Julia Extra Band 0326
arbeiten, und morgen habe ich einen anstrengenden Tag vor mir. Sofort nach dem Essen heißt es für mich, ins Bett gehen und schlafen.“
„Spielverderberin!“ Coral lachte gutmütig. „Egal, ich habe sowieso nur Spaß gemacht.“ Trotzdem blickte sie immer wieder sehnsüchtig zu den beiden Männern am Nachbartisch hinüber.
Erst das Essen lenkte ihre Gedanken wieder in eine andere Richtung. Genussvoll ließ sie sich das zarte Kalbsfleisch auf der Zunge zergehen und rätselte gleichzeitig darüber, welche Zutaten sich in dem leckeren Salatdressing befanden. „Und dann diese Fritten!“, meinte sie theatralisch und verdrehte die Augen. „Ich hatte solche Angst davor, ständig nur Pasta essen zu müssen.“
Als Coral noch einmal Wein bestellen wollte, widersprach Emily zuerst, gab dann jedoch ihrer Freundin zuliebe nach. So gut gelaunt und entspannt hatte sie Coral schon lange nicht mehr erlebt.
Sie hatten ihre Gläser fast geleert, als die beiden Männer vom Nachbartisch aufstanden und sich unaufgefordert zu ihnen setzten. „Ist das okay?“, fragte der eine.
Coral nickte begeistert, während Emily nur kühl die Schultern zuckte. Die Männer bestanden darauf, den beiden Frauen noch ein Glas Wein zu bestellen, und winkten der Bedienung. Die beiden wirkten noch sehr jung, Emilys Schätzung nach gerade zwanzig, sahen hervorragend aus und waren mit eleganter Lässigkeit gekleidet. Corals unverhohlene Blicke hatten ihnen offensichtlich Mut gemacht.
Sofort erkannten sie, dass Emily und Coral englische Touristinnen waren, und versuchten, mit ihren mangelhaften Englischkenntnissen eine Unterhaltung in Gang zu bringen. Dabei lachten sie über ihre Fehler und gestikulierten temperamentvoll, um sich verständlich zu machen. Als jedoch einer der beiden Emilys Hand ergriff, ihr verliebt in die Augen sah und Komplimente machte, war für sie die Grenze erreicht. Sosehr sie Coral die männlichen Bewunderer auch gönnte, irgendwo hörte der Spaß auf.
Sie zog den Arm zurück und blickte auf die Uhr. „Nett, Sie getroffen zu haben“, meinte sie. „Leider müssen wir jetzt gehen.“
„Nein, nein“, protestierte ihr selbst erklärter Kavalier. „Noch nicht!“
Emily hoffte auf Corals Unterstützung, doch diese wich ihrem Blick aus. Offensichtlich wollte sie noch bleiben. Emily fühlte sich hilflos. Die beiden Männer waren jung und wohlerzogen und stellten mit Sicherheit keine Bedrohung dar. Doch eine Situation wie diese hatte sie unbedingt vermeiden wollen. Wie konnte sie sich nur aus der Affäre ziehen, ohne unhöflich zu werden?
In diesem Moment spürte Emily eine Hand warm auf ihrem bloßen Oberarm und blickte auf – genau in die unergründlichen Augen des Fremden, bei dem sie am Nachmittag das Marmeladenglas gekauft hatte. Der Mann lächelte sie in einer Art und Weise an, die ihr den Atem stocken ließ.
„Zum zweiten Mal kreuzen sich unsere Wege“, meinte er ruhig. „Ich saß hinten an der Bar und sah Sie kommen. Fühlen Sie sich in irgendeiner Weise belästigt?“
Emily war fassungslos. Bei der ersten Begegnung hatte der Fremde nicht viele Worte gemacht, was sie auf lückenhafte Sprachkenntnisse zurückgeführt hatte. Jetzt sprach er fließend ein nahezu akzentfreies Englisch, trat selbstsicher auf und benahm sich wie ein Mann von Welt. Nachdem sie sich vom ersten Schrecken erholt hatte, musste sie jedoch zugeben, wie sehr sie sich über sein Erscheinen freute. Die peinliche Situation würde sich so leichter lösen lassen.
Und wirklich, wie auf Kommando standen ihre beiden jungen Verehrer auf und verbeugten sich. „Giorno, Giovanni“, begrüßten sie ihn wie aus einem Munde.
Anscheinend kannten sie ihn gut, worüber Emily sich nicht weiter wunderte, besaß er doch einen Laden in diesem Viertel.
„Hallo, nett, Sie noch einmal zu treffen“, sagte sie dann. „Meine Freundin und ich möchten zurück ins Hotel, was diese jungen Herren anscheinend nicht so recht verstehen.“
Giovanni begann ein temperamentvolles und gestenreiches Gespräch mit den beiden, und alle drei lachten. Wahrscheinlich auf unsere Kosten, dachte Emily unwillkürlich. Schließlich verbeugten sich die beiden jungen Männer noch einmal höflich, lächelten und verschwanden.
„Ich bin Giovanni oder Gio, wie mich meine Freunde nennen.“ Er schenkte Coral ein entwaffnendes Lächeln und blickte Emily dann fragend an.
„Ich heiße Emily“, erklärte sie schnell. „Und dies ist Coral. Wir sind erst seit einigen Tagen in Rom –
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