Julia Extra Band 0325
für seinen Bruder fühlte.
5. KAPITEL
In der folgenden Woche hörte Morgan nichts von Bryan. Und in der danach meldete er sich ebenfalls nicht. Sie war nicht sicher, ob sie dankbar oder enttäuscht sein sollte. Noch immer wurde ihr warm, wenn sie an den Kuss dachte, und das tat sie oft.
Er auch?
Sie schaffte es, die Frage in den Hintergrund zu drängen – aber nur, bis er sie am Freitagabend anrief.
„Morgan, hier ist Bryan“, sagte er überflüssigerweise. Schließlich hatte sie nicht viele männliche Anrufer, erst recht keine mit einer so tiefen und sexy Stimme. „Hast du heute Abend frei?“
Die Frage verblüffte sie, daher antwortete sie mit einer Gegenfrage. „Warum?“
„Es gibt etwas, worüber wir reden müssen.“
Das klang bedrohlich und machte sie nervös. Sogar noch nervöser, als wenn er sie eingeladen hätte, mit ihm auszugehen. Vielleicht hatte ihre Reaktion auf seinen Kuss Bryan dazu bewogen, nun doch auf einem Vaterschaftstest zu bestehen.
„Hast du schon gegessen?“
Sie schaute auf die Uhr. Es war fast sieben. „Vor zwei Stunden. Falls man eine Schüssel Cornflakes als Essen bezeichnen kann.“
Er zögerte kurz. „Ich könnte etwas vom Chinesen mitbringen. Gleich um die Ecke vom Penthouse gibt es einen sehr guten. Was hältst du davon?“
„Ich mag Hähnchen und Sojasprossen und Erbsenschoten. Die Frühlingsrolle und den Glückskeks kannst du weglassen, und nimm gekochten, keinen gebratenen Reis.“
Er lächelte. „Wir sehen uns in einer halben Stunde.“
Leider hielt er Wort und stand ausgerechnet dann vor der Tür, als sie gerade Brice gestillt hatte. Das Baby hatte zu weinen begonnen, kaum dass sie aufgelegt hatte. Deshalb war sie nicht mehr dazu gekommen, sich umzuziehen und frisch zu machen. Sie trug noch immer das weite Kleid, in dem sie zur Arbeit gegangen war. Aus dem Clip am Nacken hatten sich etliche Strähnen gelöst, und von dem Make-up, das sie am Morgen angelegt hatte, war nichts mehr zu sehen.
Sie hatte Brice auf dem Arm, als Bryan die Wohnung betrat. Sofort fiel sein Blick auf das Baby, und sein schmaler Mund entspannte sich. Weil er seinen Bruder sah? Mehr und mehr entdeckte sie an ihrem Sohn Ähnlichkeiten mit Dillon oder Gesichtszüge, die eher von den Caliborns als von den Stevens stammten.
Oder dachte Bryan daran, wie sie das letzte Mal im Eingangsbereich gestanden und sich geküsst hatten? Jetzt ruhte sein Blick auf Morgan – genauer gesagt, auf ihrem Mund. Sie war sicher, dass er es gleich ansprechen würde, und wartete gespannt darauf. Aber er tat es nicht, und sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Hieß das etwa, dass sie die Einzige war, die den Kuss nicht vergessen konnte?
Er hielt eine braune Papiertüte hoch. „Sollen wir in der Küche essen?“
Morgan nickte. „Das gute Porzellan brauchen wir sicher nicht.“
Sie holte Brices Kindersitz aus dem Schlafzimmer und half Bryan, die Granitinsel mit zwei Tellern und Bestecken zu decken.
„Möchtest du etwas trinken?“, fragte er.
„Ich hole mir selbst etwas.“ Sie setzte Brice in den Kindersitz und schenkte sich ein Glas Milch ein. „Möchtest du auch welche oder lieber Scotch mit Soda?“
„Heute Abend nehme ich nur ein Wasser.“
Erst als sie saßen, stellte Morgan die Frage, die sie seit seinem Anruf beschäftigte. „Worüber wolltest du mit mir reden?“
„Über zwei Dinge.“ Er nahm einen der Kartons und füllte ihnen gekochten Reis auf. „Erstens, Windy City Industries möchte dem Stadtteilzentrum etwas zukommen lassen.“
Überrascht sah sie ihn an. „Das ist sehr großzügig. Sie würden sich über jeden Betrag freuen, da bin ich sicher.“
„Kein Geld. Na ja, jedenfalls nicht direkt. Natürlich sprechen wir erst mit deinen Vorgesetzten, aber wir möchten von dir eine Liste all der Musikinstrumente, die du für deinen Unterricht brauchst. Wir werden sie kaufen und so bald wie möglich ins Zentrum liefern lassen.“
„Danke, Bryan! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Sie strahlte ihn an. „Du hast ja keine Ahnung, was für ein tolles Geschenk du den Kindern damit machst.“
Er machte eine abwehrende Handbewegung. „Nicht ich, Morgan. Es kommt von Windy City Industries. Wir halten viel von sozialem Engagement und unterstützen gern Projekte, die wir für sinnvoll halten. Und Musikunterricht für gefährdete Kids ist äußerst sinnvoll, deshalb habe ich den zuständigen Leuten in der Firma einen Hinweis gegeben und ihnen die
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