Julia Extra Band 0326
abgesetzt, und sein dichtes schwarzes Haar fiel ihm ungebändigt in die Stirn. Sein markantes Gesicht war tief gebräunt, und Emily fand die ganze Erscheinung des Mannes atemberaubend attraktiv.
„Wie bitte?“ Sie klang wie ein aufgeregter Teenager und ärgerte sich darüber. Dies war schließlich nicht der erste gut aussehende Italiener, dem sie begegnete. Sie riss sich zusammen.
„Ein Unikat“, wiederholte er. „Alles Einzelstücke, mundgeblasen.“ Er nahm eins der Gläser aus dem Regal und streichelte es liebevoll. Fasziniert betrachtete Emily seine schlanken, wohlgeformten Hände.
„Wirklich … ein hübsches Stück.“ Sie sprach betont langsam. „Was soll es kosten?“
Er lächelte und zog die Brauen hoch. Ohne die Augen von ihr zu wenden, deutete er mit dem Finger auf das Preisschild.
„Oh, natürlich, das habe ich ganz übersehen.“ Schnell zog Emily die Geldbörse hervor.
„Kein Problem.“
Er sprach sehr bedächtig, fand Emily. Wahrscheinlich hatte er nur die Brocken Englisch gelernt, die er für seinen Job brauchte. Doch mit den fünf Vokabeln, die sie bisher von ihm gehört hatte, war er erstaunlich weit gekommen. Anscheinend brauchte er nicht viel mehr, um den kleinen Laden erfolgreich zu führen.
Als sie ihm die Geldscheine reichte, nutzte er die Gelegenheit, ihre Hand dabei länger als unbedingt erforderlich zu berühren. Emily empfand den flüchtigen Kontakt nicht als unverschämt, sondern ganz im Gegenteil als liebevoll und aufmunternd.
Sie beobachtete, wie er das kleine Kunstwerk vorsichtig in Seidenpapier wickelte, bevor er es in einer Tragetasche aus braunem Papier verstaute.
„Für Sie?“
Emily konnte nicht anders, sie musste ihn einfach anlächeln. „Nein. Ein Geschenk. Für meinen Vater … selbst Marmelade zu kochen ist sein neuestes Hobby.“
„Aha.“ Seine dunklen Augen wurden für einen Moment ernst. „Ihr Vater ist … allein?“
Emily zögerte. „Meine Mutter ist vor vier Jahren gestorben“, erklärte sie ruhig und griff nach der Tragetasche. Doch der Fremde war schneller und drückte ihr mitfühlend die Hand.
„Das tut mir aufrichtig leid.“ Für einen kurzen Moment sah er ihr tief und ernst in die Augen, dann lächelte er wieder unverbindlich und höflich.
Emily verabschiedete sich hastig und trat auf die Straße. Sie fühlte sich eigenartig, fast wie benommen. Litt sie vielleicht unter einem Sonnenstich? Wie kam es, dass sie die Begegnung mit diesem – zugegebenermaßen wahnsinnig attraktiven – Mann so aus der Fassung gebracht hatte?
Er kniff die Augen zusammen und sah ihr nach. Schon von Weitem hatte er sie kommen sehen. Die langen, schlanken und leicht gebräunten Beine, die zierlichen Sandaletten, das lange blonde Haar, das ihr offen auf die Schultern fiel, boten einen Anblick, von dem man sich nicht einfach abwenden konnte.
Diese verführerische Schönheit war keine Italienerin, vielleicht Engländerin, Deutsche oder auch Schwedin. Welche Nationalität sie auch besitzen mochte, auf alle Fälle hatte sie sein Interesse geweckt. Er hatte sich noch weiter zurückgelehnt und den Hut noch tiefer in die Stirn gezogen, um sie ungestört beobachten zu können, und dann war sie direkt neben ihm stehen geblieben, um die Auslagen zu betrachten.
Als sie schließlich sogar noch etwas kaufte, hatte er sich Zeit genommen mit dem Einpacken und nutzte die Gelegenheit, ihr so nah zu kommen, dass er ihren Duft einatmen konnte.
Jetzt verschwand die geheimnisvolle Fremde aus seinem Blickfeld, und er empfand den Nachmittag wieder als langweilig und drückend heiß. Sehnsüchtig blickte er auf die Uhr. Eine Stunde noch, dann wurde er abgelöst, konnte kalt duschen und sich einen ordentlichen Drink genehmigen. Das würde ihm hoffentlich helfen, zu seiner gewohnten Ruhe zurückzufinden.
Emily hatte einige Schwierigkeiten, das Restaurant, das als Nächstes auf ihrer Liste stand, zu finden. Das Gespräch mit dem Manager dagegen war unkompliziert und erfreulich, und in dem Lokal musste man sich einfach wohlfühlen. Sie steckte die Speisekarte und zusätzliches Informationsmaterial zu ihren Unterlagen in die Tasche, rief ein Taxi und ließ sich zurück ins Hotel bringen.
Coral lag auf dem Bett und blätterte in einer Illustrierten. Als Emily eintrat, blickte sie auf und musste ihre Freundin wieder einmal spontan bewundern. Emily war nicht nur ausgesprochen hübsch, sondern besaß auch mit Mitte zwanzig noch die Figur und Frische eines Teenagers.
„Endlich bist du
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