Julia Extra Band 0319
Serviette auf ihrem Schoß glatt. „Spielt doch keine Rolle.“
Spiros murmelte etwas, das klang wie: „Und ob es das tut.“ Dann blickte er sie finster an. „Du warst in den letzten Wochen sehr beschäftigt.“
Die Kritik in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Sie zuckte die Schultern. „Ich habe gearbeitet.“
„Für deinen Vater?“, fragte er aufrichtig interessiert.
„Ja. Das habe ich dir doch bestimmt erzählt.“ Sicher hatte sie ihre befristete Anstellung bei Leonides Enterprises bei einem ihrer kurzen Telefongespräche erwähnt. Oder hatte sie es vergessen?
„Er hat dir also doch noch einen Job angeboten?“
„So ähnlich“, erwiderte sie unverbindlich.
Es war klar, dass sie ihre Arbeit bei Leonides Enterprises nicht würde fortsetzen können, wenn sie erst einmal mit Dimitri nach Paris gezogen war. In der Stadt der Liebe hatte die Firma ihres Vaters keine Geschäftsstelle. Bei dem Gedanken an den unpassenden Beinamen ihrer zukünftigen Wahlheimat verzog sie unwillkürlich den Mund. Sie konnte sich nicht einmal vorstellen, das Bett mit Dimitri zu teilen. Darüber würde sie mit ihm reden müssen.
Wahrscheinlich war sie die erste verheiratete Griechin, die als Jungfrau sterben würde, doch sie hatte nicht die Absicht, mit Dimitri zu schlafen, solange er sich eine Geliebte hielt. Ebenso wenig hatte sie die Absicht, von ihm zu verlangen, dass er sich von der anderen Frau trennte. Bei der Vorstellung, mit ihm zu schlafen, wurde ihr jedes Mal übel. Deshalb vermied sie so gut es ging, über diesen Aspekt der bevorstehenden Hochzeit nachzudenken.
Spiros schien über irgendetwas verärgert zu sein. Was es auch war, Phoebe ermahnte sich innerlich, dass es sie nichts mehr anging. Sie heiratete seinen Bruder.
Zum ersten Mal seit zwei Wochen wurde die Gleichgültigkeit, die sie ihrem Herzen aufgezwungen hatte, erschüttert, und die Gedanken an die Zukunft bereiteten ihr in ihrem tiefsten Innern unerwartete Qualen. Sie löste den Blick von Spiros und wandte sich ihrem Bruder zu. Sie wollte ihn fragen, wie es in der Schule lief, doch sie war innerlich zu aufgewühlt, um diese harmlose Frage hervorzubringen.
Wie konnte sie Dimitri heiraten, wenn sie doch Spiros liebte? Wie sollte sie zukünftige Familienfeiern mit Spiros überstehen, wenn sie seinem Bruder gehörte? Auch wenn es nur auf dem Papier war.
Vor jenem Kuss wäre Phoebe vielleicht dazu fähig gewesen, doch jetzt stürzte sie allein der Gedanke in tiefe Depressionen.
Sie musste Familienfeiern in Zukunft einfach meiden. Dimitri würde dafür Verständnis haben müssen. Und wenn nicht, konnte sie auch nichts daran ändern. Freiwillig würde sie sich diesen Höllenqualen nicht mehr aussetzen. Und vielleicht wurde es ja mit der Zeit besser. Das war ihre einzige Hoffnung.
Unerwiderte Liebe konnte doch nicht ewig halten.
Sie zwang sich, mit dem Mund Worte zu formen und ihren Bruder endlich nach der Schule zu fragen. Doch sie erhielt nur ein Augenrollen als Antwort. „Im Moment ist keine Schule, Schwesterchen.“
„Oh. Da bin ich wohl nicht mehr ganz auf dem Laufenden, was?“
„Nicht ganz“, spottete er gutmütig. „Mach dir nichts draus. Mutter sagt, du arbeitest gerade unglaublich viel.“
„Das stimmt, ich mache tatsächlich viele Überstunden.“
„Wird Vater von mir dasselbe erwarten, wenn ich mit der Schule fertig bin?“ Chrysanthos schien diese Aussicht zu beunruhigen. „Ich bin der Sohn, da wird es für mich wahrscheinlich sogar noch schlimmer. Glaubst du nicht auch?“
„Im Moment gibt es da ein paar Probleme. Es ist eine Ausnahmesituation. Wenn du mit der Schule fertig bist, ist das hoffentlich ausgestanden.“
„Meinst du? Ich würde so gern noch ein wenig durch die Weltgeschichte reisen, ehe ich mich in mein Schicksal ergebe.“
Sie lächelte. „Das verstehe ich gut. Du könntest doch in Übersee studieren, so wie ich.“
„Glaubst du nicht, dass Vater dann enttäuscht wäre?“
„Ich finde, du solltest auch etwas für dich tun. Wer weiß, wie lange du noch Gelegenheit dazu hast.“
„Du meinst, so wie du?“, fragte er hintergründig.
Ihr Herz setzte kurz aus. „Was meinst du damit?“
„Glaubst du, ich weiß nicht, was los ist? Ich bin vielleicht noch nicht ganz erwachsen, aber kein Idiot.“ Er blickte sie mit einem so ernsten Blick an, dass sie erschrak. „Wenn du es für mich tust, lass es bitte.“
Sie neigte sich vor und gab ihm gerührt einen Kuss auf die Wange. „Mach dir um mich keine
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