Julia Extra Band 0326
interessieren, und ich war so naiv, darauf hereinzufallen. Wir waren erst ein paar Wochen zusammen, da machte er mir schon einen Heiratsantrag, und ich sagte Ja. Dann starb Mary unerwartet, und Alan übernahm die Führung. Es kam zum großen Krach mit seinem Bruder, der die Firma kurzerhand verließ und Alan dadurch freie Bahn verschaffte. Von dem Moment an brauchte er mich nicht mehr. Um mich loszuwerden, stellte er eine neue Mitarbeiterin ein, die meinen Platz einnehmen sollte, und provozierte einen heftigen Streit mit mir, der ihm als Vorwand diente, mir fristlos zu kündigen.“
„So ein Mistkerl!“, schimpfte Etienne. „Was bei seiner Aktion herausgekommen ist, sieht man jetzt. Und was dich betrifft, du trägst keine Schuld an der Misere, Meg, das darfst du dir nicht einreden.“
„Ich weiß, ich hatte damals schwer an mir gezweifelt, aber das tue ich jetzt nicht mehr“, versicherte sie, und das entsprach sogar der Wahrheit. Aber die Erinnerung an ihre Demütigung durch Alan tat ihr immer noch weh und machte es Meg sehr schwer, wieder einem Mann zu vertrauen. Nach all der Ablehnung und fehlenden Anerkennung, die sie in ihrer Kindheit und Teenagerzeit von anderen Menschen erfahren hatte, war sie überglücklich gewesen, als sie an Marys Seite einen Platz gefunden hatte, an dem sie ihre Stärken hatte zeigen können. Endlich hatte sie durch gute Leistung überzeugen können und war nicht mehr wegen ihres Äußeren benachteiligt oder gar gehänselt worden. Umso größer war dann auch der Schock gewesen, als Alan sie so schäbig hintergangen hatte. Ihm hatte sie ihr Herz und ihr Vertrauen geschenkt und war bitter enttäuscht worden.
„Das will ich auch hoffen“, erwiderte Etienne. „Und glaube mir, wenn wir das hier durchgezogen haben, wirst du über Alan stehen. Du wirst ihm hoch erhobenen Hauptes ins Gesicht sehen und ihm zeigen können, dass du gewonnen hast.“
„Das wäre fast zu schön, um wahr zu sein.“
„Du zweifelst immer noch daran, dass wir es schaffen können, stimmt’s?“
„Ich bin schon zuversichtlich, aber ich weiß auch, wie tief der Karren bereits im Dreck steckt und wie schwer es sein wird, ihn da wieder rauszuziehen. Deshalb bewundere ich dein Selbstvertrauen und deinen Optimismus auch so sehr.“
„Über beides muss man verfügen, wenn man erfolgreich sein will, Meg. Aber trotzdem kann ich dir keine Garantien geben. Auch ich bin nur ein Mensch und mache Fehler.“ Ein kleiner Schatten zog über Etiennes Gesicht. „Und manchmal sind diese nicht wiedergutzumachen.“
Damit meint er bestimmt das Unglück mit seiner Frau, dachte Meg, ging aus Taktgefühl jedoch nicht auf seine Worte ein. Vielleicht wollte Etienne ihr auch nur zu verstehen geben, dass sie keine Chance hatte, sein Herz zu erobern. Schließlich würde er nur für kurze Zeit in Chicago bleiben, und für eine Liebesbeziehung wäre da kein Platz. Um nicht mehr darüber nachzudenken, nahm Meg sich das nächste Blatt vor. „Wie dem auch sei, wir sollten jetzt besser weitermachen, es gibt noch viel zu tun.“
„Warte, Meg, ich glaube, du hast mich falsch verstanden. Mit diesen Fehlern, die nicht wiedergutzumachen sind, habe ich nicht … an dich gedacht“, sagt er behutsam. „Ich möchte nur nicht, dass du …“
„Dass ich mich in dich verliebe?“, entfuhr es ihr spontan, und sie hätte sich gleich darauf am liebsten die Zunge dafür abgebissen. Jetzt dachte Etienne bestimmt, sie sei schon längst in ihn verliebt!
Doch zu ihrem Erstaunen war es diesmal er, der etwas verlegen wirkte. „Nein, das wollte ich damit nicht sagen, Meg. Ich bilde mir bestimmt nicht ein, dass jede Frau, mit der ich arbeite, sich gleich in mich verlieben müsste.“
Meg sah ihn lachend an. „Na komm, jetzt stellst aber du dein Licht unter den Scheffel. Du musst doch längst gemerkt haben, wie sich die Frauen hier den Hals nach dir verrenken.“
„Also, erstens glaube ich kaum, dass die halbe Damenwelt von Fieldman’s mir zu Füßen liegt, und zweitens ermuntere ich niemanden, mir schöne Augen zu machen. Aber ich kann mir schließlich auch kein Schild umhängen, dass ich nicht zu haben bin, oder?“
„Oh, ich glaube, das wäre gar nicht mal so schlecht, dann wüssten wenigstens alle gleich, woran sie bei dir sind“, scherzte Meg.
Etienne schüttete den Kopf. „Meg Leighton, hat dir schon mal jemand gesagt, was für eine bemerkenswerte Frau du bist?“
„Nein, du bist der Erste“, erwiderte sie und spürte dabei schon
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