Julia Extra Band 0325
wusste, dass Morgans Tränen echt waren. Und er war schuld daran, weil er sich ihr gegenüber aufführte, wie er es sonst nur bei unfähigen Mitarbeitern tat. „Bitte, nicht weinen.“
„Sagen Sie mir nicht, was ich tun soll“, entgegnete sie schluchzend. „Ich habe die Nase voll von Ihrem Befehlston. Gehen Sie weg, Bryan.“
Er blieb nicht nur, sondern kam sogar zu ihr. Plötzlich war er ihr nahe genug, um den Duft des Babypuders zu riechen. Nahe genug, um ihr tröstend über die Wange zu streichen. Er musste sich beherrschen, um es nicht zu tun. „Bleiben Sie hier, Morgan. Und zwar nicht, weil es in der Öffentlichkeit besser aussieht.“
„Weshalb dann?“
Weil ich es will, dachte er. Weil ich dich kennenlernen und verstehen will. Was für eine idiotische Idee war das denn? „Weil es für Brice besser ist“, sagte er nur.
Sie ließ die Schultern hängen und senkte den Kopf. Bryan beugte sich vor, bis ihre Stirn an seiner Brust ruhte. Auch Brice war plötzlich ganz still.
Nach einem Moment seufzte sie. „Das ist gemein.“
Er lachte bitter. „Stimmt, aber wir wissen ja schon, dass ich ein Mistkerl bin.“
Sie hob den Kopf. „Keine Schimpfworte vor dem Baby“, ermahnte sie ihn sanft.
„Entschuldigung.“
„Okay, ich bleibe. Aber nur bis Ihre Eltern zurückkommen. Sie wissen noch immer nichts von Brice, oder?“
„Nein. Sie haben schon so viel durchgemacht.“ Seine Eltern hatten nicht nur den Verlust einer Schwiegertochter und des Kindes, das sie für ihren Enkel gehalten hatten, sondern auch den Tod ihres jüngsten Sohnes verkraften müssen.
„Und Sie glauben, dass ich ihnen noch mehr Schmerz bereite“, sagte Morgan betrübt.
Er machte einen Schritt zurück und wandte sich ab. „Ich habe Gründe, weshalb ich so bin“, sagte er leise. Das hatte er noch keinem anderen Menschen gesagt.
„Sie werden wohl über die Gründe hinwegkommen müssen, wenn Sie kein sehr einsames Leben führen wollen.“
4. KAPITEL
In dem schicken französischen Restaurant saß Bryan seiner Begleiterin gegenüber und nippte an einem teuren Rotwein. Er tat so, als würde er ihr zuhören, während er daran dachte, was Morgan heute vor drei Wochen zu ihm gesagt hatte.
Sie werden wohl über die Gründe hinwegkommen müssen, wenn Sie kein sehr einsames Leben führen wollen .
Unsinn, ich bin nicht einsam, redete er sich ein. Ganz im Gegenteil.
„Findest du nicht auch?“, fragte Courtney.
„Natürlich“, erwiderte er und nickte, obwohl er keine Ahnung hatte, wovon sie redete.
Er wusste nur, dass er genau das hatte, was er wollte. Courtney Banks war weltgewandt und … na gut, dank ihrer Scheidung ebenso zynisch wie er, wenn es um das jeweils andere Geschlecht ging. Aber gerade das machte sie zu einer idealen Lebensabschnittsgefährtin. Sie hatte absolut kein Interesse daran, sich zum zweiten Mal fest zu binden, und brauchte sein Geld nicht, denn sie hatte selbst genug. Kurz nach seiner Scheidung war er ihr begegnet, und seitdem trafen sie sich, wenn einer von ihnen Lust auf einen amüsanten Abend ohne weitere Verpflichtungen hatte. Deshalb hatte er sie vorhin angerufen. Aber die einzige Frau, die er jetzt im Kopf hatte, war die freimütige Blondine, an die er nicht denken sollte – und von der er erst recht nicht träumen durfte, wie er es in der letzten Nacht getan hatte.
„Du hörst ja gar nicht zu“, beschwerte sich Courtney lachend.
Bryan blinzelte. „Wie bitte?“
„Du hast mir gerade zugestimmt, dass die White Sox wesentlich besser Baseball spielen als die Cubs. Dabei wissen wir beide, was für ein glühender Fan der Cubs du bist.“
Er verzog das Gesicht. „Entschuldige. Ich fürchte, mir geht heute Abend viel im Kopf herum.“
„Wenn ich es nicht besser wüsste, Bryan, wäre ich jetzt vielleicht eifersüchtig.“
Er nahm ihre Hand und drückte sie. „Der Typ bist du nicht.“ Außerdem hätte nichts an ihrer Beziehung Eifersucht gerechtfertigt. Sie hatten keinen Exklusivanspruch auf den anderen. Keiner von ihnen wollte eine feste Beziehung.
Anmutig zuckte Courtney mit den Schultern. „Ich bin vielleicht nicht eifersüchtig, aber wenn ich mit einem Mann zusammen bin, will ich, dass er an nichts anderes als an mich denkt.“
„Das hast du auch nicht anders verdient“, sagte er. Aber es war mehr, als er ihr an diesem Abend bieten konnte. „Würdest du mich hassen, wenn ich jetzt gehe? Ich bin heute keine sehr anregende Gesellschaft.“
„Hassen ist das falsche Wort. Ich wäre sehr
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