
Ihre Mutter tätschelte Phoebes Hand. „Ich bin sicher, er wird seine Verspätung wiedergutmachen. Jetzt, wo die Verlobung offiziell ist.“
Phoebe strich die
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