Julia Extra Band 0326
veranschaulichte. „Du liebe Güte, hier ist wirklich Not am Mann! Alan hat sich allem Anschein nach um nichts gekümmert und einfach alles verkommen lassen.“
„Das kann man wohl sagen“, stimmte Etienne zu. „Es gibt sehr viel zu tun, aber unsere Arbeit wird sich lohnen.“
„Ja, das wird sie!“, erwiderte Meg zuversichtlich, und ihr Lächeln verzauberte Etienne schon wieder so sehr, dass er sich fragte, wie er dieser Frau auf Dauer widerstehen sollte.
3. KAPITEL
Etienne und Meg arbeiteten bis in den Abend hinein. Sie begutachteten das komplette Gebäude gründlich von innen und von außen, wühlten sich durch Aktenberge und Computerdateien und durchforsteten sämtliche Schränke und Schreibtischschubladen in Marys Büro, das nach ihrem Tod von Alan benutzt worden war. In einer davon fand Meg sogar ein Foto, das sie zusammen mit ihm zeigte, und dann noch eines von Paula Avery, der sexy Blondine, die Megs Platz – sowohl beruflich wie auch privat – eingenommen hatte.
Rasch legte Meg die Bilder zurück, damit Etienne sie nicht sah. Sie mochte gar nicht daran denken, wie schäbig Alan sie behandelt und wie schamlos er den Umstand ausgenutzt hatte, dass sie die Vertraute seiner Mutter gewesen war. Er hatte sich bei Meg eingeschmeichelt, in der Hoffnung, sie würde Mary zu seinen Gunsten manipulieren und ihm so den Weg in die Unternehmensführung ebnen. Und Meg war so dumm gewesen, auf seinen vorgespielten Charme hereinzufallen. Sie hatte tatsächlich geglaubt, Alan sei verliebt in sie, und war dann bitter von ihm enttäuscht worden. Doch dieses dunkle Kapitel war nun vorbei, und für Meg begann ein völlig neues Leben. Sie hatte aus ihren Fehlern gelernt und würde sich von keinem Mann mehr hinters Licht führen lassen.
Unwillkürlich schoss ihr in diesem Zusammenhang Etienne plötzlich durch den Kopf. Er war von Anfang an ehrlich zu ihr gewesen und hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass es für eine feste Beziehung in seinem Leben keinen Platz gab. Davon abgesehen war Meg sicher, dass er sich ohnehin nicht für sie interessieren würde, denn bestimmt war er es gewohnt, von wunderschönen Frauen umschwärmt zu werden, die gegen eine kurze und unverbindliche Affäre auch nichts einzuwenden hatten.
„Also gut, das wär’s vorerst“, riss seine Stimme sie aus ihren Gedanken. „Jetzt kennen wir den Stand der Dinge und wissen, was wir zu allererst angehen müssen.“
„Tja, das wird alles andere als leicht“, antwortete Meg und besann sich wieder auf die Arbeit. „Fieldman’s steht das Wasser bis zum Hals, und ehrlich gesagt bin ich nun gar nicht mehr so sicher, ob sich das Blatt noch wenden lässt. Aber Edie und die anderen sind so verzweifelt, dass wir es einfach versuchen müssen. Ihr Mann hat letztes Jahr seinen Job verloren und immer noch keinen neuen gefunden, und wenn Edie jetzt auch noch arbeitslos wird, dann sieht es düster für die beiden aus. Und all den anderen wird es auch nicht sehr viel besser gehen.“
„Ich finde es schon erstaunlich, dass Sie sich so viele Gedanken um Ihre ehemaligen Kollegen machen“, erwiderte Etienne. „Damals hat Ihnen doch keiner geholfen, als Alan Sie hinausgeworfen hat.“ Er sah sie prüfend an. „So war es doch, nicht wahr?“
„Ja, so war es“, gestand Meg und senkte dabei den Blick. „Aber das kann ich auch verstehen. Die meisten von ihnen haben Familie oder einen Berg von Schulden und konnten deshalb das Risiko nicht eingehen, sich mit Alan anzulegen. Davon abgesehen war ich … im Grunde selber schuld an diesem Drama“, fügte sie zögernd hinzu.
„Das glaube ich nicht, ma chère .“
Etienne hatte die letzten beiden Worte so sanft, ja, beinahe zärtlich ausgesprochen, dass Meg ein prickelnder Schauer überlief. Oder hatte sie sich das nur eingebildet?
„Alles, was wir hier gesehen haben, weist deutlich darauf hin, dass einzig und allein Alan verantwortlich für Fieldman’s Scheitern war“, fuhr er fort. „Sie dürfen nicht zulassen, dass dieser Kerl Ihnen immer noch das Selbstvertrauen nimmt. Überhaupt sollten Sie ihr Selbstwertgefühl nicht von der Meinung anderer abhängig machen.“
„Das tue ich auch nicht“, erwiderte sie, obwohl Etienne mit seiner Vermutung ziemlich richtig lag. Jahrelang hatte Meg unter der fehlenden Anerkennung anderer gelitten, denn ihre Eltern hatten sie stets spüren lassen, dass sie kein Wunschkind war. Ein zweites Baby hatte nicht in die Pläne ihrer Mutter gepasst, und auch ihr Vater hatte sich
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