Julia Extra Band 0326
wohnlich und bequem.
Ohne ihr die Sandalette abzustreifen, tastete Giovanni den Knöchel ab. „Er ist zwar recht heiß und geschwollen, scheint jedoch nicht gebrochen zu sein“, erklärte er mit sicherem Blick. „Ich werde dir eine kalte Kompresse machen. Soll ich dir auch etwas zu trinken mitbringen?“
„Ein Glas Wasser.“
Kaum war sie allein, blickte sie sich neugierig um. Verspieltes Dekor war nirgends zu entdecken, das Zimmer hatte eindeutig eine männliche Note. Auf einer wuchtigen Mahagonikommode standen einige Fotografien in massiven Silberrahmen. Zwei kleine Mädchen in Badeanzügen am Strand, ein sitzender Hund und im Zentrum der kleinen Galerie das Porträt einer ausgesprochen hübschen jungen Frau. Auf einer kleineren Fotografie war sie ein zweites Mal abgelichtet, zusammen mit Giovanni. Er hatte ihr den Arm um die Schultern gelegt, und sie blickte bewundernd zu ihm auf.
In diesem Moment kehrte Giovanni zurück. Schnell sah sie woanders hin und trank dankbar etwas von dem Wasser, das er ihr reichte. Auch den Eisbeutel, den er erst in ein Handtuch wickelte, bevor er ihn auf ihren Knöchel legte, empfand sie als ausgesprochen wohltuend.
„Ich hole jetzt das Auto und fahre dich ins Hotel zurück.“ Er betrachtete sie. „Geht dein Flug gleich morgens?“
„Nein, erst um vierzehn Uhr.“ Emily schloss kurz die Augen. Was für ein schöner Tag das gewesen war, jede Minute davon hatte sie genossen.
Giovanni kniete neben dem Sofa, drückte das Eis fester auf ihren Fuß und schenkte ihr jenes verführerische Lächeln, das ihr stets ein Kribbeln im Bauch verursachte.
Emily blickte über seine Schulter zur Kommode. „Fotografierst du gern?“ Sie hoffte, er würde ihr verraten, wer die schöne Frau war.
„Ab und an, doch ich bin niemand, der unbedingt die Konterfeis sämtlicher Familienmitglieder an der Wand hängen haben muss.“ Er runzelte die Brauen. „Die Schnappschüsse hier stammen alle von meiner Mutter. Sie fotografiert wie wild und steckt bei jedem Besuch neue Bilder in die Rahmen.“
Emily blickte ihn von der Seite an. Sein Gesicht hatte sich plötzlich verfinstert, und sie wünschte, sie hätte die Frage nicht gestellt. Anscheinend herrschte in seiner Familie nicht nur Harmonie, worunter er zu leiden schien.
Giovannis Gedanken kreisten jedoch nicht um seine Familie, sondern ausschließlich um sich selbst. Was für eine Ironie des Schicksals! Er hätte diesen wunderschönen Abend mit dieser bezaubernden Frau so gern mit einer Liebesnacht beendet – stattdessen lag Emily von Schmerzen gepeinigt auf seiner Couch!
Emily wusste sein Schweigen nicht zu deuten und setzte probehalber den Fuß auf den Boden, um ihn zu belasten. Der Eisbeutel schien genau das Richtige gewesen zu sein, das Gelenk schmerzte nämlich kaum noch.
„Du bist ja der reinste Wunderheiler, Giovanni“, scherzte sie. „Ich denke, wir können zurück zum Hotel fahren.“
Während er das Auto holte, humpelte Emily zur Kommode, um sich das Foto der hübschen jungen Frau genauer anzusehen. Selbstbewusst lächelte sie in die Kamera. Ich stehe nicht nur in Giovannis Wohnung im Mittelpunkt, sondern in seinem ganzen Leben, schienen Körperhaltung und Gesichtsausdruck dem Betrachter zu sagen.
Na und, was geht das mich an? dachte Emily und wandte sich ab.
4. KAPITEL
„Den Abend hast du ja wirklich ausgenutzt, das muss ich schon sagen.“ Mit diesen Worten empfing Coral neugierig ihre Freundin.
Sie hatte sich ihr Kissen in den Rücken gesteckt und saß aufrecht im Bett. Während sie auf Emily gewartet hatte, hatte sie sich die Zeit mit Lesen vertrieben und war darüber schläfrig geworden. Doch jetzt war sie wieder hellwach. Offensichtlich erwartete sie einen ausführlichen Bericht, denn sie machte es sich bequemer. „Weißt du überhaupt, wie spät es ist? Was habt ihr gemacht? Hat der unwiderstehliche Giovanni gehalten, was sein Aussehen verspricht? Oder sind Fragen verboten?“
Emily hatte nicht die Absicht, Corals Neugier zu befriedigen und in allen Einzelheiten über den Abend zu berichten. Am liebsten hätte sie ganz geschwiegen.
„Wir waren in einem wunderschönen Restaurant essen, und der Mann am Klavier spielte alle meine Lieblingstitel“, antwortete sie ausweichend und ging zum Badezimmer. „Und lief bei dir alles, wie du es dir vorgestellt hattest?“
Auf das Stichwort hatte Coral nur gewartet. „Emily, Nico ist so ein toller Typ, das glaubst du gar nicht!“, schwärmte sie. „Wir sind durch Rom
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