Julia Extra Band 0326
Raum würde vibrieren. So hatte sie sich noch nie bei einem Mann gefühlt, und sie wusste gar nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Warum sagte Etienne so etwas? Fand er sie wirklich attraktiv oder wollte er ihr nur Mut machen, ihr Äußeres zu verändern?
„Sie … Sie scheinen sich mit Frauen … ja bestens auszukennen“, sagte sie schließlich verunsichert. „Ich meine, Sie wissen sicher sehr genau, wie eine Frau sich optimal in Szene setzt. Was man allerdings von mir nicht unbedingt behaupten kann“, fügte sie zerknirscht hinzu.
Etienne runzelte die Stirn. „Was soll das heißen, Meg? Hat Ihnen denn schon irgendjemand das Gefühl gegeben, nicht hübsch genug zu sein?“
Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, dachte Meg, doch das mochte sie Etienne keinesfalls verraten. Für sie war er immer noch ein Fremder, und deshalb hütete sie sich davor, zu viel Persönliches von sich preiszugeben. „Nein, das wollte ich damit nicht sagen. Ich habe nur gemeint, dass ich keinen Sinn für Mode habe.“
„Dann ist es ja gut, Sie können nämlich stolz auf Ihr Aussehen sein. Sie sind …“
„Etienne, Sie brauchen mich nicht mit Samthandschuhen anzufassen, ich bin nicht so empfindlich, wie Sie glauben“, unterbrach Meg ihn, da ihr das Thema unangenehm war. „Ich bin ganz zufrieden mit mir selbst und weiß auch meine Narbe zu kaschieren, wenn es nötig ist.“
„Das müssen Sie nicht, denn gerade Ihre Narbe gibt Ihnen eine ganz besondere Note“, erwidert Etienne zu ihrem Erstaunen. „Wie ist es denn dazu gekommen, wenn ich fragen darf?“
Meg holte tief Luft. Nun musste sie doch etwas dazu sagen, sonst würde Etienne sicher keine Ruhe geben. „Die Folge eines unglücklichen Sturzes, als ich noch ein Baby war“, antwortete sie ausweichend, weil sie nicht näher darauf eingehen wollte.
Schon als Kind hatte sie sehr unter ihrer Narbe gelitten, jedoch nicht, weil sie selbst sie als hässlich empfand, sondern weil ihre Mutter sie als Makel angesehen hatte. Ständig hatte sie Meg dazu ermahnt, die Narbe zu kaschieren und ihr indirekt damit zu verstehen gegeben, dass sie nie so hübsch wie ihre ältere Schwester Ann werden würde. Ja, Ann war das Wunschkind ihrer Eltern, Meg hingegen lediglich der ungeplante Nachkömmling. Aber daran ließ sich nichts mehr ändern, und Meg hatte mit den Jahren gelernt, dieses Schicksal zu akzeptieren. Sie schob den Gedanken beiseite und versuchte sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. „Also, was nun?“, fragte sie, um zum eigentlichen Ausgangspunkt zurückzukehren.
„Wir gehen einkaufen.“ Etienne nannte ihr die Namen einiger exklusiver Boutiquen, in denen Meg noch nie gewesen war.
„Woher kennen Sie denn alle diese Läden, wenn Sie gar nicht in Chicago leben?“, wunderte sie sich.
„Über solche Dinge Bescheid zu wissen gehört zu meinem Job.“
„Es gehört zu Ihrem Job, Frauen einzukleiden?“
Etienne lachte. „Im weitesten Sinne, ja. Aber jetzt mal im Ernst, es kommt tatsächlich hin und wieder vor, dass einem meiner Geschäftspartner ein Missgeschick passiert und er frische Kleidung braucht, und dann ist es sehr von Vorteil, wenn ich ihm helfen kann. Oft sind auch die Ehefrauen mit dabei, und sie freuen sich, wenn man ihnen Einkaufstipps geben oder ihnen sagen kann, wo es gute Restaurants gibt und wo Theater und Kino sich befinden. Wenn man solche Dinge weiß, zeigt man seinen Kunden Interesse, und das macht einen guten Eindruck.“
„Das glaube ich Ihnen gern, aber ich kann es mir nicht leisten, in so teuren Läden einzukaufen.“
„Das lassen Sie nur meine Sorge sein. Ich hatte Ihnen doch ein üppiges Gehalt versprochen, und dieser Einkauf kommt als Bonus dazu.“
Daraufhin nannte er ihr eine Summe, die ihr fast den Atem raubte.
„Ach du meine Güte, mit so viel habe ich im Traum nicht gerechnet!“, rief sie überrascht. Dann sah sie Etienne prüfend an. „Aber dafür erwarten Sie auch einiges von mir, nicht wahr? Zum Beispiel, dass ich Fieldman’s in der Öffentlichkeit repräsentiere.“
„Genau, aber keine Angst, wir gehen diese Sache ganz in Ruhe an und machen einen Schritt nach dem anderen. Und der erste besteht darin, Sie so einzukleiden, dass Sie sich attraktiv und sicher fühlen. Glauben Sie mir, so etwas wirkt Wunder.“
Meg atmete tief durch. „Also gut, dann gehen wir shoppen.“
„Na, dann nichts wie los!“, rief Etienne vergnügt, und wenig später standen sie schon in einer der exklusivsten Boutiquen der
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