Julia Extra Band 0319
Besucherinnen, eine blonde, attraktive Frau, nach der sich die Männer umwandten – vorausgesetzt, sie blickten nicht unverwandt auf die Großbildschirme vor der Klinik, auf denen die Zuschauer regelmäßig über den Gesundheitszustand ihres Königs informiert wurden. Ein Volk betete für seinen Herrscher, niemand achtete in diesem Moment auf Felicity.
Sie stoppte ein Taxi und stieg ein. Auch der Fahrer nahm sie kaum wahr, sondern achtete nur auf die Nachrichten im Radio, die ebenfalls von der Operation berichteten.
Einen besseren Zeitpunkt hätte sie nicht wählen könne. Auch am Flughafen beachtete man sie kaum, das Bodenpersonal war ins Gespräch über den Gesundheitszustand des Scheichs vertieft. Ihre Erklärung, sie müsse unbedingt zu ihrer kranken Schwester nach England und brauche deshalb ein Ticket für den nächsten Flug, interessierte niemanden. Als sie ihren Namen sagte, hielt sie kurz den Atem an. Was, wenn ihr Name plötzlich das Sicherheitspersonal auf den Plan riefe? Doch ihre Sorge war unnötig. Problemlos bekam sie den Flugschein ausgehändigt.
Mit Herzklopfen ging sie durch die Passkontrolle. Jeden Augenblick erwartete sie, eine Hand werde sich schwer auf ihre Schulter legen und sie zurückhalten. Doch nichts geschah.
Endlich entdeckte sie Helen in der Wartezone. Kurz trafen sich ihre Blicke, doch Felicity wandte schnell den Blick ab. Sie wollte die Freundin nicht gefährden, falls ihre Flucht doch noch misslang. Unruhig starrte sie auf die Anzeigentafel. Noch eine Stunde bis zum Abflug.
Wenn Karim sie jetzt anriefe, wäre alles vergebens. Sobald er den Flughafenlärm im Hintergrund wahrnähme, wäre ihr Schicksal besiegelt. Doch sie konnte das Handy auch nicht ausschalten, weil er sich sofort auf die Suche nach ihr machen würde, wenn er sie nicht erreichte. Überall standen bewaffnete Wachleute. Felicity fühlte sich, als starre jeder sie an.
Mit aller Willensanstrengung versuchte sie, lässig an den Sicherheitskräften vorbeizugehen. Wenn er nur nicht anriefe! In diesem Moment hörte sie das Klingeln in ihrer Handtasche. Geistesgegenwärtig steuerte sie die nächste Toilette an und schloss sich in der Kabine ein. Mit bebenden Fingern zog sie das Telefon heraus.
„Felicity?“ Sein Tonfall klang besorgt und zärtlich.
Fast freute sie sich, dass er anrief. Doch dann dachte sie daran, welche Rolle sie für ihn spielte. Sie war nichts weiter als ein Mittel zum Zweck. Er bestimmte und erwartete, dass sie gehorchte. Doch da hatte er sich verrechnet!
„Wie geht es deinem Vater?“, fragte sie in dem Versuch, vollkommen normal zu klingen.
„Sie operieren ihn jetzt schon seit drei Stunden.“
Sie hörte die Anspannung in seiner Stimme, doch das berührte sie nicht mehr. Sanft strich sie mit der Hand über ihren Bauch. Das Baby war das Einzige, was noch zählte.
„Wie geht es dir ?“, gab er die Frage zurück.
„Ein bisschen müde.“ Ihre Hand zitterte so sehr, dass sie kaum das Handy halten konnte. Hoffentlich hatte dieser Albtraum bald ein Ende.
Es folgte eine lange, unerträgliche Pause, ehe er weiter sprach. „Felicity, ich …“
In der Kabine nebenan rauschte die Spülung. Felicitys Herz raste. Verzweifelt versuchte sie, das Telefon abzudecken, damit er das Geräusch nicht hörte. Doch plötzlich kam ihr der rettende Gedanke. Ja, sie war auf der Toilette. Schließlich ging es ihr nicht gut.
„Ich bleibe nicht mehr lange, aber gönn mir ein bisschen Ruhe. Bis später.“
Es war ein normales Telefongespräch unter Tausenden. Niemand ahnte, dass es das letzte Telefonat war, das sie jemals mit diesem Mann führen würde. Sie war auf dem Weg in eine andere Kultur, in eine andere Welt.
Selbst als ihr Flug aufgerufen wurde und sogar noch, als das Flugzeug bereits beschleunigte, erwartete Felicity, der Pilot werde den Start abbrechen und die Maschine werde von Soldaten gestürmt. Doch dann hob das Flugzeug ab, das Zeichen zum Anschnallen erlosch, und sie entspannte sich. Bis sie ein Gedanke durchfuhr. Sie war keineswegs in Sicherheit.
Niemals würde sie sicher sein vor Karim und seinen Leuten. Denn sie hatte den künftigen Thronfolger seines Landes entführt.
„Geht es dir gut?“
Es waren die ersten Worte, die sie seit Felicitys Flucht wechselten. Helen hatte es geschafft, einen Platz direkt hinter der Freundin zu bekommen, sodass sie sich nahezu unbemerkt unterhalten konnten.
„Mir ist furchtbar übel“, gab Felicity zu. „Ich weiß nicht, ob es an der Schwangerschaft
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