Julia Extra Band 0326
auf das vom silbrigen Mondlicht erhellte Meer.
„Sie waren alle nervös, der Panik nahe … Ich vermute mal, dass sie irgendwelche Drogen genommen hatten …“
Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass ihre Hand, in der sie das Glas hielt, zu zittern begonnen hatte. Zarek sprach so sachlich, als würde er von irgendeiner harmlosen Begebenheit oder eine Geschichte erzählen, die er gehört hatte. Sie konnte sich nicht einmal annähernd vorstellen, wie schrecklich es sein musste, eine solche Situation zu durchleben. In einem kleinen, verdunkelten Boot gefangen zu sein, das mitten in der Nacht auf dem offenen Meer schaukelte, in der Hand von unberechenbaren Piraten.
Und die letzte Erinnerung, die Zarek an sie hatte, waren ihre wütenden Lügen, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte, bevor er in See gestochen war.
„Sie haben sich gestritten. Einige von ihnen wollten mich als Geisel benutzen, um zumindest Lösegeld von der Firma zu erpressen.“
Es kostete Penny Mühe, das Glas an die Lippen zu führen. Vielleicht würde der Alkohol sie etwas beruhigen und die Übelkeit lindern, die sie plötzlich verspürte. Da ihre Hand allerdings noch stärker zitterte, konnte sie nicht trinken.
„Und als die Soldaten dann das Feuer eröffneten, eskalierte es richtig.“
„Oh, mein …“
Penny hatte ihr Weinglas klirrend auf die Fensterbank gestellt und dabei unabsichtlich die Scheibe getroffen. Abrupt wandte Zarek sich zu ihr um.
„Penny?“
„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht unterbrechen. Erzähl weiter …“ Die Kehle schnürte sich ihr zu, und Penny musste schlucken. Es fiel ihr unendlich schwer, den Gedanken zu Ende zu führen, geschweige denn auszusprechen. Selbst nun, da Zarek vor ihr stand und die prahlerischen Worte des Anführers Lügen strafte, mochte sie es sich nicht vorstellen.
„Der Anführer sagte später, er hätte dir eine Kugel … in den Kopf gejagt.“
Bei dieser Vorstellung musste sie sich auf die Lippe beißen, um nicht verzweifelt zu stöhnen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und durch den Schleier sah sie, wie er sich erneut die Schläfe rieb – eine inzwischen vertraute Geste.
„Dann hat er maßlos übertrieben.“ Seine Stimme schien von weither zu kommen. „Vielleicht hatte er es vor, aber er hat mich verfehlt. Die Kugel hat nur meine Schläfe gestreift, und ich bin über Bord gegangen und ins Wasser gefallen Zum Glück trug ich noch meine Schwimmweste, sonst wäre ich sofort wie ein Stein untergegangen.“ Zarek blickte sie plötzlich eindringlich an.
„Penny?“
Dann kam er auf sie zu und blieb so dicht vor ihr stehen, dass er sie fast berührte. Als sie unwillkürlich den Kopf senkte, um seinem forschenden Blick auszuweichen, stellte er das Glas neben ihres und umfasste ihr Kinn.
„Was ist?“
Benommen ließ sie es geschehen, als er ihr Gesicht sanft ins Licht drehte und dabei die Stirn runzelte.
„Was ist?“, wiederholte er, diesmal noch rauer. „Du weinst?“
Penny wollte sich abwenden, brachte jedoch nicht die Kraft auf. Mit zittriger Hand wischte sie sich die Tränen aus den Augenwinkeln.
„Allerdings!“, rief sie wütend, weil er offenbar nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet hatte. „Und was überrascht dich daran? Was hattest du denn erwartet? Dass ich lache?“
„Es war dir also nicht gleichgültig?“
Er klang tatsächlich verblüfft! „Natürlich war es mir nicht gleichgültig! Und das ist es auch immer noch nicht! Vielleicht möchte ich nicht mehr mit dir verheiratet sein, aber ich würde niemals wünschen, du wärst tot !“
Das letzte Wort klang wie ein Schluchzen, weil ihr in diesem Moment bewusst wurde, wie nahe Zarek ihr war und wie sie sich gefühlt hatte, als sie glaubte, er wäre ums Leben gekommen.
„Du hast also ab und zu an mich gedacht, als ich weg war?“
„Sicher habe ich das! Unsere Ehe mochte vielleicht gescheitert sein, aber es gab … Dinge an dir, die ich vermisst habe …“
Die Kehle schnürte sich ihr zu, als Penny bei diesen Worten aufblickte und seinem glühenden Blick begegnete. Ihr Herz schien für einen Schlag auszusetzen, um dann umso wilder zu pochen, sodass ihr das Blut in den Ohren rauschte.
Verwundert fragte sie sich, wie es möglich war, sich in den Augen eines Mannes derart zu verlieren. Plötzlich wünschte sie sich nichts sehnlicher, als ganz nah bei ihm zu sein. Und es gelang ihr kaum noch, einen klaren Gedanken zu fassen.
„Penny …“, begann Zarek rau.
Hatte er sie nicht vor Kurzem noch
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