Julia Extra Band 0326
es ist für uns so eine Art Urlaubsreise.“
Emily entging natürlich nicht, wie beeindruckt Coral war. Und das nicht nur, weil ihre Freundin offensichtlich jemandem begegnet war, von dem sie nichts erzählt hatte, sondern weil es sich dabei um einen Traum von einem Mann handelte. Sie würde Coral nachher etliches zu erklären haben.
„Bitte setzen Sie sich doch … Giovanni“, forderte sie ihn nach einigem Zögern auf, um nicht unhöflich zu erscheinen. Kaum hatte sie die Einladung ausgesprochen, saß er auch schon bei ihnen am Tisch. „Ich habe heute Nachmittag für Dad ein hübsches Geschenk in Giovannis Laden gekauft“, wandte sie sich dann erklärend an Coral.
War Coral zuerst ärgerlich über das frühzeitige Ende des kleinen Abenteuers gewesen, war sie jetzt hingerissen von Giovanni. Er trug perfekt sitzende Jeans und ein tadellos gebügeltes weißes Oberhemd mit offenen Kragen, das einen Blick auf seine muskulöse Brust erhaschen ließ. Sein Haar fiel ihm verspielt in die hohe Stirn, und seine dunklen, fast schwarzen Augen waren von Wimpern umrahmt, um die ihn jede Frau beneidet hätte.
Als Giovanni Corals Hand ergriff und beteuerte, wie sehr er sich freue, sie zu treffen, befürchtete Emily, ihre Freundin könnte jeden Moment vom Stuhl kippen.
„Oh …“, hauchte Coral. „Die Freude … liegt ganz auf meiner Seite, … Gio.“
„Wollen wir nicht unsere neue Bekanntschaft feiern? Was darf ich Ihnen bestellen?“
„Für mich bitte nur einen Cappuccino“, antwortete Emily sofort und hoffte, Coral, die wirklich schon genug Alkohol getrunken hatte, würde sich ihr anschließen. Doch weit gefehlt, sie wünschte sich Prosecco, woraufhin Giovanni gleich eine ganze Flasche kommen ließ.
Coral erzählte Giovanni während der nächsten halben Stunde ihre gesamte Lebensgeschichte, gab jedoch auch Emily einige Male die Gelegenheit, eine Bemerkung einzuflechten.
„Ich möchte jetzt zurück zum Hotel, Coral“, meinte Emily schließlich. „Es wird mir sonst zu spät.“
Giovanni erkundigte sich nach dem Namen des Hotels. „Das liegt direkt auf dem Weg zu mir nach Hause“, erklärte er dann. „Mein Auto steht gleich um die Ecke, und es wäre mir ein Vergnügen, Sie chauffieren zu dürfen.“
Ehe Coral noch in Begeisterungsstürme ausbrechen konnte, kam ihr Emily zuvor. „Vielen Dank für das Angebot, aber wir nehmen uns ein Taxi, schließlich haben wir Ihre Zeit lange genug in Anspruch genommen.“ Sie stand auf und zwang Coral mit einem durchdringenden Blick, ihrem Beispiel zu folgen.
„Es war mir … uns … wirklich ein Vergnügen … Vielen Dank für die Einladung, Gio.“ Emily wandte sich zum Gehen.
„Keine Ursache.“ Er legte den Kopf zur Seite und sah sie an. „Sie wissen, wo ich zu finden bin. Wenn Sie morgen noch irgendwelche Fragen haben, kommen Sie einfach im Laden vorbei. Ich helfe Ihnen gern.“
„Danke für das Angebot, doch ich komme auch allein zurecht.“ Emily drehte sich um und schob Coral mit sanfter Gewalt zum Ausgang.
„Er ist ein Fremder für uns. Wir dürfen ihm nicht einfach blauäugig vertrauen“, erklärte sie Coral im Taxi, als diese gegen ihr autoritäres Verhalten protestierte.
Später jedoch, als sie im Bett lag und auf Corals regelmäßige Atemzüge lauschte, ging sie mit sich selbst ins Gericht. Nein, von Giovanni hätten sie nichts zu befürchten gehabt, dessen war sie sich sicher. Es waren andere Gründe, die dagegen sprachen, die Bekanntschaft zu vertiefen.
Emily drehte sich um und suchte mit dem Kopf nach einer kühlen Stelle auf ihrem Kissen. Obwohl sie die Lider geschlossen hielt, sah sie Giovanni mit seinem verführerischen Blick genau vor sich. Entschlossen richtete sie sich auf und strich sich das Haar aus der Stirn. So durfte das nicht weitergehen, sie war nach Rom gekommen, weil sie in ihrem neuen Job Erfolg haben wollte und nicht, um den erstbesten Italiener, der ihr Beachtung geschenkt hatte, zum Helden ihrer Fantasien zu machen.
Trotzdem stimmte es sie traurig, ihn wahrscheinlich niemals wiederzusehen, denn in zwei Tagen flogen Coral und sie zurück nach London.
Zurück in seiner Luxuswohnung im Herzen von Rom stellte Giovanni sich erst einmal unter die kalte Dusche. Er konnte es immer noch nicht ganz fassen, der attraktiven Fremden in dieser Riesenstadt tatsächlich ein zweites Mal begegnet zu sein. Und was für ein glücklicher Zufall, dass sich ihm die ideale Gelegenheit geboten hatte, sich ihr unaufdringlich zu nähern.
Mit sich
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