Julia Extra Band 0326
angehen können.“ Er sah Meg an, und wieder schlug sein Herz etwas schneller. Obwohl ihr das Kostüm, das sie trug, nicht nur eine Nummer zu groß war, sondern auch überhaupt nicht stand, vermochte es doch ihre reizvollen weiblichen Formen nicht zu verbergen. „Aber keine Sorge, die Mitarbeiter bekommen den Tag bezahlt.“
„Das habe ich nicht gemeint, ich dachte nur … nun ja, die Firma steht kurz vor dem Konkurs, und gerade deshalb wäre es doch wichtig, dass alle vollen Einsatz bringen. Ist es da nicht paradox, sie gerade jetzt nach Hause zu schicken?“
„Sehen Sie, genau das brauche ich: Kaum sind Sie hier, schon stellen Sie meine Entscheidungen infrage.“ Etienne lächelte, als er sah, wie Megs Wangen sich leicht röteten. Offensichtlich hatte er sie gerade in Verlegenheit gebracht. „Keine Angst, das braucht Ihnen jetzt nicht peinlich zu sein, im Gegenteil. Ich freue mich, wenn meine Mitarbeiter mitdenken und konstruktive Kritik äußern.“
„Wie kommen Sie darauf, dass mir das peinlich wäre?“
„Sie sind ein bisschen rot geworden.“
„Ich werde niemals rot“, widersprach Meg bestimmt, obwohl sie im gleichen Augenblick spürte, dass ihre Wangen tatsächlich glühten.
Etienne lachte. „Ich kenne keine Frau, die niemals rot wird. Aber jetzt mal Spaß beiseite, Meg. Ich denke, wir sollten von Anfang an ehrlich zueinander sein, finden Sie nicht auch?“
Er sah sie nun so intensiv an, dass Meg ganz nervös wurde. Was er wohl dabei dachte? Vermutlich, dass sie nicht gerade zu den schönsten Frauen gehörte, mit denen er bisher gearbeitet hatte. Unwillkürlich berührte Meg die feine weiße Narbe, die quer über ihre rechte Wange fast bis zu ihrem Ohr verlief. Sie war der Makel, der sie ihr ganzes Leben hindurch begleitete und der ihr das Selbstvertrauen, besonders in Bezug auf Männer, nahm. „Und was jetzt?“, fragte sie schnell, um sich von seinen Blicken abzulenken. „Womit fangen wir an?“
„Zuerst müssen die Büroräume auf Vordermann gebracht werden. Alles muss gereinigt werden, die Wände benötigen einen neuen Anstrich und wir neue Hard- und Software, um vernünftig arbeiten zu können.“
Meg griff sich Block und Stift von einem der Schreibtische und machte sich eilig Notizen.
„Wir haben drei Monate Zeit, Fieldman’s Furnishing wieder zu einem solventen Unternehmen zu machen“, fuhr Etienne fort. „Zudem will ich unseren Wirkungsradius erweitern und unsere Produkte auch im Ausland anbieten. Anfang September findet in Paris eine internationale Handelsmesse statt, das ist eine ideale Plattform, um wichtige Kontakte zu knüpfen. Wenn wir Fieldman’s dort erfolgreich präsentieren, werden wir auch auf dem Weltmarkt Fuß fassen, und das bedeutet sehr viel höhere Gewinnaussichten für die Zukunft.“
Meg rieb sich nachdenklich das Kinn. „Hm, drei Monate sind ein sehr kurzer Zeitraum für ein so hochgestecktes Ziel. Aber zutrauen würde ich es Ihnen schon, schließlich gelten Sie als das Genie von La Défense.“
Etienne zog überrascht die Brauen hoch. „Das Genie von La Défense? Wie kommen Sie darauf?“
„Na ja, ich hab im Internet ein bisschen nachgeforscht“, gab sie offen zu. „Schließlich musste ich ja wissen, mit wem ich es zu tun habe. Ich wollte einfach auf Nummer sicher gehen, dass Sie … dass Sie …“
„Dass ich kein Hochstapler bin?“, ergänzte Etienne.
„So ungefähr.“
Der Gedanke, dass Meg Erkundigungen über ihn eingeholt hatte, war Etienne zwar unangenehm, andererseits zeigte ihm das aber auch, dass sie ihre Arbeit äußerst ernst nahm und sehr professionell anging. Etienne fragte sich, ob sie auch etwas über Louisas Unfall und ihren tragischen Tod gelesen hatte, doch er wollte das Thema keinesfalls ansprechen, denn dazu kannte er Meg einfach noch nicht gut genug.
„Und was haben Sie so alles über mich herausgefunden?“, fragte er schließlich betont locker.
„Dass Sie ein sehr erfolgreicher Unternehmer sind, der in den letzten drei Jahren mehrere Firmen aufgekauft und vor dem Konkurs bewahrt hat. Allerdings hatten Sie für Ihre bisherigen Projekte deutlich mehr Zeit zur Verfügung als jetzt für Fieldman’s, und deshalb bin ich schon ein bisschen skeptisch, ob das überhaupt zu schaffen ist.“
Etienne war froh, dass sie ihn nicht auf sein Privatleben ansprach. Offensichtlich war sie nicht nur gut in ihrem Beruf, sondern besaß auch genau das Taktgefühl und Einfühlungsvermögen, das er sich von seiner Assistentin
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