Julia Extra Band 0327
gemeinsame Zukunft.
Aber jetzt noch nicht. Es war noch zu früh. Isabelle hatte Probleme, mit denen sie erst fertigwerden musste. Und solange Luca sie nicht davon überzeugen konnte, ihrer Beziehung wenigstens eine Chance zu geben, würde gar nichts vorangehen. Daher schob er seinen Frust entschlossen beiseite und blickte sich im Wohnzimmer um.
Auf dem Kaminsims stand ein Foto von Isabelle, als sie noch jünger gewesen war, zusammen mit einer Frau, die aussah wie ihre Mutter. Lachend hatten sie einander die Arme um die Schultern gelegt, und Luca lächelte. Das hätte auch ein Foto seiner eigenen Familie sein können, die ihn gern herumkommandierte und sich überall einmischte. Zugleich unterstützte sie ihn aber auch liebevoll.
Es gab Zeiten, da hatte Luca diese Unterstützung dringend gebraucht. Seufzend wandte er sich von dem Bild ab und setzte sich auf das Sofa. Es war offensichtlich schon recht alt. Er rutschte ein Stück, um nicht genau auf einer Stahlfeder zu sitzen, die sich bereits durchdrückte. Dann lehnte er den Kopf an das Polster und machte die Augen zu.
Wie gut, dass es so unbequem war. Sonst wäre Luca am liebsten nie wieder aufgestanden.
„Oh.“ Isabelle stellte das Tablett ab und betrachtete ihn missmutig. Er schlief! So viel also zu einem Fünf-Minuten-Gespräch, nach dem sie ihn hinauswerfen wollte.
Sie setzte sich ihm gegenüber in einen Sessel und trank ihren Tee in kleinen Schlucken. Denn irgendwie freute sie sich insgeheim auch über diese Gelegenheit, ihn ausgiebig anzuschauen.
Luca sah müde aus. Schatten lagen unter seinen Augen. Seine Wimpern wirkten dunkel auf der gebräunten Haut, und er schien zu schlafen wie ein Toter. Kein Wunder, dass die Pieper einen so durchdringenden Ton hatten. Etwas anderes wäre in diesem Moment gar nicht zu ihm durchgedrungen. Isabelle fragte sich, warum es ihr bisher noch gar nicht aufgefallen war, wie erschöpft er aussah.
Wahrscheinlich, weil sie zu sehr damit beschäftigt gewesen war, ihm aus dem Weg zu gehen. Auch wenn sie sich ein bisschen voyeuristisch vorkam, genoss sie es, ihn einmal völlig ungestört zu betrachten. Sie ließ den Blick auf seinen Wangen mit dem Bartschatten ruhen, und sofort wurden Erinnerungen an Florenz wach. Lucas Nase war aristokratisch gerade, bis auf eine kleine Wölbung, wo sie wohl einmal gebrochen gewesen sein musste.
Seine Lippen waren leicht geöffnet – weich, voll und schön geschnitten, wie bei einer von Michelangelos herrlichen Skulpturen. Die Augen lagen tief in den Höhlen, darüber wölbten sich die Brauen in einem klaren, starken Bogen. Zu gern hätte Isabelle die Hand ausgestreckt und sein Gesicht berührt. Sie wünschte sich, sie könnte die Finger über seine warme seidige Haut gleiten lassen, noch einmal sein kratziges Kinn spüren, das glänzende dunkle Haar streicheln.
Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie es sich zwischen ihren Fingern oder auf ihrem nackten Körper angefühlt hatte. Unwillkürlich musste sie schlucken, schloss die Augen und seufzte leise. Als sie die Augen wieder öffnete, begegnete sie Lucas Blick.
„Alles in Ordnung, cara ?“
„Ja, natürlich. Du hast geschlafen. Also habe ich schon mal alleine angefangen.“ Sie zeigte auf seinen Becher Tee und den gebutterten Toast auf dem Tisch.
Luca lächelte. „Ich konnte unterwegs kein Nickerchen machen.“ Er setzte sich auf, nahm seinen Becher und eine Scheibe Toast.
Isabelle lehnte sich mit untergeschlagenen Beinen auf ihrem Sessel zurück. „Also gut, du wolltest reden. Dann tu’s, und fang am besten gleich damit an, warum du nach mir gesucht hast.“
Ruhig sah Luca sie über seinen Becher hinweg an. „Ich wollte dich wiedersehen“, sagte er schlicht. „Diese eine Nacht hat mehr Fragen aufgeworfen, als ich Antworten hatte. Ich hatte das Gefühl, dass so vieles ungeklärt war.“
Dieses Gefühl kannte Isabelle nur allzu gut. Ihr war es ja genauso ergangen. „Deshalb hast du dann beschlossen, mich zu suchen?“
Er neigte kaum merklich den Kopf. „Ich musste sowieso nach London, um mein Forschungsprojekt zu beenden. Und ich hatte einen Ausgangspunkt, nämlich den Namen deines Krankenhauses. Daher habe ich es erst mal dort versucht.“
„Du hast einfach angerufen und nach mir gefragt?“
„Ja, allerdings ohne Erfolg. Da ich deinen Nachnamen nicht wusste, hatte ich nicht genügend Informationen. Ich kenne auch niemanden, der dort arbeitet. Also habe ich mich bei einigen Freunden erkundigt, aber vergeblich. Und
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