Julia Extra Band 0326
gesagt?“
Da musste Meg lachen, und die Spannung löste sich. „Danke für das Kompliment, auch wenn es nicht ernst gemeint war. Und nein, das hat noch niemand zu mir gesagt. Sind eigentlich alle Franzosen so charmant wie du?“
Sie sah Etienne im Spiegel an und stellte fest, dass er gar nicht lachte. „Ich mache keine falschen Komplimente, Meg. Weißt du, was ich glaube? Du brauchst nicht nur professionelles Training für den Job, sondern auch noch einen Mann, der dir begreiflich macht, wie attraktiv du bist. Offensichtlich waren die Männer, mit denen du bisher zusammen warst, dazu nicht in der Lage. Oder aber …“, er sah sie nachdenklich an, „… in deiner Kindheit ist etwas schiefgelaufen.“
Meg senkte den Blick, denn Etienne hatte schon wieder ins Schwarze getroffen. Und ihr wurde immer klarer, dass es keinen Sinn mehr hatte, ihm etwas vorzumachen. „Du hast recht, meine Kindheit war alles andere als schön“, gab sie traurig zu. „Meine Eltern wollten mich nicht haben, ich war für sie nur ein Klotz am Bein. Irgendwann habe ich dann meinen Kummer mit Essen betäubt und wurde immer dicker. Und wie mit dicken Mädchen umgegangen wird, wenn sie auch noch eine Narbe im Gesicht haben, kannst du dir sicher denken.“
„Meg, hör mir zu.“ Er drehte sie zu sich herum und sah ihr in die Augen. „Egal, was früher war, das ist jetzt vorbei, daran musst du immer denken. Ich weiß nicht, wie du damals ausgesehen hast, aber jetzt bist du eine wundervolle Frau, die sich von niemandem das Gegenteil einreden lassen sollte. Bald wirst du auf der Sonnenseite des Lebens stehen und dich nie wieder aus den falschen Gründen schämen müssen, das verspreche ich dir.“
Dann wandte er sich wieder an die Verkäuferin. „Bitte schicken Sie alle Sachen an diese Adresse.“ Er gab ihr seine Kreditkarte zusammen mit einem Zettel, auf dem Megs Anschrift stand. „Ah, und noch etwas …“, fügte er lächelnd hinzu. „Sie braucht auch noch Unterwäsche, und zwar etwas seidig Zartes, das zum Rest des Outfits passt.“
Bei diesen Worten wurde Meg feuerrot, denn das ging ihr einfach zu weit. Wie kam Etienne dazu, Dessous für sie auszuwählen? „Also du … du kannst doch keine Unterwäsche für mich kaufen!“, rief sie empört.
„Warum denn nicht? Trägst du etwa keine?“
„Schon, aber …“ Meg wäre nun am liebsten im Boden versunken, so peinlich war ihr die Situation. Und dann war es wieder da, dieses schreckliche Gefühl der Unzulänglichkeit und Schüchternheit, das ihr von Kindheit an zu schaffen machte. Sie riss sich jedoch zusammen und wandte sich an die Verkäuferin. „Bitte suchen Sie doch etwas Passendes für mich aus, ich werde die Sachen dann zu Hause anprobieren“, sagte sie und nannte der jungen Frau diskret ihre Größe. Dann verabschiedete sie sich und ging mit steifen Schritten in Richtung Tür.
Etienne lief ihr nach, und als sie draußen waren, griff er nach ihrer Hand. „Meg, warte! Es tut mir leid, ich hätte das nicht tun sollen.“
Sie blieb stehen und sah ihn frostig an. „Was hättest du nicht tun sollen?“
„Ich habe dich in Verlegenheit gebracht, das war falsch von mir. Aber das war keine Absicht, ich wollte dich nur aufmuntern.“
„Du hast dich also nicht lustig über mich gemacht?“
„Natürlich nicht, ich wollte dich nur ein bisschen necken, weil du mir so angespannt vorkamst. Und weil ich … weil ich dich mag.“
Sein Blick war nun so warm, dass sie Etienne gar nicht mehr böse sein konnte. „Also gut, aber in Zukunft solltest du etwas zurückhaltender sein. Die arme Verkäuferin wusste ja schon gar nicht mehr, wo sie hinsehen oder -gehen sollte, als du mit mir vor dem Spiegel geflirtet hast. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was sie wohl von uns denken mag.“
„Dass wir ein Liebespaar sind, was sonst?“
Schon wieder stieg Meg die Hitze in die Wangen, und allein der Gedanke, mit diesem Mann im Bett zu liegen, ließ ihren Puls rasen. Aber solche Träume musste sie sich ganz schnell aus dem Kopf schlagen, denn Etienne interessierte sich bestimmt nicht wirklich für sie. Sie war nichts weiter als seine Assistentin, und mehr würde und konnte nicht daraus werden.
„Wie dem auch sei“, antwortete sie schnell, um ihre Gefühle zu verbergen. „Ich verstehe trotzdem nicht, wozu ich so teure Unterwäsche kaufen soll. Die sieht doch niemand außer mir.“
„Das ist aber schade, denn du wirst bestimmt bezaubernd darin wirken“, erwiderte er lächelnd.
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