Julia Extra Band 0327
saß gegenüber von Aristoteles in seinem Privatjet. Sie hatten soeben das stürmische London unter sich gelassen. Das Flugzeug sollte sie nach Athen bringen, wo nun endlich die wichtige Fusion bevorstand. Wenn Lucy daran dachte, dass Aristoteles vor einer Woche erst sein Interesse an einer Affäre mit ihr deutlich gemacht hatte, so kam es ihr vor wie ein schlechter Witz.
Seither waren sie und Aristoteles fortwährend mit den Reisevorbereitungen beschäftigt gewesen. Lucy hatte noch nie in ihrem Leben so viel gearbeitet. Die ganze Woche über war sie bis in die Nacht hinein im Büro geblieben und morgens oft schon wieder an ihrem Platz gewesen, wenn noch die Putzfrauen durch die Gänge gehuscht waren. Sie war unendlich müde und fühlte sich geradezu ausgelaugt. Allerdings war Lucy auch stolz auf das, was sie geleistet hatte und auf die Verantwortung, die in ihre Hände gelegt worden war.
Zum Glück hatte sie keine Zeit zum Nachdenken über ihre Gefühle gegenüber Aristoteles gehabt. Selbst das letzte Wochenende war noch einmal voller Arbeit gewesen; Lucy hatte gepackt, aufgeräumt, ihre Mutter besucht, war noch einmal ins Büro gehetzt, und am Sonntagmittag stand bereits Aristoteles’ Chauffeur vor der Tür, um sie abzuholen.
Der Besuch im Heim bei ihrer Mutter war leider nicht erfreulich gewesen. Zunächst schien alles bestens zu sein. Lucys Mutter erkannte ihre Tochter auf Anhieb und begrüßte sie mit einem fröhlichen „Hallo Lucy, meine Liebe!“
Doch schon nach wenigen Minuten hatte sich Maxines Zustand wieder drastisch verschlechtert, und ganz unvermittelt hatte sie ihre Tochter gefragt, wer sie denn sei und was sie bei ihr wolle.
So wurde Lucy nur erneut daran erinnert, wie pflegebedürftig ihre Mutter war und wie wichtig es deshalb war, dass sie ihren gut bezahlten Job bei Levakis Enterprises behielt. Trotz Aristoteles.
„Lucy.“
Lucy fuhr herum. Sie hatte auf das tief unter ihnen liegende, blaugraue Meer gestarrt und gar nicht mitbekommen, dass Aristoteles sie angesprochen hatte.
„Entschuldige. Ich habe gerade nachgedacht.“
Lächelnd zog er eine Augenbraue in die Höhe. „Etwa über mich? Oder über Berufliches? Ich hoffe doch nicht, dass es etwas Wichtigeres in deinem Leben gibt!“
Lucy erschrak, denn sein Ton hatte etwas Amüsiertes, Flirtendes an sich, und das war ihr überhaupt nicht recht.
Sie erwiderte sein Lächeln, wenn auch etwas gequält. „Nein, natürlich nicht.“
In diesem Moment kam der Steward mit dem Mittagessen herein. Lucy wollte automatisch auf dem kleinen Tischchen, das sich zwischen ihr und Aristoteles befand, Platz schaffen und schob einige Papiere beiseite. Dabei streifte sie Aristoteles’ Hand und zuckte unwillkürlich zusammen. Es war, als hätte sie einen elektrischen Schlag bekommen. Sofort stieg Hitze in ihr auf, und ihre Wangen röteten sich.
Das Essen sah köstlich aus. Es gab für jeden einen griechischen Salat mit Schafskäse und Oliven und frisch aufgebackenes, knuspriges Weißbrot dazu.
„Möchtest du Wein?“
Ohne darüber nachzudenken, was sie gerne wollte , schüttelte Lucy den Kopf. Auf keinen Fall durfte sie in einem kleinen Flugzeug hoch über den Wolken und dicht neben Aristoteles sitzend, Alkohol zu sich nehmen. Das Wichtigste war, einen kühlen Kopf zu bewahren.
„Nein, danke, Wasser reicht.“
Lucy aß gerade das letzte Stückchen Brot, als Aristoteles sich in seinem Sessel zurücklehnte und sich zu rekeln begann. Dabei streckte er auch ein Bein aus und sein Knie berührte Lucys Oberschenkel. Wie zu erwarten gewesen wäre, zuckte Lucy zusammen. Doch aus unerklärlichen Gründen zog sie ihr Bein nicht weg. Sie ließ sein Knie an ihrem Schenkel ruhen und tat so, als wäre es das Normalste der Welt.
„Du magst mich nicht besonders, oder, Lucy?“, wandte sich Aristoteles an sie.
Überrascht sah sie ihn an. Dann schluckte sie und wischte sich den Mund mit ihrer Stoffserviette ab.
„Ich … ich habe darüber noch nie nachgedacht … Also, ich bin hier als deine Assistentin, und ich denke, persönliche Ansichten sollten da nicht an erster Stelle stehen.“
Genussvoll verschränkte Aristoteles seine Arme vor der Brust. „Ich habe dich beobachtet, Lucy. Ich kenne deine Blicke, wenn sie mich am liebsten töten würden. Zum Beispiel, als ich dich gebeten habe, ein Geschenk für Augustine Archer auszusuchen …“
„Das war doch etwas völlig anderes. Und außerdem habe ich ja auch eingesehen, dass ich darüber nicht urteilen
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