Julia Extra Band 0327
sollte.“
„Und dennoch tust du es.“
Er hatte recht. Sie hatte sich längst ein Urteil über ihn gebildet. Für sie war Aristoteles genau so ein Typ Mann, wie all die ehemaligen Verehrer und Liebhaber ihrer Mutter.
„Ja, stimmt“, räumte Lucy ein. „Dass du von mir verlangt hast, Augustine Archer ein Geschenk zu schicken, hat dich in meinen Augen nicht gerade zu einem Helden gemacht. Ich finde nicht, dass man derartige Aufgaben delegieren sollte. Mir war das sehr unangenehm.“
Und sehr verletzend.
Lucy hatte erwartet, dass Aristoteles sie für ihre Antwort auslachen würde. Doch er blieb ernst. „Du hast schon recht. Ich werde dich nicht noch einmal um solch einen unangemessenen Gefallen bitten.“
Hatte sie gerade richtig gehört? Aristoteles sah ein, dass das nicht in Ordnung gewesen war? Lucy warf ihm einen verblüfften Blick zu.
„Um ehrlich zu sein, Lucy, ich wollte nur sehen, wie du darauf reagierst. Und ich habe es gesehen …“
Lucy verzog die Stirn. „Ich verstehe nicht …“
Nonchalant zuckte Aristoteles mit einer Schulter. „Weil ich wissen wollte, was dieses Kribbeln zu bedeuten hat, das zwischen uns herrscht.“ Ungeniert ließ er seinen Blick über ihren Körper wandern. „Und mir wurde plötzlich klar, dass mich die ganze Angelegenheit ziemlich frustrierte. Du warst schuld daran, dass ich mich von meiner Geliebten getrennt habe, mit deren Qualitäten ich eigentlich sehr zufrieden war!“
Seine Worte überraschten Lucy, aber sie verärgerten sie auch. Was bildete sich Aristoteles eigentlich ein?
„Sieh mal, Aristoteles …“ Lucy klang verzweifelt. „Ich habe es dir schon einmal gesagt: Ich bin nicht interessiert … an so etwas. Wirklich nicht. Wenn ich dir das Gefühl gegeben haben sollte, dann tut mir das sehr leid.“
Aristoteles funkelte sie entrüstet an. „Versuch bitte nicht, mich zu belehren. Ich weiß nämlich selbst, was ich sehe. Diese Blicke, die du mir immer zuwirfst – so, wie eben gerade! Da steckt doch mehr dahinter. Und dir ist zum Beispiel auch völlig bewusst, dass mein Knie an deinem Oberschenkel lehnt. Trotzdem ziehst du dein Bein nicht weg …“
„Hör bitte auf damit!“, empörte sich Lucy und löste rasch ihr Bein von seinem.
Triumph lag in Aristoteles’ Blick. „Siehst du? Da haben wir es doch: Du stehst auf mich, Lucy! Das kann ich förmlich riechen. Und ich weiß, dass du mich eines Tages noch anflehen wirst, mit dir zu schlafen. Du bist verrückt nach mir und wünschst dir nichts sehnlicher als das.“ Lässig wandte er den Blick ab. „Aber ich kann warten, Lucy. Ich werde warten, bis du zu mir kommst!“
Zwischen Lucys Schenkeln war es wieder siedendheiß geworden. Und auch ihr Gesicht glühte. Konnte Aristoteles wirklich riechen, dass sie ihn begehrte? Seit wann gestand sie sich überhaupt selbst ein, dass es um Begehren ging und nicht bloß um eine normale Reaktion ihres Körpers? Nervös stand Lucy auf. Sie konnte unmöglich noch länger neben ihm sitzen bleiben.
Als sie an Aristoteles vorbeiging, griff dieser blitzschnell nach ihrem Handgelenk und hielt es fest. Noch ehe Lucy sich ihm wieder entwinden konnte, hatte er die Innenseite ihres Handgelenks an seine Lippen gedrückt. Zart berührte er ihre empfindliche Haut mit seiner Zungenspitze, ganz so, als wollte er probieren, ob Lucys Geschmack ihm gefiel. Ein Kribbeln durchfuhr Lucys gesamten Körper. Zum Glück gelang es ihr sofort, sich wieder zu befreien. Sie riss sich los, steuerte schnurstracks auf die Toilette zu, schloss die Tür hinter sich ab und lehnte sich erschöpft gegen das Waschbecken.
Stumm betrachtete Lucy ihr gerötetes Gesicht im Spiegel. Sie musste sich endlich eingestehen, dass zwischen ihr und Aristoteles mehr als nur ein paar erotische Gefühle im Spiel waren.
Sie wollte ihn. Sie verzehrte sich nach ihm. Und ja, sie sehnte sich danach, mit ihm zu schlafen. Niemals hätte Lucy für möglich gehalten, dass sie einmal zu solch intensiven, leidenschaftlichen Gefühlen fähig sein könnte.
Bei einem weiteren Blick in den Spiegel stellte Lucy fest, dass ihr locker um die Schultern fallendes Haar sie selbst irritierte. Sie sah weiblich, geradezu verführerisch damit aus. Im Nu hatte sie es wieder streng nach hinten gebunden und mit einigen Haarnadeln festgesteckt. Schon besser. Auch die dicke Hornbrille trug sie in ihrer Umhängetasche bei sich. Erleichterung befiel Lucy, als sie das schwere Gestell wieder auf ihrer Nase spürte.
Ja, so konnte Lucy zeigen,
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